Multilaterale Politik

Globale Stabilität

Der Klimagipfel in Lima im Dezember sollte den Weg für ein Weltabkommen beim nächsten Gipfel in Paris vorbereiten. Sein Ergebnis ist ein kurzes Konsenspapier, das nützlich sein kann, aber sicherlich noch nicht reicht. Klimafinanzierung bleibt umstritten.
Es kommt auf die Lebensbedingungen vor Ort an - am Stadtrand von Lima. Dembowski Es kommt auf die Lebensbedingungen vor Ort an - am Stadtrand von Lima.

Die Botschaft von Lima ist, dass alle Länder handeln müssen. Sie sollen freiwillige Verpflichtungen melden, und vor Paris wird geprüft, ob diese insgesamt reichen, um den Treibhauseffekt auf zwei Grad zu begrenzen. Vermutlich werden zusätzliche Verpflichtungen nötig sein.

Das Vorgehen entspricht dem Abkommen, das China und USA vor dem Gipfel geschlossen hatten. Washington legte Raten für seine Emissionsreduzierung fest und Peking kündigte an, wann Chinas Emissionen den Scheitelpunkt erreichen. Das entspricht dem Prinzip der differenzierten Verantwortung, denn es berücksichtigt nationale Gegebenheiten.

Erfreulicherweise fordert der Lima-Gipfel alle Länder nicht nur zum Handeln auf – sie sollen auch mehr tun als bisher. Die freiwilligen Zusagen werden aber kaum reichen, also sind in Paris wieder harte Debatten zu erwarten. Das liegt unter anderem daran, dass die Doppelstrategie, die der Erdgipfel von Rio de Janeiro 1992 ins Auge fasste, nicht funktioniert hat:

  •  Industrieländer sollten ihre Volkswirtschaften mit neuer Infrastruktur und Technik emissionsarm machen. Ihre Erfolge würden dabei in der Atmosphäre Platz für Klimagase aus Entwicklungsländern schaffen.  
  •  Die Emissionen aus Entwicklungsländern sollten noch eine Weile ansteigen dürfen, aber Wachstum würde auch dort ergrünen, weil diese Länder klimaschädliche Produktions- und Konsummuster überspringen sollten. Die arme Welt sollte jedenfalls nicht das Vorbild der reichen Welt kopieren.

Die Rechnung ging nicht auf. Das Kyoto-Protokoll hat kaum Platz in der Atmosphäre freigeräumt. Einige Industrieländer wie Deutschland und Britannien haben ihre Pflichten erfüllt, aber andere wie Spanien, Kanada oder Australien haben das nicht getan. Die USA haben ihre Kyoto-Versprechen nicht einmal ratifiziert. Insgesamt ist der Klimagasausstoß reicher Nationen kaum zurückgegangen.

Noch wichtiger ist aber, dass aufstrebende Volkswirtschaften eben doch dem umweltschädlichen Vorbild der fortgeschrittenen Länder gefolgt sind. Schwellenländer interessieren sich zwar aktiv für erneuerbare Energien, aber von echter Dekarbonisierung kann wohl kaum die Rede sein. Anders als 1992 erhofft wurde, bedeutet Wirtschaftswachstum vielerorts noch immer: mehr Emissionen. Damit sich das ändert, müssen alle Länder etwas tun, wie Lima klar gemacht hat.

Was die Finanzierung angeht, bleiben derweil viele Fragen offen. Klar ist, dass hochentwickelte Industrieländer mehr Geld aufbringen können als Schwellenländer, dass aber aufstrebende Schwellenländer auch mehr leisten können als die am wenigsten entwickelten Länder.

Die Industrieländer stehen im Wort. Sie versprachen vor fünf Jahren in Kopenhagen, von 2020 an jährlich 200 Milliarden Dollar für Klimaschutz und -anpassung in benachteiligten Ländern zu mobilisieren, und haben das in Lima bekräftigt. Wie sie das machen wollen, sagen sie aber nicht. Ihre Glaubwürdigkeit leidet darunter, dass sie seit Jahrzehnten ihre Entwicklungshilfe (ODA – Official Development Assistance) nicht wie versprochen erhöht haben, aber nun gern ODA mit Klimafinanzierung vermischen.  

Wenn die reiche Welt Erfolg in Paris will, sollte sie bald überzeugende Finanzkonzepte vorlegen. Privatinvestitionen können dabei eine wichtige Rolle spielen, aber Staatsausgaben werden auch nötig sein. Vielleicht müssen neue Schulden gemacht werden. Ob daheim oder im Ausland – Investitionen in Klimaschutz rechtfertigen auch in Zeiten knapper Kassen Kreditaufnahme.

Das kann sogar konjunkturpolitisch sinnvoll sein. Die Sozialwissenschaft VWL kennt diesbezüglich konträre Theorien. Orthodoxe Ökonomen lehren, Staatsverschuldung führe allenfalls zu Strohfeuern. Ihre keynesianischen Kollegen sagen dagegen, Deficit-Spending fördere dauerhafte Erholung.

Ökonomische Modelle sind, was das Klima angeht, aber zweitrangig. Die naturwissenschaftlichen Modelle sind nämlich eindeutig: Die ökologische Balance unseres Planeten kippt, wenn nicht rasch und konsequent gehandelt wird. Gewaltige Investitionen sind nötig. Und egal, welcher Wirtschaftstheorie man anhängt, steht fest: Ohne stabiles Klima gibt es für die Menschheit weder wirtschaftliche noch politische Stabilität.

Hans Dembowski
ist Chefredakteur von E+Z/D+C.
euz.editor@fs-medien.de

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