Staatliche Entwicklungshilfe

An gescheiterten Staaten vorbei

In heruntergewirtschafteten und vom Krieg zerstörten Armutsregionen könnten Geberländer Akzente setzen, sagt eine Oxfam-Studie. Entwicklungshilfe verfehle aber häufig die Armen und diene fremden Zwecken.

Die Geberländer schenken offenbar nicht allen „gescheiterten“ Staaten die gleiche Aufmerksamkeit. Ein Großteil internationaler Hilfe richte sich auf Afghanistan und den Irak, kritisiert Oxfam. Schickt eine Regierung eigene Soldaten, steige im Prinzip auch ihr „humanitäres“ Engagement – obwohl feststeht, dass Bedürftige davon am wenigsten profitieren und dass ein Großteil der Hilfe verpufft.

„Whose aid is it anyway?“, lautet die Oxfam-Studie, die Maßnahmen von Geberländern in besonders armen Staaten auflistet. Geopolitische Ziele und das Thema Sicherheit stehen vielerorts im Vordergrund. Die Studie zeigt, welche Länder am meisten Hilfe erhalten und warum, und sie macht die wichtigsten Geldgeber sichtbar.

Schon lange Zeit, im Grunde seit dem Zweiten Weltkrieg, fließen ausländische Mittel aufgrund militärischer und sicherheitspolitischer Erwägungen. Dieser Ansatz erwies sich aus humanitärer Sicht als weitgehend wirkungslos. Die Empfängerländer im Nahen Osten erhalten besonders viel Geld. Dahinter stünden drei ­Mo­tive, heißt es: Die Gebiete gelten als un­sicher, Armut ist dort weit verbreitet, und Geberländer sind von lokalen Rohstoffen abhängig, besonders Öl und Gas.

Entscheidet Frankreich zum Beispiel über Entwicklungshilfe, so beachtet es fünf „Zielfaktoren“ – die Bedürfnisse des Empfängers sind nur einer davon. Hinzu kommen Fragen nationaler Verteidigung und der Migration. In den vergangenen zehn Jahren hätten die USA ihre Mittel für „strategisch bedeutende Verbündete“ verdoppelt, ihre staatliche Entwicklungshilfe (ODA) aber nur um 14 Prozent erhöht, ergänzt Oxfam. Kanada strich zuletzt sieben arme Länder südlich der Sahara aus seiner Entwicklungshilfe, um sich stärker nach „außenpolitischen Zielen“ zu richten.

Oxfam macht mehrere Vorschläge, wie Geberländer die Lage verbessern können. Sie sollten:
– Hilfe unabhängig von militärischen und sicherheitspolitischen Zielen leisten (außer sie betreffen das Empfängerland selbst),
– humanitäre und militärische Maßnahmen getrennt finanzieren,
– bei allen Hilfsprojekten, so weit irgend möglich, auf militärische Mittel verzichten,
– Entwicklungshilfe zur reinen Armutsbekämpfung und humanitären Hilfe einsetzen sowie
– langfristige Ziele verfolgen, im Notfall aber auch lebensrettende Soforthilfe leisten. (jm)

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