Demokratie

Welche Zukunft im Kongo?

Mit 2 345 000 Quadratkilometern hat die Demokratische Republik Kongo die größte Fläche unter Afrikas Ländern, ist aber auch eines seiner ärmsten Länder. Anfang Dezember rissen die Wahlen des Präsidenten und eines neuen Parlaments die Narben jahrelanger Kriege wieder auf.

Mit 2 345 000 Quadratkilometern hat die Demokratische Republik Kongo die größte Fläche unter Afrikas Ländern, ist aber auch eines seiner ärmsten Länder. Anfang Dezember rissen die Wahlen des Präsidenten und eines neuen Parlaments die Narben jahrelanger Kriege wieder auf.

Nach zwei Anläufen legte die Unabhängige Nationale Wahlkommission (INEC) am 9. Dezember endlich vorläufige Ergebnisse der Präsidentschaftswahl auf den Tisch. Der Sieg des seit 40 Jahren amtierenden Präsidenten Joseph Kabila überraschte kaum: Er verbuchte 49 Prozent aller Stimmen, gegenüber 32,3 Prozent für Gegenspieler Etienne Tshisekedi. Die opposi­tionelle Union für Demokratie und sozialen Fortschritt (UDPS) beschuldigte die INEC im Vorfeld aber des massiven Wahlbetrugs. Laut UDPS existieren 55 Prozent der landesweit 64 000 Wahllokale nur auf dem Papier. Dem widerspricht der Leiter der Wahlkommission, Pastor Daniel Ngoy Mulunda.

Angst vor Chaos

Angesichts gemogelter Ergebnisse erklärte sich Tshisekedi rasch zum gewählten Präsidenten und schürte damit Angst, das Land könnte erneut ins Chaos stürzen. Tausende von Bürgern flüchteten vor absehbarer Gewalt aus Kinshasa über den Fluss ins benachbarte Brazzaville. Laut Human Rights Watch töteten Soldaten der Republikanischen Garde mindestens 18 Zivilisten, am Vorabend der Wahlen gab es Hunderte von Schwerverletzten. Die prekäre Lage prägte spürbar auch den Ausgang der Wahlen.

Nationale und internationale Wahl­beobachter sprachen von einem chaotischen Ablauf, auch wegen der verwirrenden Fülle von Kandidaten, sowie logis­tischer und technischer Probleme. Die internationale Gemeinschaft, die Wahlen im Jahr 2006 fast vollständig finanziert hatte, äußerte sich bedeckt. Das vom INEC eingesetzte, astronomische Budget von über einer Milliarde Dollar stammte diesmal weitgehend aus eigenen Mitteln des Staates.

Beobachter bestätigten im Dezember erhebliche Unregelmäßigkeiten. Laut Car­ter Center kamen viele Voten auf unglaubwürdigem Weg zustande. Die 70 unabhängigen Mitglieder der NRO des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter beanstanden, dass in der Hauptstadt Kinshasa 2000 Umschläge von rund 350 000 Wählern verlorengingen; dort hatte Etienne Tshisekedi gute Ergebnisse zu erwarten. Mindestens 1000 Wahlumschläge verschwanden in weiteren Hochburgen der Opposition.

Haarsträubend unwahrscheinliche Zahlen meldet das Carter Center auch aus Malemba Nkulu (Südkongo). Dort stimmten in 493 Wahlbüros angeblich 100 Prozent aller Bürger für Kabila, bei einer sagenhaften Beteiligung von 99,46 Prozent. Alle Beobachter sind sich einig über Unregelmäßigkeiten, hüten sich aber davor, das vom INEC ausgerufene Ergebnis formell nicht anzuerkennen. Der katholische Erzbischof von Kinshasa, Laurent Monsengwo, erklärte immerhin, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen entsprächen „weder der Wahrheit noch der rechtlichen Ordnung“.

Harte Überprüfung angekündigt

Etienne Tshisekedi hat bereits abgelehnt, den regierungshörigen Obersten Gerichtshof anzurufen. Ein Verzicht auf juristische Mittel könnte heißen, dass nur noch Gewalt bliebe, um sich gegen Wahlbetrug zu wehren. Deshalb ermahnte die internationale Gemeinschaft die Politik mehrfach zur Mäßigung, zu Gesprächen und zu legalen Maßnahmen gegen Fälschung.

Der Chefankläger des Internationalen Straf­gerichtshofes, Luis Moreno Ocampo, versprach eine strenge Überprüfung der Wahlen. Er warnte alle Parteien mit den Worten: „Gewalt ist kein Freischein an die Macht, Gewalt ist ein Freischein nach Den Haag.“ Präsident Kabila räumte gegenüber der Presse formelle Fehler ein – er halte die Datengrundlage aber für stichfest. Kurz vor Weihnachten (nach Redak­tionsschluss) sollte der Oberste Gerichtshof endgültige Ergebnisse anerkennen, um einen Präsidenten zu vereidigen. Etienne Tshisekedi beharrte darauf, gegen die Ergebnisse notfalls „außer Gericht zu streiten“.

Yahouza Sadissou

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