Arbeitnehmerrechte

Der Preis der Technik

Die größten Abnehmer von informa­tionstechnischen Gütern und Dienstleistungen sind Firmen und öffentliche Institutionen. Nachfrage bestimmt das Angebot. Wichtig ist, welche Produkte wo beschafft werden und ob sie soziale und ökologische Qualitätskriterien erfüllen.
Workers at an IT factory in Huinan, China. Ju Hua/ROPI/picture-alliance Workers at an IT factory in Huinan, China.

Der Trend zu immer neuen Smartphones, Laptops und anderen technischen Produkten der neusten Genera­tion ist enorm, und gleichzeitig sinkt die Nutzungsdauer einzelner elektronischer Geräte. Folglich liefern die Hersteller möglichst schnell möglichst viel neue Hardware. Unter hohem Produktionsdruck leiden derweil aus Sicht der internationalen zivilgesellschaftlichen Organisation China Labour Watch die Arbeiter, die physisch und psychisch ausgenutzt werden. Elf-Stunden-Schichten seien in den Produktionsstätten, die vor allem in der Volksrepublik liegen, üblich. Schlafstörungen, Vereinsamung und fehlende Privatsphäre trieben Arbeitnehmer immer wieder in den Selbstmord. Depression sei verbreitet.

Verstöße gegen Gesetze zum Arbeitnehmerschutz werden in China kaum ­geahndet, wie die nichtstaatliche Organisation (non-governmental organisation – NGO) weiß. Sie prüft Hersteller von Informationstechnik (IT) mit verdeckten Kontrollen und hat eklatante Grundrechtsverstöße aufgedeckt. Zudem bietet sie Telefonhotlines an, bei denen sich Beschäftigte über konkrete Missstände in ihren Firmen beschweren können.

Auf dieser Basis hat die Organisation eigenen Angaben zufolge immer wieder in Gesprächen mit den Arbeitgebern Verbesserungen erreicht. Langfristig sei es aber nötig, für bessere Bildung der Arbeiter zu sorgen und ihnen gewerkschaftliches Engagement zu ermöglichen, sagte Kevin Slaten von China Labour Watch bei einer Fachkonferenz für sozialverträgliche Beschaffung von IT-Hardware in Schwerin Ende Februar. Organisiert wurde die Konferenz von norddeutschen Eine-Welt-Netzwerken in Zusammenarbeit mit ENGAGEMENT GLOBAL.

Auch die Käufer von IT-Geräten haben eine Verantwortung, findet Niclas Rydell von TCO Development, einer internationalen NGO, die IT-Produkte nach ökologischen und sozialen Kriterien zertifiziert. Das Gütesiegel bekämen nur Hersteller, die den Auflagenkatalog akzeptierten und die geforderten Standards nicht nur in der Firma selbst, sondern in der kompletten Wertschöpfungskette befolgten, sagt Rydell. Im März will TCO einen Bericht veröffentlichen, der eine Übersicht über die Fortschritte der 17 größten Hersteller weltweit bietet.

Zertifikate reichen aber nicht, die Einkäufer müssen selbst auf die einschlägigen Kriterien achten. So urteilt Dirk Damerow von Dataport, einer Firma, die im Auftrag der fünf nördlichen Bundesländer die Ausschreibungen für die IT-Beschaffung durchführt. Dataport verlange von Anbietern detaillierte Auskunft und die Einhaltung von Sozialverträglichkeitsstandards – und zwar nicht nur in der Firma selbst, sondern in der gesamten Lieferkette.

 

Giftmüll

Selbst wenn IT-Hardware im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten fair beschafft wird, darf das Engagement damit nicht enden. Das fordert Cornelia Heydenreich von der NGO Germanwatch. Auch bei der Entsorgung der kurzlebigen Geräte müsse auf soziale und ökologische Dimensionen geachtet werden. Weltweit entstehen laut Heydenreich jährlich 48 Millionen Tonnen Elektroschrott, und nur 25 Prozent dieses Schrottes werden fachgerecht entsorgt und recycelt.

Bei der IT-Beschaffung muss aus Sicht von Germanwatch von Anfang an später anfallender Müll bedacht werden. Besonderes Augenmerk verdienten dabei die Reparaturfähigkeit, die Langlebigkeit und der modulare Aufbau, damit einzelne Teile ausgetauscht werden können. Ersatzteile sollten mindestens fünf Jahre nach Kauf der Waren noch erhältlich sein und Verkäufer zur unentgeltlichen Rücknahme alter Geräte nach Nutzungsende verpflichtet werden.
 

Christina Stobwasser

 

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