Journalismus

Medien und Korruption

Korruption ist in Bangladesch allgegenwärtig. Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, trägt dazu bei, sie zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang haben Medien eine wichtige Wächterfunktion. Ihre Freiheit ist jedoch in der Regel beschränkt. Sie werden von Politik und Wirtschaft beeinflusst. Manche Journalisten werden physisch bedroht, und Lizenzen werden eingezogen.
Zeitungen können die Realität nicht ungefiltert abbilden: Leser an einem Bahnhof in Dhaka. Abir Abdullah/picture-alliance/dpa Zeitungen können die Realität nicht ungefiltert abbilden: Leser an einem Bahnhof in Dhaka.

Die allgegenwärtige Korruption in Bangladesch stellt eine große Herausforderung dar. Während die meisten Menschen Opfer von Korruption sind, bereichert sich eine kleine Elite durch Veruntreuung und Machtmissbrauch. Erschwerend kommt hinzu, dass Institutionen, die Korruption kontrollieren und verhindern sollen, schwach sind.

Heutzutage fordern die Bürger Bangladeschs Transparenz ein. Offiziell stehen gute Regierungsführung und die Korruptionsbekämpfung weit oben auf der Entwicklungsagenda. Doch obwohl sich alle Regierungen seit der Unabhängigkeit Bangladeschs im Jahr 1971 zu guter Regierungsführung und zur Beseitigung der Korruption verpflichtet haben, gab es wenige Fortschritte in dem Bereich.

Eine Möglichkeit, gegen Korruption vorzugehen, besteht darin, ein öffentliches Bewusstsein dafür zu schaffen. Elektronische und Printmedien spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Manzoor Hasan, Berater des Instituts für Governance Studies an der BRAC University, sagt: „Die Medien haben in Bangladesch generell eine sehr wichtige Wächterfunktion, indem sie Dinge thematisieren und einzelnen Menschen Schutz bieten.“ Sie trügen wesentlich dazu bei, gute Regierungsführung einzufordern.

Bangladeschs Verfassung garantiert Pressfreiheit, sieht aber gleichzeitig “angemessene Einschränkungen” vor. Verleumdung, Volksverhetzung sowie Berichte, die die nationale Sicherheit betreffen, werden strafrechtlich verfolgt. Wie andere Bürger auch, können Journalisten bis zu 90 Tagen ohne ein Verfahren festgehalten werden. Das legt der Special Powers Act von 1974 fest.

2010 gab es einen kleinen Fortschritt: Die Regierung schaffte die Möglichkeit für Gerichte ab, Haftbefehle für Journalisten und Verleger auszustellen, denen Verleumdung vorgeworfen wird. Gesetzesänderungen wie der Right to Information Act (2009) belegen augenscheinlich das Bekenntnis der derzeitigen, von der Awami League geführten Regierung zu Medienfreiheit. Allerdings hat die Regierung auch mehrere Medien geschlossen, und Vorschläge für ein neues, restriktives Mediengesetz ließen 2011 die Alarmglocken schrillen.

In Bangladesch gibt es vier Arten von Medien, die sich in folgenden Zielen unterscheiden:

  • Wirtschaftsinteressen zu vertreten,
  • politische Ideologien zu fördern,
  • Geld zu machen, indem sie mächtigen Politikern oder Wirtschaftsbossen nach dem Mund reden, und schließlich
  • Journalismus im Sinne seriöser Berichterstattung.

Medienbeobachtern und -schaffenden zufolge gehören nur sehr wenige Medien zu der letzten Kategorie. Nichtsdestotrotz wollen alle vom lukrativen Werbemarkt in Höhe von jährlich mehr als 122 Millionen Dollar profitieren. Daher sind alle Medienkonzerne bestrebt, von der zunehmend medienerfahreneren Öffentlichkeit als Übermittler verlässlicher und objektiver Informationen wahrgenommen zu werden – auch wenn sie diesem Image nicht unbedingt gerecht werden.

In Bangladesch gibt es traditionell vielfältige, unabhängige Zeitungen im Besitz ihrer Herausgeber, die die Politik seit der Unabhängigkeit 1971 beeinflusst haben. In den vergangenen zehn Jahren haben jedoch große Privatunternehmen den Medienmarkt für sich entdeckt. Die meisten Medien des Landes gehören jetzt riesigen Konzernen, die aus ganz anderen Branchen kommen, etwa Immobilien, Pharmazie, Bekleidung oder Banken.

Das größte Immobilienunternehmen, die Bashundhara-Gruppe, gibt beispielsweise die Tageszeitungen Kaler Kantho und Bangladesh Protidin auf Bengali und die englischsprachige Daily Sun heraus; außerdem betreibt sie das Onlineportal BanglaNews24.com. Manche dieser Medien kaufen große Werbekontingente, um einen attraktiven Markt zu erreichen: die wachsende Mittelschicht.

Einige Beobachter argumentieren, dass die Konkurrenz der Medien untereinander politische Ausgewogenheit begünstige und dass der Kampf um Marktanteile einen großen Anreiz für ehrliche und professionelle Berichterstattung darstelle. Andere warnen dagegen vor Interessenkonflikten. Shahidul Alam, Gründer der Mediengruppe Drik, die soziale Interessen vertritt, sagt: „Die Mainstream-Medien würden niemals negativ über Telekommunikationsunternehmen berichten, da diese ihre Haupteinnahmequelle sind.“

Untersuchungen deuten jedenfalls darauf hin, dass Objektivität sich besser verkauft als Einseitigkeit. Nachrichten müssen professionell vermittelt werden – unabhängig von ihrem Einfluss auf das Image einzelner Unternehmen oder politischer Parteien.


Kontrolliert und bedroht

Medien, die mächtige Konzerne mit politischen Verbindungen im Rücken haben, und Journalisten in der Hauptstadt Dhaka laufen weitaus weniger Gefahr, von Politikern unter Druck gesetzt zu werden, als die vielen Medien und Journalisten in kleineren Städten. „Regionale Medien werden von den lokalen Behörden stark kontrolliert“, sagt Robert Morini, Pressechef des britischen Hochkommissariats in Bangladesch. Er berichtet von physischen Bedrohungen und Schließungen. Lokale Medien berichteten häufig über Korruption – in den überregionalen Medien würden diese Geschichten aber selten aufgegriffen.

Syed Fahim Munaim, Chef des privaten Fernsehsenders Maasranga TV, fasst die Situation so zusammen: „Meinungsfreiheit existiert, aber Selbstzensur greift, vor allem bei pro-Regierungsmedien.“

Wenn eine neue Regierung ins Amt kommt, nimmt sie oft Medien aufs Korn, die ihrer Meinung nach einseitig politisch berichten. Neue Machthaber schließen oder beschränken häufig Medien, die sie der Opposition zurechnen. Dazu bedienen sie sich eines zunehmend politisierten Justizapparats. Wer sich als Journalist mit den Behörden anlegt, läuft Gefahr, seine Akkreditierung zu verlieren, und Rundfunklizenzen werden meist nach Gutdünken der aktuellen Regierung vergeben.

Korruption äußert sich zudem darin, dass Journalisten für eine bestimmte Art von Berichterstattung zugunsten Dritter von diesen „unter dem Tisch“ bezahlt werden. Die meisten Journalisten lehnen diese Art von Bestechung zwar ab, viele sind aber schlichtweg von Zusatzeinkommen abhängig, weil ihre Arbeitgeber sie miserabel bezahlen.


Rozina Islam ist Reporterin der Zeitung ProthomAlo und eine der Preisträgerinnen des Media Award on Corruption Prevention 2014.
islam.rozina@gmail.com

 

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