Europäischer Entwicklungsbericht

Finanzierung und Politik verbinden

Im Vorfeld der UN-Konferenz Financing for Development in Addis Abeba im Juli fordert der aktuell erschienene European Report on Development (ERD) ein „neues Denken“. Die Hauptbotschaft lautet, dass Finanzierung allein für eine Umsetzung der Post-2015-Entwicklungsagenda nicht ausreicht. Auch politische Maßnahmen sind ausschlaggebend.
Geld für Entwicklungszwecke erreicht nicht immer die armen Menschen: Kundin eines Mikrokreditinstituts in Ägypten. Philippe Lissac/GODONG/Lineair Geld für Entwicklungszwecke erreicht nicht immer die armen Menschen: Kundin eines Mikrokreditinstituts in Ägypten.

Die Autoren des Berichts erklären, was sie als unumgänglich für eine neue Art der Entwicklungsfinanzierung halten. Dazu gehört, die etablierte Vorstellung von offizieller Entwicklungshilfe (official development assistance – ODA) zu überwinden. Ihrer Ansicht nach ist es nun notwendig, neue – öffentliche und private – Mittel auf nationaler und internationaler Ebene anzuzapfen.

Laut ERD basiert ein neues Denken auf vier Grundpfeilern:

  • Es muss alle Arten von Finanzierung in Betracht ziehen (öffentlich, privat, in- und ausländisch).
  • Es muss aufeinander abgestimmte politische Maßnahmen berücksichtigen (national und international).
  • Es muss sich auf Vorreiter und Antriebskräfte von langanhaltender Entwicklung konzentrieren.
  • Es muss zu der Vision einer transformativen Post-2015-Entwicklungsagenda passen.

Die Autoren erklären, dass sich die Finanzierungsmöglichkeiten über ODA hinaus in den vergangenen Jahren beachtlich verändert hätten. Es gab einen enormen Anstieg der inländischen Staatseinnahmen (aus Steuern und anderen Quellen), aber auch der internationalen Einnahmen (einschließlich ODA). Zudem mobilisieren die Finanzmärkte mehr Geld auf nationaler und internationaler Ebene. Heute verfügen Entwicklungs- und Schwellenländer über 8 Billionen Dollar mehr als 2002, als die erste Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Monterrey stattfand. Laut ERD sind die inländischen Staatseinnahmen heute die größte Einnahmequelle aller Länder.

Die Kernbotschaft des ERD lautet: „Die Rolle der Finanzierung bei der Förderung nachhaltiger Entwicklung muss im politischen Kontext gesehen werden.” Nach Ansicht der Autoren ist eine angemessene Menge an Geld für Entwicklungsförderung vorhanden. Das Geld werde aber oft nicht für den vorgesehenen Zweck genutzt und käme oft nicht den armen Bevölkerungsschichten zugute. Die Autoren schlagen deshalb ein Konzept für die Verbindung von Finanzierung und politischen Maßnahmen vor, dessen Kernelemente sind:

  • Es müssen genügend Kapazitäten auf nationaler und lokaler Ebene vorhanden sein, um politische Maßnahmen durchzuführen.
  • Standards für den öffentlichen und privaten Sektor müssen definiert und durchgesetzt werden.
  • Die Wirtschaft braucht ein klares Regelwerk.
  • Transparenz, Bereitstellung von Information und Rechenschaftspflicht muss für eine effiziente Nutzung der Finanzierung vorhanden sein.
  • Politische Kohärenz muss im Hinblick auf die Entwicklungsziele gewährleistet sein.

Der ERD betont auch, dass die Politik für das Mobilisieren von Mitteln entscheidend sei und bringt die wichtigen Prinzipien dafür auf einen Punkt:

  • Finanzierung sollte Antriebskräfte nachhaltiger Entwicklung wie lokale Regierungsführung, Infrastruktur, umweltfreundliche Energietechnik und Handel begünstigen, was wiederum mehr öffentliche und private Mittel anziehen kann.
  • Um private Investoren zu gewinnen, braucht ein Land entsprechende Gesetze und Regeln. Diese müssen gut gestaltete Eigentumsrechte und Landtitel beinhalten.
  • In vielen Ländern müssen Instrumente des Finanzbereichs und die Möglichkeit, diese anzuwenden, geschaffen werden, um private Mittel zu mobilisieren.
  • Ein positives internationales politisches Umfeld ist ebenso wichtig. Die internationale Gemeinschaft sollte transparente globale Regeln für Finanzen und Handel schaffen.

In seinem Vorwort erklärt Neven Mimica, EU-Kommissar für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung, dass der ERD ein „auf Recherche basierender Beitrag zur Debatte in der EU und im globalen Bereich ist.“ Die Europäische Kommission finanzierte den Bericht. Er wurde unter Führung des Overseas Development Institute (ODI) zusammen mit dem European Centre for Development Policy Management (ECDPM), dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE), der Universität von Athen und dem Southern Voice Network, einem Netzwerk von 48 Thinktanks in Afrika, Asien und Lateinamerika, verfasst.

Sabine Balk

Link:
European Report on Development 2015:
http://erd-report.com/erd-reports/erd5-2015/report/

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