Globale Tourismusbranche

Wenig nachhaltiger Aufschwung des globalen Tourismus

Die globale Tourismusbranche erholt sich von der Corona-Pandemie, allerdings sind die regionalen Unterschiede groß. Insbesondere die am geringsten entwickelten Länder hinken hinterher. Zu den größten Herausforderungen zählen fehlende Investitionen, aber auch die Klimakrise.
Delegation chinesischer Reiseagenturen und Medien an einem Flughafen von Sansibar, Tansania, 2023, im Rahmen von Bemühungen Tansanias, sich chinesischen Tourist*innen zu öffnen. picture-alliance/Xinhua News Agency/Nurdin Pallangyo Delegation chinesischer Reiseagenturen und Medien an einem Flughafen von Sansibar, Tansania, 2023, im Rahmen von Bemühungen Tansanias, sich chinesischen Tourist*innen zu öffnen.

Die globale Reiselust ist zurück: Zuletzt waren die Menschen wieder so viel unterwegs wie vor der Covid-19-Pandemie, wie das „World Tourism Barometer“ der Weltorganisation für Tourismus (UN Tourism, ehemals UNWTO – UN World Tourism Organization) berichtet. Im ersten Quartal 2024 lag die Zahl der internationalen Ankünfte von Übernachtungsgästen weltweit demnach bei 97 Prozent des ersten Quartals von 2019. Die Einnahmen aus dem internationalen Tourismus lagen 2023 inflationsbereinigt nur knapp unter dem Niveau vor der Pandemie.

Der internationale Reiseverkehr war 2020 durch die Pandemie um 72 Prozent eingebrochen, mit verheerenden Konsequenzen für die Tourismusbranche weltweit. Sie erlebt seither einen langsamen, aber stetigen Erholungsprozess. Die regionalen Unterschiede sind allerdings erheblich. Die Staaten des Nahen Ostens begrüßten bereits 2023 gut ein Fünftel mehr internationale Reisegäste als 2019, während Europa, Afrika und Amerika noch unter dem Vergleichswert lagen. Das größte Defizit gegenüber 2019 verzeichnete mit 35 Prozent die Region Asien und Pazifik.

Ärmere Länder erholen sich langsamer

Der UN-Bericht zeigt zudem ein Gefälle zwischen reichen Industrienationen und ärmeren Weltregionen. Erstere verzeichneten 2023 mehr als 90 Prozent des Reiseaufkommens von 2019, während die Schwellenländer noch bei rund 84 Prozent lagen. Am langsamsten erholen sich die am geringsten entwickelten Länder mit knapp 81 Prozent – trotz mancher Positivbeispiele wie Äthiopien (30 Prozent Zuwachs) und Tansania (plus 20 Prozent).

Diese Differenzen greift auch der „Travel & Tourism Development Index 2024“ (TTDI) des Weltwirtschaftsforums auf. Er bemisst die Entwicklung des Tourismus in 119 Ländern anhand von wirtschaftlichen, politischen, ökologischen und sozialen Faktoren. Länder mit hohen Einkommen schneiden im TTDI-Ranking deutlich besser ab als Länder mit geringen Einkommen. Zwar verbesserten einige Staaten mit geringen und mittleren Einkommen ihre Index-Bewertungen im Vergleich zu 2019 deutlich, darunter Côte d’Ivoire, Tansania und Indonesien. Allerdings seien die Unterschiede in der Teilhabe am globalen Tourismus weiterhin groß, schreiben die Autor*innen des TTDI.

Die Gründe dafür sind vielfältig: In vielen Ländern fehlt es an Investitionen in bessere Gesundheitssysteme und Arbeitsbedingungen, lokale Infrastruktur sowie Informations- und Kommunikationstechnologien, um den Zugang zum interna­tionalen Markt zu erleichtern. Auch seien in Entwicklungsländern kulturelle und natürliche Ressourcen schlechter erschlossen, so die Autor*innen des Berichts. Das zeige unter anderem die relativ geringe Zahl an UNESCO-Welterbestätten in Subsahara-Afrika. Diese historisch bedingte Unterrepräsentation erschwere den Schutz bedeutender Sehenswürdigkeiten und die nachhaltige Entwicklung touristischer Infrastruktur – dabei könnten als Weltkulturerbe ausgezeichnete Stätten auch unter schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen Besucher*innen anziehen.

Klimakrise und andere Heraus­forderungen

Eine der größten Herausforderungen für die Reise- und Tourismusbranche stellt die Klimakrise dar

Der Sektor war 2019 laut TTDI-Bericht für acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, und die Emissionen durch den touristischen Reiseverkehr könnten UN-Berechnungen zufolge zwischen 2016 und 2030 um 25 Prozent steigen. Zugleich sind viele Regionen, die vom Tourismus leben, stark betroffen von steigenden Meeresspiegeln, der Zerstörung von Ökosystemen und zunehmenden Extremwetterereignissen.

UN-Initiativen und Tourismusverbände fordern längst eine umfangreiche Transformation des globalen Tourismus im Einklang mit den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs – Sustainable Development Goals). In der „Glasgow Declaration on Climate Action in Tourism“ verpflichteten sich 2021 zahlreiche Unternehmen und Institutionen, zur Einhaltung der Pariser Klimaziele beizutragen. Zwar hat sich das Reiseverhalten von Tourist*innen laut TTDI-Bericht in Teilen durchaus verändert: Sie legten kürzere Distanzen zurück und nutzten alternative Transportmittel zum Flugzeug. Als Gründe dafür geben die Autor*innen des Berichts allerdings nicht in erster Linie ein gesteigertes Umweltbewusstsein an, sondern ökonomische Gründe, etwa die globale Inflation und die schwankenden Preise für fossile Energieträger. Hinzu komme eine wachsende Unsicherheit angesichts geopolitischer Konflikte.

Die CO2-Emissionen des weltweiten Flugverkehrs – auch jenseits des Tourismus – erreichten 2022 laut der Internationalen Energieagentur (IEA) etwa 80 Prozent des Niveaus vor der Pandemie und werden wohl 2025 das Niveau von 2019 überschreiten. Darüber hinaus kehren gemeinsam mit den Besucher*innen vielerorts altbekannte Probleme wie Übertourismus und Saisonabhängigkeit zurück.

Ein „Weiter so“ dürfe es nicht geben, hieß es während der Pandemie häufig. Einige Regionen haben bereits Maßnahmen ergriffen, um den Tourismussektor ökologisch und sozial nachhaltiger und damit krisenresistenter zu machen, darunter Zugangsbeschränkungen und Abgaben zur Entlastung besonders beanspruchter Orte. Andere sollten sich ein Beispiel nehmen, denn die Klimakrise erfordert rasches und umfangreiches Handeln – auch im Tourismussektor.

Links

UN Tourism: World Tourism Barometer.
https://www.unwto.org/un-tourism-world-tourism-barometer-data

Weltwirtschaftsforum: Travel & Tourism Development Index.
https://www.weforum.org/publications/travel-tourism-development-index-2024/

Konstantin Auwärter studiert Internationale Beziehungen und Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt. Er hat diesen Text im Rahmen seines Praktikums in der E+Z/D+C-Redaktion verfasst.
euz.editor@dandc.eu

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.