Fachliteratur

Die richtigen Fragen

Budgethilfe steht als Mittel der Entwicklungshilfe auf dem Prüfstand. Leider entspringen viele Kritikpunkte eher der Risikoabneigung der Geber als Mängeln des Instruments. Wichtigere Aspekte werden dagegen nur unzureichend diskutiert.


[ Von Geoff Handley ]

Budgethilfe steht in der Kritik. Verschiedene Rechnungshöfe und Parlamentsausschüsse haben einschlägige Berichte veröffentlicht, etwa in Britannien, Schweden und Deutschland. Sie kreisen meist um treuhänderische Risiken (wie Verschwendung oder Korruption) und Ergebnisse, die kaum eindeutig zuzuordnen sind.

Wenn nicht die richtigen Fragen gestellt werden, kann die Betonung der Verantwortung gegenüber Rechnungsprüfern und Parlamenten in Gebernationen indessen die Vorteile der Budgethilfe verschleiern. Penrose (2008) zufolge können „Bemühungen, die echten oder vermeintlichen Sorgen von Wählern und Politikern aufzugreifen, zu einer ‚Kontrolldiktatur‘ führen“. Allzu oft werden Hilfsprogramme eher von der Risikoabneigung der Geber und deren „Sichtbarkeitswünschen“ angeleitet als davon, was dem Empfängerland am besten täte (Cant et al., 2008; Fölscher et al., 2008; Burall et al., 2009).

Es wäre sinnvoll, die parlamentarische Auseinandersetzung in Geberländern zu verbessern. Fölscher et al. (2008) bestätigen ein immenses Ungleichgewicht zwischen dem Kurzzeitfokus der Politik und der Langzeitperspektive der Budgethilfe. Die Autoren fordern, dass Parlamente nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen diskutieren. Zudem sollten die Volksvertreter Alternativen zur Budgethilfe betrachten und nicht isoliert nur Vor- und Nachteile dieses Instruments.

Eine Frage der Effektivität

Die Paris-Deklaration (PD) bezieht keine klare Position zu Modalitäten, solange sie – nur vage definiert – „programm-basiert“ sind. Die Institutionen und Verfahren der Entwicklungsländer („Ländersysteme“) zu nutzen, gilt zu Recht als grundsätzliche Prämisse, nicht nur der Budgethilfe.

Definitionsgemäß erfordert Budgethilfe ein nationales System der Finanzverwaltung. Andere Instrumente, wie gemeinsame Fonds und Projekte, können aber auch so implementiert werden (Mokoro, 2008). Wenn Projekte oder auch gemeinsame „Körbe“ jedoch – wie oft der Fall – Ländersysteme umgehen, lenken sie von deren Verbesserung ab. Obwohl sektorspezifische Gemeinschaftsfonds oft als Übergangslösung gelten, entwickeln sie zuweilen selbstperpetuierende Anreizstrukturen und werden dann zum Hindernis (Kizilbash und Williamson, 2008).

Es kommt auch vor, dass die Umsetzung von vertikalen Programmen mittels Ländersystemen Probleme verursacht. Zwei Beispiele aus Mosambik: Der Globale Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria leitete Geld an die nationalen Behörden weiter, doch weil seine Zahlungen unzuverlässig waren, musste die Regierung andere Geber um Vorschüsse bitten. Die Fast Track Initiative – Education for All nutzte Mosambiks Beschaffungssystem in einem Umfang, der den Handlungsspielraum anderer Geber auf diesem Gebiet erheblich begrenzte. In beiden Fällen belasteten diese Probleme den Dialog zwischen Regierung und Gebern und lenkten von der Verbesserung der Ländersysteme ab (Handley, 2008).

Um derlei zu verhindern, sollten die Geber ihre Arbeitsweise von vornherein auf Ländersysteme stützen. Selbstverständlich müssen ihre eigenen Vorschriften das zulassen. Es kommt vor allem darauf an, Politik präzise zu konzipieren und zu implementieren. Der Teufel steckt oft im Detail.

Prinzipiell scheint Budgethilfe dem Geist der PD besonders zu entsprechen. In der Praxis verfolgen Geber aber verschiedene Ansätze. In Tansania und Ghana ist zu sehen, dass die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) ihre Konditionalitäten immer öfter reduzieren. Dagegen fordern bilaterale Geber und die Europäische Kommission immer noch detaillierte Übersichten über Politikfelder und Resultate. Laut Booth (2008, S. 3) ist „Mikro-Management von Politikfeldern mithilfe von Konditionen weiterhin üblich“.

Investitionsförderung

Penrose (2008) zufolge wird die Verwendung von Budgethilfe oft missverstanden. Es heißt, sie werde Steuern zur Teilfinanzierung regelmäßiger Staatsausgaben beigemischt (etwa für Lehrer- oder Krankenschwestergehälter). Tatsächlich achten aber stabile, hilfsbedürftige Staaten darauf, derlei mit heimischen Mitteln abzudecken, weil Entwicklungshilfe zu unkalkulierbar ist und die Regierungen übermäßigen Gebereinfluss vermeiden wollen.

Folglich dient Budgethilfe vor allem Investitionen, weshalb sie auch eher zum Bau von Schulen als zu einer besseren Schüler-Lehrer-Relation beiträgt. Zweifellos hängen Effizienz und Effektivität der Budgethilfe von Qualität und Quantität der öffentlichen Investitionen ab. Deshalb sollte der Politikdialog sich darauf konzentrieren. Stattdessen stehen zu oft die Erhöhung der laufenden Ausgaben und zu komplizierte Finanzreformen auf der Tagesordnung.

Verantwortung statt Neopatrimonialismus

Budgethilfe soll Institutionen und Eigenverantwortung in Empfängerländern stärken. Kritiker warnen dagegen, das Instrument trage dazu bei, einige der negativsten Aspekte neopatrimonialer Herrschaft aufrechtzuerhalten. In Uganda, so schreiben Barkan et al. (2004), zementiert die Fungibilität der Budgethilfe – verglichen mit Projektmitteln – schwache Verantwortlichkeit und Korruptionsanfälligkeit einer „strong man“-Mentalität.

Dagegen beobachten Lister et al. (2006), dass andere Hilfsmethoden ähnlich anfällig sind. Auch Projektmittel seien nicht immun gegen Korruption und Zweck­entfremdung. Sie weisen auf vernünftige Vorbeugevorkehrungen in Ugandas Budgetwesen hin. In der Tat lässt sich Barkans Kritik auf jede Form von Entwicklungshilfe in Uganda anwenden. Also könnte es sogar eine Stärke der Budgethilfe sein, dass sie Fungibilität anerkennt und Aufmerksamkeit auf die Finanzverwaltung lenkt.

Jedenfalls ist es eine ebenso unbegründete wie weitverbreitete Annahme, dass treuhänderische Risiken vermeidbar wären, indem man die Finanzverwaltungen der Empfängerländer meidet. Eine neue Bewertung von DANIDAs Bildungshilfe in Mosambik zeigt, wie Geld außerhalb des nationalen Systems veruntreut wurde (Visser-Valfrey und Cumbi, 2008, S. 29).

Letztlich kommt es darauf an, den Bedarf der Entwicklungsländer, aber nicht unbedingt jede Geberforderung zu erfüllen. Sinnvoll wäre es, den Politikdialog von Gebern und Empfängern zu verbessern. „Ownership“ der Partner heißt nicht, dass Geber sich davon zurückziehen sollen (Booth, 2008). Wichtig ist begleitend dazu die Weiterbildung von Personal und Abgeordneten in Geber- wie in Empfängerländern. Leistungsvermögen und Verantwortungsbereiche der Mitarbeiter der Durchführungsorganisationen müssen übereinstimmen (Penrose, 2008). Außerdem ist darauf zu achten, dass Durchführungsorganisationen über die langfristige Wirkung ihrer Arbeit Rechenschaft ablegen und nicht nur über treuhänderische Risiken und kurzfristige Effekte (Fölscher et al, 2008; Burall et al, 2009).

Budgethilfe und andere Formen der Entwicklungshilfe müssen echte Owner­ship fördern. Es kommt darauf an, das bes­te Mittel zum Erreichen spezifischer Ziele zu finden, wobei der Einfluss der Entwick­lungspolitik immer begrenzt sein wird. Daraus folgt wiederum, dass wir ein differenziertes Verständnis der politischen, ökonomischen und fiskalischen Rolle von Budgethilfe – und von Entwicklungshilfe allgemein – entwickeln müssen.

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