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WHO äußert sich zu Ökologie und Gesundheitspolitik

Die Covid-19-Pandemie hat das Bewusstsein für zoonotische Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, nachhaltig verändert. Eine Studie des europäischen Regionalbüros der Weltgesundheitsorganisation (WHO – World Health Organization) fordert, die Gesundheitspolitik solle generell stärker auf ökologische Faktoren achten. Auch nicht übertragbare Krankheiten stehen im Zusammenhang mit der Gesundheit der Natur.
Fleischverkäufer in Wuhan: Als Epizentrum der Covid-19-Pandemie gilt ein Markt in dieser chinesischen Stadt. picture-alliance/newscom/STEPHEN SHAVER Fleischverkäufer in Wuhan: Als Epizentrum der Covid-19-Pandemie gilt ein Markt in dieser chinesischen Stadt.

Der „One Health“-Ansatz betont Wechselbeziehungen zwischen der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt. Wichtig ist dabei eine stärkere Zusammenarbeit von Human- und Veterinärmedizin sowie den Umweltwissenschaften. Aus WHO-Sicht werden Letztere aber in der Gesundheitspolitik irrigerweise noch weitgehend vernachlässigt. Die WHO nennt drei Hauptgründe, wieso dies falsch sei:

  • Die Umwelt ist ein natürliches Reservoir, in dem Substanzen und Nährstoffe akkumuliert und transportiert werden. Von Menschen zugeführte Giftstoffe, Antibiotika oder Krankheitserreger finden auf unterschiedliche Weise ihren Weg in unsere Körper.
  • Zahlreiche für die menschliche Gesundheit relevante ökologische Prozesse finden in von Menschen veränderten Lebensräumen statt. Das hat Auswirkungen auf Populationsgrößen oder die Evolution von Krankheiten.
  • Die Umwelt überträgt Gene, Krankheitserreger und Chemikalien zwischen Menschen und Tieren und beeinträchtigt dabei Immunsysteme.

Menschliche Einflüsse stören ökologische Gleichgewichte. Das kann laut WHO die Entstehung und Verbreitung von Zoonosen begünstigen. Ein wichtiger Faktor sei veränderte Bodennutzung zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken. Die Rodung von Wäldern, um Platz für Felder zu schaffen, reduziere die biologische Vielfalt. Sie mache zugleich die Ausbreitung von Zoonosen wahrscheinlicher, weil Wirtstiere der Krankheitserreger zunehmend menschliche Siedlungsgebiete erreichen.

Entsprechend führt auch Urbanisierung zu vermehrtem Kontakt zwischen Menschen und Wirtstieren, wie die WHO ausführt. Das gelte besonders, wenn Wirtstiere beginnen, sich in Städten anzusiedeln. Die hohe Bevölkerungsdichte beschleunige dann auch die Ausbreitung der Krankheiten.

Ein weiterer zentraler Faktor ist der Studie zufolge der Rückgang der Artenvielfalt. Große Biodiversität wirke als eine Art Puffer gegen die Weitergabe von Krankheiten, weil sie Interaktion einzelner Spezies miteinander weniger häufig mache.

Infiziertes Fleisch

Die WHO warnt vor übermäßigem Konsum von Wildtieren. Einerseits reduziere Jagd die biologische Vielfalt, andererseits könne der Konsum infizierter Tiere ansteckend sein. Die Studie erinnert daran, dass Wissenschaftler*innen die zoonotische Pandemie Covid-19 auf den Fleischverkauf auf einem Markt in Wuhan zurückführen.

Wie bei vielen Umweltproblemen wirkt der Klimawandel auch hier als Katalysator. Hohe Temperaturen sorgen laut WHO dafür, dass sich Krankheitsüberträger und deren potenzielle Wirtstiere in Gebieten ausbreiten, in denen sie bislang nicht vorkamen. Wärmere Umweltbedingungen verkürzten zudem Inkubationszeiten – erhöhten aber Replikationsraten. 

Auch Luftverschmutzung hat einen Einfluss auf die Ausbreitung von Zoonosen. Die WHO weist darauf hin, dass schlechte Luftqualität das Immunsystem von Menschen und Tieren schwäche – also die Anfälligkeit für Infektionen erhöhe. Luftverschmutzung trage auch zum Artensterben bei.

Nichtübertragbare Krankheiten 

Auch das Risiko nichtübertragbarer Krankheiten hängt von ökologischen Zusammenhängen ab, wie die WHO-Studie betont. Fleisch und andere tierische Produkte seien möglicherweise mit toxischen Chemikalien kontaminiert. Über verschmutzte Gewässer gerieten etwa Schwermetalle wie Quecksilber oder Blei ins Fettgewebe von Fischen. Auch Mikroplastik sei in vielen Lebensmitteln nachweisbar.

Die WHO weist zudem darauf hin, dass Immunsysteme selbst von einer gesunden Umwelt profitieren. Immunsysteme hingen nämlich von den Mikrobiomen auf unserer Haut und im Darm ab, die sich aus verschiedenen Viren und Bakterien zusammensetzten. Umweltgifte könnten das Mikrobiom beeinträchtigen.

Die WHO sieht auch einen Zusammenhang zwischen Ernährungssicherheit und One Health. Der Verlust biologischer Vielfalt könne die Agrarproduktion belasten – und zwar besonders, wenn Kulturpflanzen ihre Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge, Krankheitserreger, aber auch Dürre oder Hochwasser verlieren. Genetisch sehr einheitliche Nutzpflanzen sind besonders bedroht.

Die Autor*innen betonen, dass nicht alle Menschen den gleichen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind. Menschen mit höheren Einkommen hätten bessere Chancen, Krankheiten zu überleben, sich an Risiken anzupassen und Gefahren vorzubeugen. Das gelte entsprechend auch für ganze Gesellschaften. Höhere Einkommen und bessere Infrastruktur stärkten die Resilienz.

In diesem Sinne ist der „One Health“-Ansatz auch ein Appell, globale Ungleichheiten zu reduzieren. Konkret fordert die WHO unter anderem die Einschränkung von Konsum und Handel mit Wildtieren sowie präventive Maßnahmen gegen die Abholzung von Wäldern und die Zerstörung von Ökosystemen.

Link
WHO, Regional Office for Europe, 2022: A health perspective on the role of the environment in One Health.
https://apps.who.int/iris/handle/10665/354574

Isah Shafiq studiert Politikwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt und hat diesen Beitrag als Praktikant in der E+Z/D+C-Redaktion verfasst.
isahshafiq@web.de

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