Infrastruktur

Bessere Kanalisation

Sauberes Trinkwasser und gute Abwassersysteme sind absolute Notwendigkeiten für alle Menschen, in jedem Land, ob arm oder reich. Oft können Regierungen nicht aus eigener Kraft die notwendige Infrastruktur aufbauen. In Ghana weisen nichtstaatliche Organisationen den Weg.

Von Dzidzo Yirenya-Tawiah und Elaine Tweneboah Lawson

Sanitäre Einrichtungen sind ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Entwicklung. Sie verändern die Lebensqualität, weil sie der Gesundheit dienen. Wie viele andere Entwicklungsländer kämpft Ghana seit vielen Jahrzehnten mit seiner schlechten Wasser- und Sanitärversorgung. Obwohl schon wichtige Schritte getan wurden, um eine Reihe der Millenniums-Entwicklungsziele zur Armutsreduzierung (MDGs), wie etwa verbesserte Gesundheit von Müttern, zu erreichen, hinkt das Land noch hinterher, was sanitäre Angelegenheiten bei MDG 7 (Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit) bis 2015 angeht.

Nur 14 Prozent der Ghanaer haben Zugang zu sicherer Trinkwasser- und Sanitärversorgung. Das Water and Sanitation Programme ist ein von der Weltbank geleiteter Zusammenschluss mehrerer Geber. Ihm zufolge sind die Ursachen der sanitären Defizite in vielen Regionen schnelle Urbanisierung, Bevölkerungswachstum und schwache Infrastruktur.

2010 startete die Regierung eine neue nationale Umwelt- und Sanitärpolitik (siehe Kasten). Nicht nur öffentliche Einrichtungen sind an der Umsetzung beteiligt, sondern auch diverse Interessengruppen im ganzen Land. Regierungsunabhängige Organisationen (NGOs) sind wichtige Akteure im Wasser- und Abwassersektor.

Diese Organisationen können nach ihrem Tätigkeitsfeld in vier Hauptgruppen eingeteilt werden:
– direkte Dienstleister (NGOs, die beispielsweise Latrinen auf dem Lande bauen),
– Förderer von Basisinitiativen, die die aktive Beteiligung von Bevölkerungsgruppen wie etwa Frauen bei Wasser- und Abwasserfragen voranbringen,
– Interessenvertreter und Lobbygruppen sowie
– Forschung und Ausbildung.

Dachorganisation CONIWAS

1989 gründeten mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen die Coalition of NGOs in Water and Sanita­tion (CONIWAS). Der ursprüngliche Fokus war sicheres Trinkwasser. Mittlerweile hat der Dachverband jedoch seine Aktivitäten auf alles erweitert, was zu MDG 7 gehört. Besondere Aufmerksamkeit bekommen weiterhin Wasser- und Sanitärfragen. CONIWAS wurde gegründet, um:
– NGOs in diesem Sektor zu koordinieren und anzuführen,
– für sie Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) zu leisten,
– eine breite Debatte darüber in Gang zu setzen und Entscheidungsträger zu beeinflussen sowie
– die Zusammenarbeit ghanaischer und internationalen NGOs zu fördern.

Heute gehören mehr als 70 Organisationen zu CONIWAS. Das Hauptbüro ist in Accra, aber Koordinatoren arbeiten landesweit. Eine der Stärken dieser NGO-Koalition ist es, für die Mitglieder mit einer einzigen Stimme öffentlich aufzutreten. CONIWAS kooperiert mit anderen Interessenvertretern, um die Politik zu beeinflussen, damit auch Arme und Benachteiligte sicheren Zugang zu Trinkwasser, sanitären Einrichtungen und hygienischerer Lebensweise bekommen. CONIWAS bietet Training, Workshops und Ausbildung zu vielen Themen an.

2011 reichte CONIWAS dem Verfassungskomitee von Ghanas Parlament ein Memorandum für die Aufnahme des Rechts auf Wasser- und Sanitärversorgung in die Verfassung ein. Dieses Recht schließt nach ghanaischem Verständnis folgende Dinge ein:
– ständiger Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen,
– bezahlbarer Wasser- und Gesundheitsservice, unabhängig vom Einkommen,
– notwendige politische Maßnahmen und Gesetze, um Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen zu schaffen,
– keine Schlangen vor Wasserhähnen oder Toiletten,
– Rechtsauflagen, damit Immobilienbesitzer für Wasser- und Abwasseranschlüsse sorgen, bevor sie Wohnungen vermieten,
– die Pflicht staatlicher und kommunaler Stellen, in öffentlichen Gebäuden wie etwa Schulen Wasseranschlüsse und Toiletten zu installieren, und
– effektives Monitoring und Rechtsdurchsetzung.

Der entscheidende Punkt ist, dass die Bereitstellung von WASH-Einrichtungen nicht als Gefälligkeit, sondern als Selbstverständlichkeit gilt. Das Verfassungskomitee hat seinen Bericht mittlerweile an die Regierung weitergeleitet.

Ohne Zweifel hat CONIWAS viel dazu beigetragen, dass solche Dinge in Ghana vorankommen. Dieses bekannte und effektive Netzwerk hat die gha­naische Regierung davon überzeugt, einen Aktionsplan für sanitäre Einrichtungen, deren Finanzierung und die Mobilisierung der Bürger aufzulegen. Auf diesem Feld geben eindeutig zivilgesellschaftliche Organisationen das Tempo vor.

Anfang dieses Jahres organisierte CONIWAS einen Workshop über strategisches Engagement, um den Bau sanitärer Einrichtungen zu fördern. Vertreter von NGOs und staatlichen Stellen setzten sich zusammen, um ihre Erfahrungen mit sanitären Dienstleistungen und deren Verbesserung auszutauschen. Es ist wichtig, so viele relevante Akteure wie möglich an einen Tisch zu bringen – von Beamten über Marktfrauen bis hin zu traditionellen Autoritäten. Alle müssen ihren Teil beitragen.

CONIWAS fördert den Ansatz der von örtlichen Gemeinschaften selbst organisierten Sanitärversorgung (Community-Led Total Sanitation – CLTS). Das Konzept stammt aus Indien und läuft darauf hinaus, dass beispielsweise ganze Dorfgemeinschaften dafür sorgen, dass niemand mehr irgendwo im Freien sein Geschäft verrichtet. Um das zu erreichen, müssen ­zunächst die vorherrschenden Sitten analysiert und dann entsprechend agiert werden.

CONIWAS spricht sich dafür aus, lokale Komitees für Wasser und Abwasser einzurichten. Solch basisnahe Mobilisierung ist sehr wirkungsvoll (siehe Tabelle). Bislang profitieren rund 30 000 Menschen von besseren Latrinen.

Außerdem spricht CONIWAS direkt die Medien und die Bürger an. Die Dachorganisation betreibt Lobbyarbeit auf hohem Niveau. Dazu dienen unter anderem die jährlichen Mole-Konferenzen, die nach der Stadt benannt sind, wo 1989 die erste Konferenz stattfand. CONIWAS wählt immer einen anderen Ort, um die Debatte innerhalb des WASH-Sektors voranzutreiben, Wissen weiterzugeben und öffentliches Bewusstsein zu schaffen.

Dieses Programm inspiriert die Denkweise der
CONIWAS-Mitglieder. Dennoch bleiben der Aufbau von Strukturen und die individuelle Fortbildung von Mitarbeitern eine Herausforderung. Die meisten Mitgliedsorganisationen sind nicht gut ausgestattet und haben nicht viel kompetentes Personal. Weil CONIWAS immer mehr Mitglieder auf der gesamten Landesfläche Ghanas hat, wird es immer teurer, NGO-Mitarbeiter einschlägig weiterzubilden.

CONIWAS braucht zudem mehr Mittel für Interessenvertretung und Lobby­arbeit. Es ist schwer, dafür Geld aufzutreiben, weil heimische Spender ebenso wie internationale Geber lieber konkrete Dienstleistungsprojekte fördern.

Blick in die Zukunft

Gute Sanitärpolitik und Umweltschutz sind für die sozioökonomische Entwicklung wichtig – und Gesetze zum Umwelt- und Gesundheitsschutz müssen implementiert werden. Erfahrungen aus anderen Ländern, die eine gute Wasser- und Sanitärversorgung haben, zeigen ohne jeden Zweifel, dass die Durchsetzung des Umweltrechts der Schlüssel zum Erfolg ist. Dies ist für Ghana der nächste Schritt auf dem Weg zur Erfüllung von MDG 7.

Ein weiterer wichtiger Grundpfeiler ist Forschung. Die Notwendigkeit, Menschen weiterzubilden, ist erkannt, und deshalb bieten Hochschulen und Forschungseinrichtungen in ihren Curricula Umwelt­themen an. Das bietet CONIWAS gute Möglichkeiten, Partnerschaften mit einschlägigen Einrichtungen aufzubauen.

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