Handelspolitik

Mehr Fairness und Nachhaltigkeit

Der Welthandel braucht „faire multilaterale Regeln“, die „alle Aspekte der Nachhaltigkeit“ berücksichtigen. Diese Überzeugung vertreten prominente Sozialdemokraten und Wissenschaftler in einem Grundsatzpapier und sprechen sich damit gegen eine marktradikale Handelspolitik aus.
Weltweiter Handel braucht faire Arbeitsbedingungen und Löhne: Textilfabrik in Dhaka, Bangladesch. sb Weltweiter Handel braucht faire Arbeitsbedingungen und Löhne: Textilfabrik in Dhaka, Bangladesch.

Viele Menschen haben gegen die Pläne der EU zu Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) protestiert. Sie kritisierten nicht nur die intransparenten Geheimverhandlungen, sondern äußerten die Befürchtung, dass die Abkommen multinationalen Unternehmen zu große Macht verleihen würden. Arbeitnehmer- und Umweltrechte stünden hinten an. Die sozialdemokratischen Autoren teilen diese Sicht. Die Verhandlungen über TTIP liegen seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump auf Eis. CETA ist seit 2017 in Kraft.

Die Autoren des Papiers sehen Entwicklungsländer als benachteiligt. Sie stünden unter einem starken Wettbewerbsdruck. Niedrige Löhne und unmenschliche Arbeitsbedingungen gehörten zu den Folgen. Wertschöpfung finde kaum im eigenen Land statt, denn Produktionsprozesse mit hoher Wertschöpfung und entsprechend hohen Erträgen passierten vorrangig in reicheren Ländern.

Aus diesen Gründen fordern die Autoren eine Neuausrichtung der Handelspolitik. Sie sollte sich an der UN-Agenda 2030 mit den Zielen für Nachhaltigkeit (Sustainable Development Goals – SDGs) sowie dem Pariser Klimaschutzabkommen orientieren. Nötig seien die Regulierung der Finanzmärkte, eine Reform der Agrarpolitik und eine neue Entwicklungspolitik. Auf den Märkten sollten nur Güter gehandelt werden, die unter fairen sozialen und ökologischen Bedingungen und unter Wahrung der Menschenrechte erzeugt wurden.

Die Sozialdemokraten sehen die Welthandelsorganisation (WTO) als zentrale Instanz, die Regeln definieren, durchsetzen und überwachen sollte. Dabei müssten alle Länder, ob arm oder reich, gleichberechtigt am Verhandlungstisch Platz finden.

De facto seien die Entwicklungs- und Schwellenländer aber benachteiligt. Das ist ein Grund, weshalb die 2011 in Doha ins Leben gerufene Verhandlungsrunde kaum vorangekommen ist. Ihr Ziel war es, die Probleme der Entwicklungsländer zu berücksichtigen. Die USA und die EU gaben aber bilateralen Verhandlungen den Vorrang, weil sie hofften, ihre Interessen etwa in Hinsicht auf gesonderten Investorenschutz leichter durchsetzen zu können.


Ziele zur Verbesserung des Welthandels

Nach Ansicht der Autoren muss die EU die demokratischen Prozesse in der Handelspolitik stärken, gerade weil die USA unter Trump als Gestaltungsmacht ausfallen. Dazu müssten die Kontroll- und Entscheidungsrechte des Europäischen Parlaments bei Handelsverträgen ausgedehnt werden. Zudem sollten auch in nationalen Parlamenten handelspolitische Debatten geführt und Vertreter der Zivilgesellschaft eingebunden werden.

Die Regeln des Welthandels müssen aus Sicht der Sozialdemokraten im WTO-Kontext gestaltet werden. Diese sei auch die geeignete Überwachungs-, Durchsetzungs- und Streitschlichtungsinstanz. Bilaterale Verträge müssten zwingend WTO-konform sein, dürften also über WTO-Regeln hinausgehen, diese aber nicht konterkarieren. Die Autoren lehnen speziellen Rechtsschutz für ausländische Investoren durch internationale Tribunale ab. Sie sprechen sich auch dagegen aus, dass arbeits-, sozial- oder umweltrechtliche Auflagen juristisch als Handelshemmnisse gewertet werden können. Entgegen der bisherigen WTO-Praxis fordern sie derweil, die Ratifizierung der acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur Grundlage der multilateralen Kooperation zu machen.

Die SPD-Politiker schlagen vor, die Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands durch mehr staatliche Investitionen in Bildung, Verkehrsinfrastruktur, Digitalisierung und die Energiewende abzubauen.


Link
Friedrich-Ebert-Stiftung, 2018: Fair Play im Welthandel. Für eine sozialdemokratische Neuausrichtung der Handelspolitik.
http://library.fes.de/pdf-files/iez/14746.pdf

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