Kommentar

„Mehr Geld in Euren Taschen“

Anti-chinesische Rhetorik hat Michael Sata geholfen, in Sambia die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen. Sollte es ihm gelingen, die Bevölkerung vom chinesischen Engagement im Land stärker profitieren zu lassen, wird er neue afrikanische Maßstäbe setzen.


Von Anthony Mulowa

Bereits am Tag nach seiner Einführung ins Präsidentenamt gab Michael Sata dem chinesischen Botschafter Zhou Yuxiao einen Termin. Er teilte ihm mit, chinesische Investoren müssten sich an Sambias Arbeitsrecht halten und beispielsweise den Mindestlohn zahlen. Die Volksrepublik sei ein enger Verbündeter, aber es habe in der Vergangenheit Missverständnisse gegeben. „Wir begrüßen chinesische Investitionen“, sagte Sata, aber beide Seiten müssten von Geschäften profitieren.

Zhou versprach, bei der Durchsetzung des Arbeitsrechts zu kooperieren: „Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich die chinesischen Firmen an die Gesetze halten.“ Das Treffen hatte eine hohe symbolische Bedeutung. Beide Seiten wissen, dass sie zusammenarbeiten müssen, auch wenn das in einigen Punkten schwierig werden dürfte.

Im Wahlkampf äußerte sich Sata ausgesprochen kritisch über Chinas Einfluss in Sambia. Anfangs drohte er sogar mit dem Rauswurf chinesischer Investoren, drosselte seine Rhetorik aber später. Er beschuldigte chinesische Unternehmen, sambische Arbeiter schlecht zu behandeln. Satas Partei, die Patriotic Front (PF), warf den Chinesen zudem vor, Präsident Rupiah Banda und seine Partei MMD (Movement for Multiparty Democracy) finanziell zu unterstützen. Dessen Wiederwahl wäre in Sambia lebenden Chinesen und auch der Regierung in Peking bestimmt lieber gewesen.

Tatsächlich gab die MMD erstaunlich viel für den Wahlkampf aus. Sie verteilte T-Shirts, Fahrräder und Geld. Die PF riet ihren Anhängern, solche Geschenke an­zunehmen, aber keine Partei zu wählen, die Mittel, die eigentlich der Bevölkerung zustünden, derart verschwende. Sata kandidierte bereits zum vierten Mal für das Präsidentenamt; vor drei Jahren war er Banda knapp unterlegen.

In seiner Rede zum Amtsantritt stellte Sata eine „Ära wirklichen Wandels“ in Aussicht, welche die Lebensbedingungen im Land verbessern werde. Im Wahlkampf versprach er sicherzustellen, dass alle Sambier drei Mahl­zeiten pro Tag bekommen. In den ersten 90 Tagen im Amt werde er einen po­si­tiven Wandel anstoßen. Auf der Agenda steht unter anderem die Revision des Mindestlohns; bisher beträgt er nur umgerechnet 91 Dollar pro Monat. Ein beliebter Wahlslo­gan Satas war: „Mehr Geld in Euren Taschen.“

Für manche Angestellte chinesischer Firmen ist das schon wahr geworden, wie Journalisten im Geschäftsviertel von Lusaka erfuhren. Joseph Chanda, der in einem chinesischen Geschäft arbeitet, sagte zum Beispiel, er habe vor Satas Wahlsieg weniger als den Mindestlohn bekommen und seine Bezahlung habe sich seither auf umgerechnet 204 Dollar im Monat mehr als verdreifacht.

Satas anti-chinesische Wahlkampf­rhetorik kam gut an. Viele Bürger meinen, dass China von Sambias Ressourcen profitiert, das Land selbst jedoch nicht. Die Bergwerke hätten der Bevölkerung mehr gebracht, als sie noch vom Staat betrieben wurden, ist eine verbreitete Ansicht.

Die neue Regierung wird Druck auf die Minengesellschaften ausüben, damit Sambia mehr von seinen Ressourcen hat. Sie will das Steuerrecht überprüfen und einen Teil der Bergwerkserlöse beispielsweise für den Bau von Schulen, Straßen und Krankenhäusern verwenden. Um die Wahlversprechen einzulösen, wird mehr nötig sein als populistische Rhetorik.

Die neue Haltung gegenüber den Chinesen könnte derweil Schule machen. Der Vorwurf, Afrika sei zum Abladeplatz für Billigprodukte aus China geworden und die meisten chinesischen Dienstleistungen seien von geringer Qualität, ist auf dem ganzen Kontinent zu hören. Andererseits ist aber auch klar, dass China ein wichtiger Wirtschaftspartner ist, um den Afrika nicht herumkommt. Sollte Sata es schaffen, dass Sambias Bevölkerung mehr von der chinesischen Präsenz im Lande hat, wird das ganz Afrika aufmerksam zur Kenntnis nehmen.

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