Haftbedingungen

Eingesperrt in der Hölle

In den Gefängnissen in Simbabwe herrschen menschenunwürdige Zustände. Unser Autor Jeffrey Moyo musste sie selbst erleben – denn auch um die Pressefreiheit steht es in Simbabwe schlecht.
Der simbabwische Journalist Hopewell Chin’ono im August 2020: Er wurde mehrmals verhaftet wegen „Verbreitung von Unwahrheiten“. picture alliance / AP / Tsvangirayi Mukwazhi Der simbabwische Journalist Hopewell Chin’ono im August 2020: Er wurde mehrmals verhaftet wegen „Verbreitung von Unwahrheiten“.

Die ersten Probleme gab es, als zwei Kollegen der New York Times, Christina Goldbaum und Joao Silva, am 5. Mai 2021 in Simbabwe ankamen. Nach der Landung ihres Flugzeugs in Bulawayo, der zweitgrößten Stadt Simbabwes, hielt man sie stundenlang fest. Ich wartete draußen mit ihren Presseausweisen, die ich bei der Zimbabwe Media Commission (ZMC), der Aufsichtsbehörde für die Ausstellung von Presseausweisen, beschafft hatte.

Nach einer langen Verzögerung durften sie einreisen. Doch drei Tage später nahm man sie wieder fest. Die simbabwischen Behörden teilten ihnen mit, dass es Probleme mit ihrer Presseakkreditierung gäbe und dass Teile der Regierung über ihre Anwesenheit in Simbabwe nicht glücklich seien. Die beiden wurden rasch ausgewiesen. In gewisser Weise hatten sie Glück. Denn dann geriet ich in den Fokus der Behörden.

Befragt von der Polizei

Etwa drei Wochen später, am 26. Mai, erschienen drei Beamte der Anti-Terrorismus-Einheit der Polizei in Harare bei mir zu Hause. Sie fragten mich, warum ich das Informationsministerium umgangen hatte, um Presseausweise für die Journalisten der New York Times zu beschaffen. „Wir wollen wissen, wie Ihre Kollegen akkreditiert wurden”, sagte einer der Polizisten.

Ich hatte keine andere Wahl, als mit ihnen auf die Polizeiwache zu gehen. Dort gingen die Fragen weiter: „Wen kennen Sie bei der ZMC?“, fragten die Polizisten. „Und warum arbeiten Sie für die New York Times statt für den Herald (eine staatlich kontrollierte Zeitung)?“

Ich beantwortete ihre Fragen, musste aber trotzdem die Nacht auf dem Polizeirevier verbringen. Ich teilte mir eine Zelle mit fünf anderen Häftlingen. Es stank nach Urin. Trotz der Kälte wurde ich gezwungen, Schuhe, Socken, Hemd und Pullover auszuziehen und behielt nur meine Jacke und Hose an. In dieser Nacht schlief ich auf dem Betonboden, da alle Decken vergeben waren. Ich musste mich dicht an andere Insassen pressen, um mich aufzuwärmen.

Überraschende Überstellung nach Bulawayo

Am nächsten Morgen brachten mich die Beamten nicht zu einer ersten Anhörung vor das Amtsgericht in Harare, sondern ins mehr als 400 Kilometer entfernte Bulawayo, wo mein Fall verhandelt werden sollte. Ebenfalls verhaftet und nach Bulawayo gebracht wurde mein Mitangeklagter, Thabang Manhika, ein Mitarbeiter der ZMC, der die Presseausweise für die Journalisten der New York Times bearbeitet hatte. „Das ist gut für uns; wir werden ein Tagegeld für die Reise bekommen“, sagte einer der Polizisten zu seinen Kollegen auf der Polizeiwache.

Meine überraschende Überstellung nach Bulawayo war ein Schock für meine Frau Purity und eine Schar von Journalisten, die vor dem Gericht in Harare warteten, um über meinen Fall zu berichten. Christina Goldbaum und ein ortsansässiger Journalist, Hopewell Chin’ono, hatten die Reporter informiert.

Im zentralen Polizeirevier von Bulawayo hielt man mich mit 17 anderen Gefangenen in einer kleinen Zelle fest. Ich schlief auf einem Betonboden ohne Decken, während der Geruch von Urin und anderen menschlichen Ausscheidungen mich würgen ließ. Leider lag ich direkt neben der Toilette. Ihr Gestank war die pure Hölle.

„Gefahr für die nationale Sicherheit“

Am nächsten Tag, dem 28. Mai, erschien ich vor Gericht in Bulawayo. Die Richterin Rachel Mukanga setzte einen Termin für eine Entscheidung über eine Kaution am 31. Mai fest und ordnete an, dass ich bis dahin im Gefängnis bleiben sollte. Am 31. Mai lehnte das Gericht eine Kaution ab und beorderte mich bis zum 10. Juni zurück ins Gefängnis.

Mukanga hatte entschieden, dass ich ein Fluchtrisiko und eine „Gefahr für die nationale Sicherheit“ darstellte. Als ich den Journalisten der New York Times mit ihrer Medienakkreditierung half, hätte ich gegen das simbabwische Einwanderungsgesetz verstoßen. Sie fügte hinzu, dass Simbabwes „Souveränität untergraben wurde, weil ausländische Journalisten Simbabwer ohne Erlaubnis des Informationsministers interviewten“.

Meine Anwälte stellten beim Obersten Gerichtshof einen Eilantrag, mich auf Kaution freizulassen. Derweil wurde ich im Zentralgefängnis von Bulawayo inhaftiert, einer 124 Jahre alten Einrichtung. Meine Zelle teilte ich mit 25 anderen Häftlingen. Sie hatte zwei winzige Fenster, die mit rostigen Drahtnetzen abgedeckt waren. Sie war mit einer schweren Holztür gesichert. Auch hier stank es nach Urin und Fäkalien aus der innenliegenden Toilette. Dazu kam der Rauch von geschmuggelten Zigaretten, die die anderen Häftlinge rauchten.

Von Läusen zerbissen

In den ersten drei Tagen hatte ich keine eigene Decke; es gab nicht genug für alle. Ein Mitgefangener, Onias Mavunge, bot mir eine stark zerrissene und verlauste Decke an, aber ich lehnte ab und schlief unbedeckt direkt auf dem Betonboden. Leider fanden mich die Läuse trotzdem – wir kämpften Tag für Tag gegen sie. Wenn die Zellen geöffnet wurden, standen die Häftlinge draußen und versuchten, die Läuse von ihren Kleidern und Decken zu klauben. Es war aussichtslos. Oft kratzten sich die Insassen an ihren Läusebissen.

Meine Frau reiste aus Harare an, um mich zu besuchen. Über Gefängnisbeamte ließ ich sie wissen, dass ich eine Decke brauchte. Mit Hilfe meiner Anwälte erlaubte man ihr, mir eine mitzubringen. 

Zum Frühstück bekamen wir einfachen Brei ohne Zucker oder Salz. Zum Mittagessen – um 15 Uhr – gab es gekochten getrockneten Spinat und anderes Gemüse sowie gekochte Bohnen ohne Salz oder Kochfett. In weniger als drei Wochen im Gefängnis von Bulawayo sank mein Gewicht von 78 auf 71 Kilogramm.

Gewalt im Gefängnis

Einmal hatte ich eine unangenehme Begegnung mit einer medizinischen Gefängnisbeamtin, die mich beim Test auf Covid-19 heftig ins Gesicht schlug. Sie war verärgert, weil ich mich auf dem Stuhl verlagert hatte.

Einer der Gefängnisbeamten bat die Insassen um Geduld. „Wir haben nicht genug Decken und unser Speiseplan lässt zu wünschen übrig“, sagte er. „Das liegt daran, dass unsere Wirtschaft nicht gut läuft. Wir hoffen, dass sich alles bessert, wenn die Wirtschaft sich erholt.“

Am 14. Juni dann erreichte mich eine Nachricht meiner Frau: Das Oberste Gericht in Bulawayo habe entschieden, dass ich gegen Kaution freigelassen werden könne. Allerdings war noch Papierkram zu erledigen. Meine Frau und mehrere Journalisten warteten in der Nacht des 14. Juni vor dem Eingang des Gefängnisses auf meine Freilassung. Aber ich musste einen weiteren Tag und eine weitere Nacht bleiben. Am Morgen des 16. Juni ließ man mich endlich frei.

Hoffnung auf mehr Pressefreiheit in Simbabwe

Dass ich meine Freiheit zurück habe, verdanke ich den Bemühungen vieler Menschen. Meine Anwälte, Freunde und Familie haben für mich gekämpft. Die New York Times, der Toronto Globe and Mail sowie Diplomaten und Medienkollegen in aller Welt haben Druck auf die Regierung von Simbabwe ausgeübt. Andere Häftlinge, die unter inakzeptablen Bedingungen leben müssen, verfügen nicht über solche Privilegien.

Im Februar wird der Prozess gegen mich fortgesetzt. Ich hoffe, dass am Ende die Pressefreiheit siegen wird und die Behörden meine Arbeit als Journalist respektieren.


Jeffrey Moyo ist Journalist in Harare.
moyojeffrey@gmail.com

 

Relevante Artikel

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.