Kindheit und Jugend

Aufschub inakzeptabel

Bildung ist für gesellschaftliche Entwicklung unerlässlich. Sie wirkt das ganze Leben lang, und ihre Bedeutung ist auch all jenen klar, denen eine gute Bildung verwehrt wurde. Afrikas Regierungen müssen mehr tun, als Lippenbekenntnisse zum einschlägigen Nachhaltigkeits-Entwicklungsziel (Sustain­able Development Goal – SDG) 4 abzulegen.
Schulkind in Madagaskar. Florian Kopp/Lineair Schulkind in Madagaskar.

Bildung schafft die Voraussetzung zur Befriedigung grundlegender sozialer Bedürf­nisse (Gesundheit, Ernährung, Energie und so weiter). Es geht um eine multidimensio­nale Angelegenheit, weil erfolgreiche Bildung die Grundlagen für Erfolge in allen anderen Sektoren legt. Ob eine Gesellschaft der Bildung die nötige Aufmerksamkeit schenkt und entsprechend ausreichende Mittel bereitstellt, sind folglich wichtige Fragen.

Leider interessieren sich Politiker vor allem für schnell sichtbare Erfolge. Deshalb schrecken sie vor Investitionen zurück, die sich nur langfristig auszahlen. Dass die junge Generation gute Grund- und Sekundarschulen besucht, bringt kein sofortigen Erträge. Wenn sie dann noch studieren, dauert es noch länger – wobei die Erträge dann möglicherweise sogar noch größer ausfallen.

Es ist allgemeiner Konsens, dass Schulbesuch ein Grundrecht ist und dass Staaten für dessen Verwirklichung verantwortlich sind. Dennoch lässt die Bildungsqualität oft zu wünschen übrig. Zu viele Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss – und zu viele, die den Abschluss schaffen, lernen nicht, was sie für den Broterwerb brauchen.

Die Millenniums-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals – MDGs), auf die sich die Weltgemeinschaft im Jahr 2000 einigte, waren hilfreich. Wie versprochen sind die Raten für den Grund­schulbesuch in Entwicklungsländern – und besonders in Afrika – deutlich gestiegen. Leider wurde aber die Qualität vielfach vernachlässigt – und das gilt auch für die sekundäre und tertiäre Bildung.

Die SDGs, welche die UN 2015 als Nachfolgeagenda der MDGs beschlossen haben, sind umfassender. SDG 4 be­trifft „Qualitätsbildung“ auf allen Ebenen, einschließlich der Berufsbildung und der speziellen Förderung von Menschen mit Behinderungen.

Um SDG 4 zu erreichen, werden Ressourcen benötigt. Neue Schulen müssen gebaut und zusätzliche Lehrer eingestellt werden. Klassen müssen kleiner und die Infrastruktur – einschließlich Internetzugang – muss besser werden. Schätzungen zufolge braucht Afrika für solche Dinge rund 60 Milliarden Dollar im Jahr. Ohne Geberunterstützung wird das kaum gelingen. Um Entwicklungshilfe (official development assitance – ODA) anzuwerben, müssen die Verantwortlichen in Afrika bewei­sen, dass sie Bildung ernst nehmen.

Auch die Hochschulen verdienen Aufmerksamkeit – nicht zuletzt, weil sie Lehrer ausbilden. Je besser sie das tun, desto besser wird der Unterricht an Grund- und Sekundarschulen. Grundsätzlich ist klar, dass höhere Bildung wichtig ist, um die Führungselite der nächsten Generation auszubilden. Es ist eine Schande, dass afrikanische Regierungen und Geber Hochschulen in Entwicklungsländern lange für Luxus hielten.

Tatsächlich sind Afrikas Hochschulen in keiner guten Verfassung. Ihre Zahl ist von 2000 bis 2010 um 115 Prozent gestiegen, und die Zahl der Studierenden hat sich laut UNESCO von 2,3 Millionen auf 5,2 Millionen mehr als verdoppelt. Unter den 100 besten Universitäten der Welt findet sich aber den Rankings zufolge nur eine einzige aus Afrika. Afrikas Zukunft hängt davon ab, dass Bildung auf allen Ebenen besser wird.

Niemand zweifelt daran, dass Wissen immer wichtiger wird. Afrika muss seine demografischen Chancen nutzen und schnell Wissensgesellschaften aufbauen. Der Kontinent muss auf allen Feldern kompetent und wettbewerbsfähig werden. Ohne den Ehrgeiz, die Weltspitze zu erreichen, werden wir nie zur Weltspitze gehören.

Lippenbekenntnisse reichen nicht. Afrikanische Regierungen müssen sich ihren Aufgaben stellen und Ergebnisse vorwei­sen. Wir brauchen positive Rückkopplungen, bei der bessere Bildung auf allen Ebenen zu noch besserer Bildung führt. Aufschub ist nicht akzeptabel, denn Bildung zu vertagen würde bedeuten, die Zukunft zu vertagen.


Belay Begashaw ist Direktor des afrikanischen Sustainable-Development-Goals-Zentrums für Afrika (SDGC/A) in Kigali, Ruanda.
bbegashaw@sdgcafrica.org

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