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Hitze

Der Teufelskreis der Vernachlässigung

Südsudan musste im zweiten Jahr in Folge die Schulen schließen. Die Temperaturen stiegen auf bis zu 45 Grad Celsius, und in den ohnehin überfüllten Klassenzimmern konnte kein Unterricht mehr stattfinden. Es braucht solch deutlich sichtbare Folgen des Klimawandels, um die Menschen in dem krisengeschüttelten Land für das Problem zu sensibilisieren.
Hitzewelle im Februar:  Schulkinder trinken  Wasser in Nzara,  im Süden des Landes. dpa/ASSOCIATED PRESS/Brian Inganga
Hitzewelle im Februar: Schulkinder trinken Wasser in Nzara, im Süden des Landes.

Südsudan hat seit Jahren mit äußerst wechselhaften Wetterbedingungen zu kämpfen. Wegen Extremwetters mussten im zweiten Jahr in Folge die Schulen vorübergehend geschlossen werden. Im März 2024 und im Februar dieses Jahres schloss die südsudanesische Regierung landesweit alle Schulen für mehr als zwei Wochen, sodass Zehntausende von Schüler*innen zu Hause bleiben mussten.

Diese Entscheidung war notwendig, um die Schüler*innen vor Hitzewellen mit Temperaturen von bis zu 45 Grad Celsius zu schützen. Es waren unter anderem Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Save the Children über Schüler*innen, die in Schulen in der Hauptstadt Juba zusammenbrachen, die die Regierung zum Handeln veranlassten.

Das Land ist besonders anfällig für die Folgen der Klimakrise und von Extremwetter. Die Regenzeiten von Mai bis Juli werden immer intensiver, wodurch es zu Überschwemmungen kommt. Darauf folgen lange Trockenperioden mit schweren Hitzewellen von November bis März.

Die extremen Witterungsbedingungen haben Lebensgrundlagen zerstört, Gemeinschaften vertrieben und bestehende Ungleichheiten sowie Konflikte verschärft. Im Vergleich zu anderen Problemen, die das Land plagen, beachten die südsudanesische Bevölkerung und die Medien den Klimawandel jedoch kaum.

Sie beschäftigen sich vor allem nach wie vor damit, die Folgen des langjährigen Bürgerkriegs und der ethnischen Konflikte zu bewältigen, die derzeit wieder aufflammen und den fragilen Frieden im Land gefährden. Besonders die weitverbreitete Armut und Regierungsprobleme stehen im Fokus der Öffentlichkeit. Klimabedingte Herausforderungen werden damit wenig thematisiert oder priorisiert.

Erst wenn Klimaereignisse so extrem werden, dass beispielsweise Kinder wochenlang nicht zur Schule gehen können, beginnen sich Öffentlichkeit und Regierung zu sorgen. Unter anderem veranlassten die Schulschließungen im Februar Präsident Salva Kiir, im März den Exekutivdirektor des Green Climate Fund (GCF) einzuladen. Es war die erste Delegation des GCF im Südsudan überhaupt. Der GCF wird von den UN unterstützt und hilft Ländern mit geringen Einkommen, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren und sich an den Klimawandel anzupassen.

Fehlender öffentlicher Druck führt zu schwacher Regierungsführung

Fest steht, dass eine schwache Regierungsführung und unzureichende politische Maßnahmen die Fähigkeit des Landes, sich an den Klimawandel anzupassen, untergraben. Zugleich neigt die Regierung mangels öffentlichen Drucks dazu, das Thema ans Ende ihrer Agenda zu schieben. Ohnehin war sie zuletzt ziemlich damit beschäftigt, das Land wieder an den Rand eines Krieges zu manövrieren – durch einen eskalierenden Konflikt zwischen Präsident Kiir und Vizepräsident Riek Machar und deren jeweiliger Anhängerschaft.

Dieser „Teufelskreis der Vernachlässigung“ spiegelt sich im Mangel an Ansätzen zur Anpassung, wie sich an den Schulschließungen zeigt. Vielen Sekundar- und Grundschulen fehlt die notwendige Infrastruktur. Sie sind den Problemen nicht gewachsen, die extreme Wetterereignisse mit sich bringen. Die meisten Schulen bestehen aus Wellblech, haben keinen Strom und sind ohnehin oft zu klein, um viele Schüler*innen aufzunehmen. Im Februar und März wird es in den Klassenzimmern unerträglich heiß.

Die Alphabetisierungsrate liegt im Südsudan bei nur 34 % und ist damit eine der niedrigsten der Welt. Es wird versucht, dagegen anzugehen, aber natürlich sind wiederholte lange Unterbrechungen des Schulunterrichts wenig hilfreich.

Eine Lösung könnte sein, den Schulkalender anzupassen. Das Bildungsministerium könnte etwa zwei Schulsemester statt drei einführen. Um sich den klimatischen Bedingungen anzupassen und weitere Unterrichtsunterbrechungen zu vermeiden, blieben die Schulen dann von Januar bis März geschlossen. Viele Lehrkräfte und bildungspolitisch Verantwortliche fordern dies bereits.
Es müssten zudem mehr Mittel bereitgestellt werden, um die Belüftung der Schulen zu verbessern. Klimaanlagen sind kaum geeignet, da sie viel Energie verbrauchen und zur Luftverschmutzung beitragen. Was es stattdessen braucht, sind hitzeresistente Baumaterialien und architektonische Lösungen.

Doch all dies erfordert Aufmerksamkeit, die nicht nachlässt, sobald die Temperaturen wieder sinken oder die nächste Welle ethnischer Gewalt in einer Region ausbricht. Das ist nicht einfach, denn die Probleme, die in Südsudan – und an vielen anderen Orten der Welt – um Aufmerksamkeit konkurrieren, sind gewaltig. Allerdings wird der Klimawandel letztendlich alle anderen Probleme überschatten oder verschärfen. Zivilgesellschaft und Medien tragen Verantwortung dafür, das Thema im öffentlichen Bewusstsein zu halten.

Alba Nakuwa ist eine freie Journalistin aus Südsudan. Sie lebt in Nairobi. 
albanakwa@gmail.com 

Dieser Beitrag ist Teil des „89 Percent Project“, einer Initiative der globalen Journalismus-Kooperation „Covering Climate Now“

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