SDGs

Neuartige Entwicklungsfinanzierung

Die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung umzusetzen wird viel Geld kosten. Neue Finanzierungsmöglichkeiten könnten helfen, bestehende Lücken zu schließen.
Die Regierung Indiens möchte, dass Auswanderer in ihre Entwicklungsprogramme investieren: Indische Migranten feiern in der kanadischen Provinz Ontario tamilische Kultur. picture-alliance/NurPhoto Die Regierung Indiens möchte, dass Auswanderer in ihre Entwicklungsprogramme investieren: Indische Migranten feiern in der kanadischen Provinz Ontario tamilische Kultur.

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) zu erreichen, könnten neue Finanzierungsoptionen helfen. Tauni Lanier von der internationalen Multi-Stakeholder-Plattform United Smart Cities zählt „Diaspora Bonds“ dazu. Solche Staatsanleihen werden Migranten, die weiterhin enge Verbindungen zu ihrem Ursprungsland haben, angeboten. Die indische Regierung führte beispielsweise India Development Bonds (IDBs) ein, die im Ausland lebende Migranten kaufen können, um Entwicklungsprogramme in der alten Heimat zu unterstützen. Lanier beziffert die Heimatüberweisungen dieser Zielgruppe auf jährlich rund 70 Milliarden Dollar.    

Die IDBs sind aus Sicht der Finanzexpertin der Stadtentwicklungs-Plattform ein herausragendes Beispiel für die Suche „nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten, um in Infrastruktur und Sozialleistungen investieren zu können“. Anleiheinhaber erzielten mit den IDBs höhere Erträge als mit zehnjährigen US-Staatsanleihen. Um die SDGs zu erreichen, hat die indische Regierung zudem kürzlich die National Institution for Transforming India gegründet. Ein Teil von deren Arbeit soll mit Diaspora Bonds finanziert werden.

Auch durch sogenannte „Social Impact Bonds“ lassen sich Lanier zufolge potenzielle Investoren für Entwicklungsprogramme finden. Solche Wertpapiere sind für Philanthropen attraktiv, die aus karitativen Beweggründen bestimmte Projekte fördern wollen. Mit Social Impact Bonds ließen sich beispielsweise Haftanstalten unterstützen, die Gefangene angemessen behandeln, sie beruflich qualifizieren und durch Präventionsarbeit Rückfälle verhindern, sagte Lanier im März auf einer SDG-Konferenz in Bonn.   

In „Crypto Currencies“ sieht die ehemalige Investmentbankerin eine weitere Option der Entwicklungsfinanzierung. Kryptowährungen sind digitales Geld wie Bitcoin, das vor Hackerangriffen und Betrug geschützt ist. Mit Blockchain-Software können Akteure aus dem privaten und öffentlichen Sektor eigene Kryptowährungen entwickeln. „Es gibt bereits 11 Blockchain Start-ups speziell für die SDG“, berichtet Lanier. 

Ihrer Meinung nach ist im Prinzip genügend Geld für Entwicklung verfügbar, nur komme es oft nicht an den richtigen Stellen an. „Blended Finance“ könnte helfen. In dieser Mischfinanzierung werden traditionelle Spendengelder und kommerzielle Finanzierungsmodelle, die Zinsen bringen, miteinander verknüpft. Wer spendet, so argumentiert Lanier, verliert das eingesetzte Geld komplett, aber mit einem marktorientierten Ansatz verbunden, seien „Renditen von acht Prozent“ möglich. Das sei für institutionelle Anleger wie amerikanische Rentenfonds attraktiv.

Neue Finanzierungskonzepte sind sicherlich nötig. Denn laut der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UN Conference on Trade and Development – UNCTAD) könnten die SDGs mehr als 2,5 Billionen Dollar kosten.

Aus Sicht von Domenica Carriero von der UN-Wirtschaftskommission für Europa ist die Finanzierung allerdings nicht das einzige Problem: „Nationale und lokale Regierungen sind die wichtigsten Akteure“, warnt sie. Ohne deren politischen Willen werde es kaum gelingen, neue Finanzquellen zu erschließen. Carrieros Meinung nach ist es deshalb unerlässlich, Regierungen und andere Institutionen, die sich zu den SDGs bekannt haben, in die Verantwortung zu nehmen. Graswurzel-Projekte seien besonders in Ländern mit schwacher Infrastruktur wichtig, in denen Top-down-Programme nur schwer implementiert werden können.

Ausgesprochen wichtig findet Carriero zudem, dass Schwellen- und Entwicklungsländer ihre amtlichen Statistiken verbessern (siehe Beitrag, S. 4). Verlässliche Daten seien nötig, um Entwicklungsprojekte zu überprüfen und zu finanzieren. In weniger wohlhabenden Städten könne Hilfe zur Selbsthilfe auf Stadtteilebene nützlich sein. Finanzierungsmöglichkeiten ließen sich aber nur auf der Grundlage kluger Politik und verlässlicher Daten maximal nutzen. Das Engagement von Bürgern und Interessenverbänden müsse berücksichtigt werden. Alphabetisierung helfe auch, sagt Carriero.

 

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