Landwirtschaft

Mehr Geld für Bauern

Immer mehr Konsumenten in reichen Nationen achten beim Kauf von Lebensmitteln nicht nur auf Geschmack, Preis und Aussehen, sondern auch ökologisch und sozial verträgliche Produktionsbedingungen. Zertifizierungen wie Bio, Fair Trade oder regionale Herkunft sorgen für höhere Preise – und das kann eine Chance afrikanische Kleinbauern sein. Zwei aktuelle Fallstudien des Kieler Instituts für Weltwirtschaft geben Aufschluss darüber. Sie betreffen den Ananasanbau in Ghana und den Kaffeeanbau in Äthiopien.

Von Aslihan Arslan und Linda Kleemann

Der europäische Markt für frische und getrocknete Ananas verzeichnete in den vergangenen Jahren Wachstumsraten von bis zu 19 Prozent. Die EU ist gemessen an Volumen und Wert der größte Nettoimporteur von Ananas. Rund 80 Prozent der Lieferungen kommen aus Lateinamerika. Ghana ist nach der Elfenbeinküste der zweitgrößte afrikanische Exporteur. Entsprechend dem allgemeinen Trend ist auch die Nachfrage nach Bio-Ananas gestiegen.

Konventionelle Ananas wird hauptsächlich von großen transnationalen Unternehmen auf eigenen Plantagen produziert. Eine Handvoll multinationaler Konzerne kontrollieren mit fest strukturierten Lieferketten das Angebot. Das erschwert Kleinbauern und Kooperativen den Markteintritt. Der Markt für Bio-Produkte ist indessen nicht im selben Maße konzentriert. Für Entwicklungsländer mit vielen Kleinbauern kann die Spezialisierung auf solche Marktnischen deshalb sinnvoll sein.

Ghana ist dafür ein gutes Beispiel. Das Land ist heute der führende Exporteur von Bio-Ananas nach Europa. Bis zu 40 Prozent aller ausgeführten Ananas sind als Bio oder Fair Trade zertifiziert und können entsprechend zu höheren Preisen an die Endverbraucher abgesetzt werden. Kleinbauern, die auf Bioproduktion umstellen, können ihren Umsatz entsprechend steigern. Die Umstellungsentscheidung geht allerdings mit Kosten und Risiken einher. Derlei muss bei der Berechnung der Rentabilität berücksichtigt werden.

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat das anhand von Primärdaten von Ghanaischen Ananasbauern und Händlern untersucht. Die Forschungsergebnisse belegen, dass sich biologischer Anbau in Hinblick auf den Preis lohnt. Wie in der Grafik zu sehen, ist der Preisaufschlag über die Jahre stabil. Die Preise für Bio-Ananas sind zudem weniger volatil als die von konventionellen Früchten – was zu einem guten Teil den ghanaischen Kleinbauern zugute kommt.

Die Studie zeigt zudem, dass Kleinbauern trotz Qualitätsproblemen und trotz den Skaleneffekten, die große Plantagen erreichen, eine realistische Chance haben, auf dem Markt zu bestehen. Das gilt für konventionell wie biologisch arbeitende Kleinbauern, wobei letztere tendenziell höhere Profite verbuchen.

Äthiopische Kaffeemarken

Die Gesamtnachfrage nach Kaffee stagniert weltweit, aber die nach Premiumkaffee steigt. Der Begriff bezeichnet hochwertige Ware, die zudem bestimmte nicht-materielle Eigenschaften – etwa die Fair-Trade-Zertifizierung – hat. In den USA entfällt über die Hälfte des gesamten Kaffeeverkaufwerts auf solche Marken.

Im Zuge dieses Trends wurden in den Produktionsländern neue Strategien formuliert, um den Anteil der heimischen Wertschöpfung zu erhöhen und die Agrareinkommen zu steigern. So werden etwa zunehmend geographische Herkunftsbezeichnungen, wie sie bislang für Wein oder Käse üblich waren, für Kaffee verwendet. Die Regierung Äthiopiens hat diesen Ansatz modifiziert und die feinsten Sorten aus ihrem Land als geschützten Markennamen registrieren lassen: Sidama, Yirgacheffe und Harar.

Arabica Kaffee stammt ursprünglich aus Äthiopien. Er ist fester Bestandteil der Kultur des Landes. Mit einem Anteil von 35 Prozent an den Exporteinnahmen ist er auch öko­nomisch höchst relevant. Äthiopischer Kaffee erzielt international schon lange hohe Preise. Dennoch sind die meisten der Produzenten Kleinbauern und leben in Armut. Deshalb drang das Ethiopian Intellectual Property Office (EIPO) mit Unterstützung eines gemeinnützigen Beraters aus den USA 2004 auf die Registrierung von Marken­namen. Daraufhin ließ die Regierung die oben genannten Markennamen in Importländern anmelden. Im nächsten Schritt lizenzierte EIPO Großhändler, die die Marken in Ko­operation mit der äthiopischen Regierung in den jeweiligen Ländern einführen.

Durch einem Schlagabtausch mit Starbucks über das Recht „Sidamo“ als Markennamen in den USA zu registrieren, erhielt die Aktion weltweit Aufmerksamkeit. Angesichts der kritischen Medienberichterstattung ließ Starbucks den Anspruch fallen und unterzeichnete im Juni 2007 einen Lizenzvertrag mit der äthiopischen Regierung. Dieser aufsehenerregende Fall hat letztlich das äthiopische Marketingkonzept gestärkt. Im August 2009 waren die drei Kaffeenamen bereits in 29 Ländern registriert und mehr als 90 Firmen hatten sich lizenzieren lassen die Kaffees unter dem Markennamen zu vertreiben.

Kieler Wissenschaftler haben untersucht, ob diese Initiative den Exportpreis für äthiopischen Kaffee beeinflusst hat. Die Steigerung dieses Preises ist der erste Schritt zu höheren Einkommen für die Produzenten. Die Analyse der Daten des äthiopischen Zollamtes über Mengen, Preise, Herkunft, Zertifizierungsstatus und Qualität aller Kaffeeexporte von 2004 bis 2009 ergab, dass die Preise der eingetragenen Marken tatsächlich um etwa zehn Prozent mehr gestiegen sind als die der übrigen Kaffeesorten (Grafik). Das spiegelte sich auch in den Preisen, die die Produzenten erhalten, wider. Die Strategie ist also aufgegangen.

Diese beiden Beispiele illustrieren die Effizienz von Initiativen, die auf Konsumtrends in Industrieländern aufbauen und auf die Verbesserung der Umwelt oder des Einkommens der ländlichen Bevölkerung in Entwicklungsländern abzielen.

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