Rechtsstaat

Höhere Investitionsneigung

Um Armut zu bekämpfen, muss die Privatwirtschaft gedeihen und Arbeitsplätze schaffen. Rechtssicherheit ist dafür eine wichtige Grundlage.
Arbeiterin in der Cracker-Fabrik des nigerianischen Familienunternehmens Beloxxi, an dem sich die DEG beteiligt. DEG/Thorsten Thor Arbeiterin in der Cracker-Fabrik des nigerianischen Familienunternehmens Beloxxi, an dem sich die DEG beteiligt.

Ein gutes Investitionsklima schafft Anreize für privatwirtschaftliche Akteure – vom Kleinstunternehmer bis zum multinationalen Unternehmen. Der Begriff „Investitionsklima“ umfasst die politischen, rechtlichen, ökonomischen und institutionellen Rahmenbedingungen, die unternehmerische Chancen und Risiken beeinflussen. Unternehmer legen Wert auf Verlässlichkeit, sodass unkalkulierbare Risiken sie tendenziell von Investitionen abschrecken.

Eine zentrale Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Rechtsstaatlichkeit und dem Schutz der Eigentumsrechte zu. Hierzu zählen beispielsweise Klarheit und Schutz der Landrechte, aber auch die Durchsetzbarkeit von Verträgen sowie möglichst geringe Korruption und Kriminalität. Investoren wollen sicher sein, dass sich Konkurrenten nicht durch Kontakte oder Geld Wettbewerbsvorteile verschaffen – und dass sie Verträge gerichtlich durchsetzen können, falls ein Geschäftspartner verbindliche Vereinbarungen nicht einhält.

Es kommt nicht nur auf die jeweiligen nationalen Gesetze an, sondern auch darauf, wie sie angewendet werden. Es gibt weltweit große Unterschiede sowohl in der Qualität des jeweiligen Rechtsrahmens als auch in der Rechtspraxis. Das Zusammenspiel von Judikative, Legislative und Exekutive ist vielschichtig. Grundsätzlich gibt es überall Differenzen zwischen dem, was „de jure“, und dem, was „de facto“ gilt. Intransparente, übertrieben komplexe oder mehrdeutige Regelwerke werden als erhöhtes Risiko wahrgenommen.

In privaten Verträgen können Partner vereinbaren, welches Recht angewandt werden soll. In der Folge können deutsche Gerichte für Investitionen in Afrika zuständig sein, denn es muss nicht automatisch das Recht des Investitionsstandortes sein. Insbesondere bei Unsicherheiten im Hinblick auf die Durchsetzung des lokalen Rechts kann die Vereinbarung einer anderen Jurisdiktion Unternehmern die Investitionsentscheidung erleichtern.

Je verlässlicher der Rechtsrahmen ist, desto wahrscheinlicher ist es jedenfalls, dass vielversprechende Investitionsideen auch verwirklicht werden. Rechtssicherheit bedeutet, dass sich Risiken besser abschätzen und eingrenzen lassen. Das gilt für alle Unternehmen, für heimische ebenso wie ausländische. Für ausländische Investoren stellt sich allerdings immer auch die Frage, ob sie auf dem fremden Markt auch fair behandelt werden.

Auslandsinvestitionen bringen eine Volkswirtschaft voran. Sie schaffen Arbeitsplätze, und häufig wächst auch das Produktangebot, sodass Verbraucher mehr Wahlmöglichkeiten haben. In Entwicklungsländern bedeuten Auslandsinvestitionen oft auch den Einsatz moderner Technologien, sodass Arbeitnehmer neue Fähigkeiten erwerben können. Zudem kann der Staat langfristig die Steuereinnahmen steigern.

Je geringer die Rechtssicherheit eingeschätzt wird, desto geringer ausgeprägt ist auch die Investitionsneigung. Somit macht Unsicherheit auch heimischen Unternehmen zu schaffen. Weniger Rechtssicherheit kann aber auch zu weniger Konkurrenz auf dem heimischen Markt führen, was lokale Unternehmen zu ihrem Vorteil nutzen können. Sie können dann höhere Preise verlangen und haben weniger Grund zur Sorge, dass qualifizierte Arbeitskräfte bei der Konkurrenz einen besser bezahlten Job finden. In der Praxis arrangieren sich Firmen in Ländern mit hoher Rechtsunsicherheit oft mit staatlichen Akteuren. Im Extremfall bedient dann nur noch ein einziges Unternehmen ganze Marktsegmente. Solche Monopolisten haben oft wenig Anreiz, neue, innovative Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Das ist für das Unternehmen angenehm, bedeutet aber für die Verbraucher große Nachteile und ist für die Volkswirtschaft als ganze schädlich.

Neben dem allgemeinen Rechtsrahmen spielen die spezifischen Regelungen und ihre Durchsetzung eine wichtige Rolle für Investitionsentscheidungen, etwa im Wettbewerbsrecht. Die Wettbewerbspolitik umfasst alle staatlichen Maßnahmen, die freie Konkurrenz aufrechterhalten und unlauteren Wettbewerb und Wettbewerbsbeschränkungen verhindern sollen.

Unstrittig ist, dass die Qualität von Institutionen sich sowohl auf das Einkommensniveau als auch auf die Einkommensverteilung auswirkt. Es ist kein Zufall, dass Rechtsstaatlichkeit positiv mit gesellschaftlichem Wohlstand korreliert (siehe Grafik nächste Seite). Ökonomische Studien belegen, dass bessere Rechtsstaatlichkeit zu höherer Investitionstätigkeit führt. Relevant ist unter anderem eine unabhängige und funktionstüchtige Justiz, die unparteiisch Recht spricht. Selbstverständlich müssen aber auch andere Behörden Chancengleichheit sichern, unbestechlich agieren und die Rechte aller Bürger und Unternehmen wahren.

Bei ihrem Gipfel in Hamburg 2017 beschlossen die G20 auf deutsche Anregung hin den „Compact with Africa“. Diese Initiative zielt darauf ab, die länderspezifischen Rahmenbedingungen zu verbessern, um privatwirtschaftliches und unternehmerisches Handeln anzustoßen. Eine stabile, berechenbare Politik sowie Schaffung der erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen sind Aufgabe der jeweiligen Regierung. Geberregierungen bieten dafür aber auch Rat und Unterstützung an, denn bessere und verlässliche Rahmenbedingungen führen langfristig zu mehr Investitionen, neuen Arbeitsplätzen und nachhaltigem Wirtschaftswachstum.


Christiane Rudolph leitet in der DEG die Abteilung Strategie und Entwicklungspolitische Grundsätze. Die DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft) ist die Tochter der KfW Bankengruppe, die Privatinvestitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern fördert.
https://www.deginvest.de

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