Repression ist keine Lösung

Aurel Croissant, Beate Martin,
Sascha Kneip (Hg.):
The Politics of Death.
Political Violence in Southeast Asia.
Lit Verlag, Berlin 2006, 384 S.,
29,90 Euro, ISBN 3-8258-8860-6

In diesem lesenswerten Sammelband befassen sich die Autoren in elf Artikeln mit den Ursachen und Erscheinungsformen politischer Gewalt in Südostasien – genauer: in den beiden Semi-Demokratien Kambodscha und Malaysia und in den defekten Demokratien Indonesien, Thailand und Philippinen. In einem einleitenden Artikel befassen sich Aurel Croissant und Sascha Kneip mit dem aktuellen Forschungsstand. Es folgen Analysen ethno-religiöser Konflikte, eine Studie zu den Überbleibseln kommunistischer Guerillakämpfe in den Philippinen sowie Darstellungen des islamischen Terrorismus und der Gewalt im Zusammenhang mit Wahlen.

In liberalen Demokratien können Konflikte meist schon frühzeitig entschärft werden. In autoritären Systemen wie in Indonesien unter Suharto wiederum ist die Staatskapazität so hoch, dass beispielsweise sezessionistische Bewegungen oder islamistische Gruppierungen durch repressive Maßnahmen häufig im Keim erstickt werden. Allerdings neigen solche Regime zu einem ungehemmten Gewalteinsatz gegen Oppositionelle.

Besser schneiden da Semi-Demokratien ab. Malaysia zum Beispiel befindet sich in einer Mittelposition zwischen Autoritarismus und Demokratie. Francis Loh zeigt in seinem Beitrag, dass die Verbindung von starkem Staat, inter­ethnischer Elitenkoalition, beeindruckender wirtschaftlicher Entwicklung und einer Bevölkerung, die sich in erster Linie für materielle Werte interessiert, politische Gewalt auf sehr niedrigem Niveau zu halten vermochte.

Sorpong Peou führt in seinem Beitrag aus, dass in Kambodscha in den späten 1990er Jahren ein auf Wahlen gestützter Autoritarismus entstanden ist, in der sich die Elite als kaum noch angreifbar sieht, da der politische Wettbewerb durch die Einschränkung von Grundrechten reduziert wurde. Dadurch sei auch das Ausmaß politischer Gewalt gesunken. Im Gegensatz dazu sind junge Demokratien in Südostasien unter anderem durch einen intensivierten politischen Wettbewerb, fragmentierte Eliten und durch eine begrenzte Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols charakterisiert. Solche „defekten Demokratien“ wie Indonesien seit dem Sturz Suhartos sind besonders anfällig für die Entstehung unterschiedlicher politischer Konflikte. Man denke nur an die ethnoreligiösen Konflikte in Kalimantan und in den Molukken oder die sezessionistischen Bewegungen in Osttimor, Aceh und Papua.

Aber diese Erfahrungen sprechen noch lange nicht für eine Einschränkung politischer Freiheiten. Denn mit zunehmender Demokratisierung nimmt das Ausmaß der Gewalt häufig wieder ab. Das wird zum Beispiel durch die Tatsache belegt, dass in Indonesien die Bürgerkriege beendet wurden und in Aceh mittlerweile Frieden herrscht. Zudem wurden viele Konflikte, etwa im Süden der Philippinen und Thailands, durch jahrzehntelange Repression erst hervorgerufen und verschärft. Legitime Interessen lassen sich auf Dauer nicht autoritär unterdrücken. Deshalb werden Malaysia und Kambodscha langfristig ihre unterschwellig existierenden Konflikte nur demokratisch lösen können.

Andreas Ufen

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