Editorial

Unerledigte Aufgabe

Die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) zu Mütter- und Kindergesundheit wurden deutlich verfehlt. Dieses „unfinished business“ wurde in den Nachhaltigkeitsentwicklungszielen (SDG 3 und 5) der Agenda 2030 wieder aufgegriffen.
Mädchen mit schwangerer Frau. Desarmaux/picture-alliance/Godong Mädchen mit schwangerer Frau.

Die Gründe für das Nichterreichen der MDG-Ziele zur Mütter- und Kindergesundheit sind vielfältig: Ein Aspekt ist, dass in vielen Ländern mit hohen Sterblichkeitsraten zwar Fortschritte gemacht wurden, diese aber nicht allen Bevölkerungsgruppen zugutekamen. Arme und benachteiligte Gruppen, und unter ihnen vor allem Frauen und Mädchen, wurden zurückgelassen. Eine weitere Ursache ist die fehlende oder sehr lückenhafte Datengrundlage zu Gesundheitsaspekten wie Geburten und Todesfälle. Das erschwert eine effektive Gesundheits-und Entwicklungspolitik.

Besonders verheerend in vielen Ländern südlich der Sahara sind Schwangerschaften junger Mädchen. Laut WHO sind Komplikationen in Folge von Schwangerschaft und Geburt die weltweit zweithäufigste Todesursache von Mädchen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren. Oft sind die Schwangeren und Mütter sogar noch jünger. Teenagerschwangerschaften sind hauptsächlich den gesellschaftlichen Gegebenheiten geschuldet. Die Mädchen kommen aus armen Verhältnissen und haben einen geringen Bildungsstand. Daher fehlt ihnen auch eine umfassende Sexualerziehung, und sie wissen gar nicht, wie sie schwanger werden und wie sie es verhindern können. Hinzu kommt, dass Mädchen oft, selbst wenn sie wollten, nicht verhüten können, weil sie keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben.

Die Probleme sind weltweit durch MDGs und Agenda 2030 bestens bekannt und benannt. Die Lösungen erschließen sich aus den identifizierten Hürden für Mütter- und Kindergesundheit. Allein an der Umsetzung hapert es in vielen Ländern.

Was muss also passieren? Mädchen und Frauen werden oft nicht oder nur unzureichend sexuell aufgeklärt und haben nicht das Recht, frei über ihren Körper und ihr Leben zu entscheiden und darüber, wann und wie viele Kinder sie haben wollen. Hier müssen gesellschaftliche Veränderungsprozesse ansetzen. Sexualerziehung sollte im Schulunterricht, in Gesundheits- und Gemeindeeinrichtungen und idealerweise auch im Elternhaus erfolgen, dann würden viele ungewollte Schwangerschaften vermieden und die weibliche Gleichstellung ­vorangebracht werden.

Regierungen aller Länder sind gefordert, bessere Daten vor allem geschlechterspezifisch für Frauen und Mädchen zu sammeln, zum Beispiel, um verlässliche Zahlen zu erhalten, wie viele Mädchen die Schule aufgrund von Frühverheiratung, Teenagerschwangerschaft oder sexueller Gewalt vorzeitig verlassen oder wie viele Mädchen unter 15 Jahren Mütter werden. Eine Voraussetzung dafür ist der Aufbau ziviler Registrierungssysteme, die Erhebung von Bevölkerungsstatistiken und Geburtenregistrierung.

Neben Datenerhebung geht es aber auch um weitere elementare Staatsdienstleistungen. Länder brauchen eine flächendeckende Gesundheitsversorgung und kundiges Personal, um Mütter- und Neugeborenengesundheit gewährleisten zu können. Gesellschaftliche und strukturelle Hürden müssen abgebaut werden, so dass Frauen und Mädchen ihre sexuellen und reproduktiven Rechte wahrnehmen können. Und dann geht es häufig neben der Sexualaufklärung bereits junger Menschen auch ganz einfach um die Bereitstellung von Verhütungsmitteln. Dies betrifft hauptsächlich arme und benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Bei ihnen müssen alle Maßnahmen zuerst ansetzen.

Sabine Balk ist Redakteurin von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Cooperation.
euz.editor@fs-medien.de

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