Entwicklung und
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Südsudan

Erneute Konflikte gefährden den Friedensprozess in Südsudan

Was als Scharmützel zwischen einer bewaffneten Gruppe und dem südsudanesischen Militär begann, könnte Südsudan erneut in einen Bürgerkrieg stürzen. Die politischen Führer müssen jetzt den Dialog suchen.
Satellite image from Planet Labs taken on 25 March in the Nasir district of Upper Nile State, South Sudan. It shows where airstrikes by government forces have destroyed civilian infrastructure. picture alliance/Associated Press
Satellite image from Planet Labs taken on 25 March in the Nasir district of Upper Nile State, South Sudan. It shows where airstrikes by government forces have destroyed civilian infrastructure.

Anfang März überrannten Mitglieder der White Army eine Militärbasis der südsudanesischen Armee in der Stadt Nasir im Bundesstaat Upper Nile. Nach Angaben der Regierung töteten sie dabei mehr als 400 Menschen. Die White Army ist eine Stammesmiliz der Nuer, der zweitgrößten ethnischen Gruppe in Südsudan. 

Der Überfall bedeutete eine Eskalation des schwelenden Konflikts zwischen dem Sudan People’s Liberation Movement (SPLM) von Präsident Salva Kiir und dem Sudan People’s Liberation Movement in Opposition (SPLM-IO) von Riek Machar, einem Nuer, dem die White Army nahesteht. Kiir gehört zur größten Ethnie in Südsudan, den Dinka, und die beiden Gruppen stehen seit der Gründung des Landes in Konflikt miteinander. Nach einem blutigen Bürgerkrieg, an dessen Ende 2018 ein Friedensabkommen stand, waren die rivalisierenden Parteien eine Regierungskoalition eingegangen – mit Kiir als Präsident und Machar als seinem Stellvertreter. Der Friedensprozess wurde allerdings immer wieder von politischen Unruhen überschattet.

Nach dem Angriff der White Army nahmen die Spannungen auch in der Hauptstadt Juba zu. Ende März ließ Präsident Kiir mehrere führende Politiker*innen der SPLM-IO verhaften, darunter Machar. Die SPLM-IO erklärte das Friedensabkommen daraufhin für gescheitert. Der Vizepräsident und seine Familie stehen seitdem unter Hausarrest.

Seither kam es an verschiedenen Orten zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen SPLM-IO-Kräften und der südsudanesischen Armee, etwa in der Region Central Equatoria, in der Juba liegt. Im Bundesstaat Upper Nile halten die White Army und Regierungstruppen derzeit ihre Kampfpositionen. Die Regierung erhält militärische Unterstützung vom Nachbarland Uganda.

Die Zivilbevölkerung leidet

Mit der erneuten Eskalation des Konflikts wächst das Leid der Zivilbevölkerung. Mehrere Zivilist*innen wurden etwa durch Luftangriffe getötet oder verletzt. Anfang Mai starben laut den Vereinten Nationen mindestens sieben Zivilist*innen bei einem Luftangriff auf ein Krankenhaus von Médecins Sans Frontières im Bundesstaat Jonglei. 

Die Kämpfe haben mehr als 130.000 Menschen vertrieben und vereiteln den Wiederaufbau, den das Land nach dem jahrelangen Bürgerkrieg weiterhin dringend nötig hat. Viele der im Bürgerkrieg Vertriebenen waren nach Abschluss des Friedensabkommens in ihre Heimat zurückgekehrt und sehen sich nun erneut mit Gewalt konfrontiert. Manche fliehen ins Nachbarland Sudan, wo ebenfalls ein bewaffneter Konflikt tobt und sich eine der größten Hungerkrisen weltweit entwickelt hat. Laut UN beherbergt Südsudan mehr als 500.000 Geflüchtete und Asylsuchende, von denen die meisten aus Sudan stammen.

Die wirtschaftliche Situation in Südsudan ist desaströs. Laut UN-Welternährungsprogramm leiden 7,7 Millionen Menschen Hunger. Der für die Staatskasse sehr wichtige Export von Rohöl über die Pipeline-Infrastruktur Sudans war aufgrund des dortigen Konflikts für mehrere Monate zum Erliegen gekommen. Beamt*innen mussten ein Jahr lang auf ihre Gehälter warten. Die Verwaltung des Landes ist nach wie vor schwach ausgeprägt, ebenso wie die Infrastruktur. 

Auch der Klimawandel setzt dem Land schwer zu und trägt neben der politischen Krise zur Zerstörung der Lebensgrundlagen bei. Steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster haben zu Überschwemmungen und Dürren geführt. Das hat die Bevölkerung hart getroffen; sie ist in hohem Maße von Landwirtschaft und Viehzucht abhängig.

Schon vor den jüngsten Kämpfen war die Sicherung des Friedens in Südsudan eine extrem schwierige Aufgabe. Das liegt auch daran, dass in dem Land mehr als 60 ethnische Gruppen mit verschiedenen Sprachen und Kulturen leben. Jetzt geht es darum, das Friedensabkommen wiederzubeleben und einen Rückfall Südsudans in den Bürgerkrieg abzuwenden. Dazu müssen die politischen Führer dringend den Dialog suchen. Ohne dauerhaften Frieden wird die leidgeprüfte Bevölkerung in Südsudan den sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes nicht voranbringen können.

Parach Mach ist Journalist und lebt in Juba, Südsudan.
parachmach@gmail.com 

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