Editorial

Verantwortung tragen

Die Delegationen aus der EU haben in Durban beim Klimagipfel gut gearbeitet. Es ist ein großer Erfolg, dass die USA, China und andere große Umweltsünder von 2020 an – vielleicht auch ein bisschen früher – Verpflichtungen akzeptieren, ihre CO2-Emission zu reduzieren. Als der Gipfel sich in Nachtsitzungen lange nach dem geplanten Ende dahinschleppte, war nicht mehr rauszuholen. Dennoch enttäuscht das Ergebnis, denn verbindliche Regeln lassen auf sich warten. Sie sollen bis 2015 formuliert werden und spätestens 2020 in Kraft treten. Uns stehen also acht Jahre Business as usual bevor – und das kann sich die Menschheit nicht leisten.

Je schneller die Emissionen global anwachsen, umso schneller muss der Wendepunkt kommen, von dem an sie wieder sinken. Sonst steigt die globale Erwärmung über zwei Grad im Schnitt und löst nicht mehr handhabbare Schäden aus. Wissenschaftlich ist das klar. Da die Emissionen tatsächlich schnell zunehmen, muss die Wende bald kommen. Zudem zeigen aktuelle Studien, dass der Klimawandel stärker ist als bisher angenommen. Dass das, was 2020 geschieht, zu wenig und zu spät sein wird, wissen wir also heute schon – acht Jahre vorher!

Keine Frage, die US-Regierung weiß, worum es geht. Präsident Barack Obama hat oft vom „Planeten in Gefahr“ gesprochen. Aber mächtige Wissenschaftsleugner im Kongress lähmen ihn. Diese selbsternannten Patrioten schaden dem Ansehen ihrer Nation und besonders deren internationalem Führungsanspruch.

Keine Frage, auch Chinas Führung weiß, worum es geht. Sie investiert eifrig in erneuerbare Energien, weigert sich aber immer noch, bindende Verpflichtungen einzugehen. Ihr Argument, die Volksrepublik sei arm und könne nicht dieselben Pflichten wie reiche Staaten tragen, klingt indessen allmählich hohl. Pro Kopf emittiert China mittlerweile mehr als sechs Tonnen CO2 im Jahr – das ist dreimal mehr als die zwei Tonnen, die im Schnitt jedem Erdenbürger zustehen. Sich hinter Indien (gut eine Tonne pro Person) zu verstecken, macht die Sache nicht überzeugender. Es stimmt, der deutsche Wert von neun Tonnen ist noch höher, aber Europa verspricht Einsparungen, und niemand sagt, China müsse exakt dieselben Quoten erfüllen. Derweil holt Chinas riesige Bevölkerung von 1,3 Milliarden Menschen die historische Ökoschuld des reichen Westens schnell auf.

Keine Frage, auch die Regierungen von Japan und Russland wissen, worum es geht. Diese Länder haben schon in Kyoto 1997 bindende Reduktionsziele akzeptiert. Jetzt sagen sie, sie könnten diese Politik nicht fortführen, wenn nicht alle anderen auch mitmachen. Vielleicht hoffen sie, dass die Weltwirtschaftskrise irgendwie vorübergeht und sie sich dann in normalen Zeiten wieder um das Klima kümmern können. Das wäre komplett fehlgeleitet. Normal ist mittlerweile der irreversible Klimawandel.

Die Technik für eine nachhaltige Energiezukunft ist bekannt. Erfreulicherweise wächst diese Branche bisher auch ohne globales Klimaschutzabkommen. Aber das reicht nicht. Um Unheil zu vermeiden, muss mehr geschehen. Politiker müssen auf nationaler Ebene handeln – und das ist auch der glaubwürdigste Weg, internationalen Druck auf die zu machen, die ihre Verantwortung immer noch scheuen.

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Von dieser Ausgabe an wird E+Z/D+C von ENGAGEMENT GLOBAL heraus­gegeben, der neuen Gesellschaft, die im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit ­zivilgesellschaftliches und kommunales Engagement fördert. Die Redaktion ­gratuliert zur Neugründung.

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