Weltentwicklungsbericht 2014

Chancen nicht verpassen

Wenn mit Risiken nicht gut umgegangen wird, führt das zu Krisen und verpassten Chancen. Der World Development Report (WDR) 2014 hält effektives Risikomanagement für unverzichtbar, um Entwicklung voranzutreiben.
Impfung schützt vor dem Risiko einer Erkrankungen: Mutter und Kinder in Bangladesch. Ron Giling/Lineair Impfung schützt vor dem Risiko einer Erkrankungen: Mutter und Kinder in Bangladesch.

Die Weltbank beansprucht, dass ihr jährlicher Weltentwicklungsbericht allen Interessierten ermöglichen soll, aus nationalen und internationalen Erfahrungen zu lernen. Im aktuellen Bericht geht es um Risikomanagement, um Leben zu retten, ökonomische Schäden zu verhindern und Chancen zu ermöglichen. Das gelingt in vielen Gesellschaften nicht im ausreichenden Maße. Aus Sicht der Weltbank hapert es an Ressourcen und Informationen. Die Wirtschaft funktioniere nicht richtig und öffentliche Güter kämen zu kurz.

Wissen und Information sind wichtig, denn auf ihnen beruhen Entscheidungen. Neue technische Möglichkeiten können dazu beitragen, dass sich Menschen vor Gefahren schützen. Impfungen reduzieren beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, krank zu werden, drastisch. Frühwarnsysteme können auf bevorstehende Erdbeben oder Flutwellen aufmerksam machen. Versicherungspolicen dienen derweil dazu, die ökonomischen Folgen von Bränden, Unfällen oder Krankheiten beherrschbar zu machen. 

In vielen Entwicklungsländern gibt es aber kaum eine offizielle Versicherungswirtschaft. Deshalb verlassen sich viele Menschen, wie die Autoren der Studie ausführen, auf teure und uneffektive Sparmaßnahmen. Sie kaufen beispielsweise Schmuck, um ihn in einer Notsituation verkaufen zu können.

Versicherungsunternehmen tun sich in Entwicklungsländern aus mehreren Gründen schwer.  Armut bedeutet, dass viele Menschen davor zurückschrecken, Geld für etwas auszugeben, was sie vielleicht nie brauchen werden. Obendrein gibt es kaum zuverlässige Statistiken, so dass die Unternehmen Risiken nur schwer kalkulieren können und tendenziell überteuerte Policen anbieten. Unter solchen Bedingungen wird, wie die Experten festhalten, die Finanzwirtschaft ihrer Rolle beim Risikomanagement nicht ausreichend gerecht. 


Für Risiken, die nicht mehr von Einzelnen getragen werden können, ist aus Sicht der Weltbank gesellschaftliches  Risikomanagement erforderlich. Schwere Schockereignisse – wenn beispielsweise der Ernährer des Haushalts krank wird – könne eine Familie allein nicht auffangen. Die Folgen einer Dürre könnten die Landwirte einer ganzen Region überfordern.

Der Staat kann, so der Weltentwicklungsbericht, für eine grundlegende soziale Sicherung sorgen. Er könne auch einzelne, individuelle Risikofälle absichern, etwa Schutzräume für Kinder oder Frauen bereitstellen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden. Wenn der Staat nicht gut funktioniere oder schwach sei, könne zivilgesellschaftliches Engagement Defizite ausgleichen. Wenn Mitglieder einer Gemeinschaft sich gut wechselseitig unterstützen, werden sie beispielsweise für einander Krankentransporte organisieren.

Oft schließen Unternehmen für ihre Mitarbeiter Lebens- oder Krankenversicherungen ab. In vielen Entwicklungsländern gibt es aber kaum formale Anstellungsverhältnisse; die Mehrheit der Erwerbstätigen arbeitet ungesichert im informellen Sektor.

Als Quintessenz stellt der Weltentwicklungsbericht fünf Prinzipen für staatliches Risikomanagement heraus:

  • Keine unnötigen Risiken eingehen: Die Politik sollte darauf abzielen, Risiken zu minimieren etwa indem sie gefährdete Bevölkerungsgruppen schützt oder für eine klare und effektive Staatsorganisation sorgt.
  • Anreize für Einzelpersonen und Institutionen schaffen, damit sie eigenständiges Risikomanagement durchführen: Gut gestrickte Sicherheitsnetze fördern dies.
  • Lang angelegte institutionelle Maßnahmen und Einsichtungen verringern Risiken: Eine allgemeine Gesundheitsversorgung oder der Bau von Schulen sind dafür positive Beispiele.
  • Flexibilität in einem gewissen institutionellen Rahmen zulassen: Ein Beispiel ist das dänische Modell der „Flexicurity“, wobei Arbeitnehmer leicht entlassen werden können, dafür aber von einem sozialen Sicherheitsnetz aufgefangen werden. Das trägt zu einer dynamischen Wirtschaft bei.
  • Schutz für die besonders Gefährdeten bei gleichzeitiger Förderung der Eigenverantwortung: Schwache Familien muss der Staat eventuell mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft gegen Risiken absichern, nur so ist eine nachhaltige Entwicklung möglich. Barbara Mayrhofer

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