Kommentar

Hoffnung für die Antarktis

Das Rossmeer vor der Küste der Antarktis ist zum größten Meeresschutzgebiet der Welt erklärt worden. Dieses Umweltschutzabkommen ergänzt den Antarktis-Vertrag, der 1961 in Kraft trat. Es kann anderen internationalen Umweltschutzinitiativen als Vorbild dienen.
Eis am Ufer des antarktischen Rossmeers. picture alliance/Minden Pictures Eis am Ufer des antarktischen Rossmeers.

Die Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis einigte sich Ende Oktober auf das äußerst wichtige Abkommen – gerade rechtzeitig zum 55-jährigen Bestehen des Antarktis-Vertrags, der selbst eine Erfolgsgeschichte internationaler Zusammenarbeit ist. Das Rossmeer liegt rund 3 000 Kilometer südöstlich von Neuseeland. Das Schutzgebiet beinhaltet eine Fläche von mehr als 1,5 Millionen Quadratmetern, mehr als ein Drittel der Größe der Euro­päischen Union.

Das Abkommen schreibt den Schutz vor menschlichen Eingriffen für die kommenden 35 Jahre fest, mit der Option auf Verlängerung. In den unberührten Gewässern sind nur Forschungsaktivitäten erlaubt. Die Schutzzone stellt eine wichtige Ergänzung des Antarktis-Vertrags dar, der sich auf das Gebiet südlich des 60. Breitengrades bezieht. Dieser legt Folgendes fest:

  • Die Antarktis darf nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden.
  • Wissenschaftler dürfen dort ihrer Forschung frei nachgehen.
  • Die Unterzeichnerländer versichern, keine Gebietsansprüche zu erheben.
  • Atomtests und die Lagerung atomarer Abfälle sind in der Antarktis verboten.

In den 55 Jahren seines Bestehens hat sich der Antarktis-Vertrag als Bezugspunkt für das nachhaltige Management eines globalen Gemeinschaftsguts auf kontinentaler Ebene bewährt. Nun stellt die Einrichtung der Schutzzone im antarktischen Rossmeer zusätzlichen maritimen Schutz sicher. Die Verwaltung des südlichsten Kontinents und seiner Gewässer kann somit andere Umweltschutzinitiativen inspirieren, vor allem vor dem Hintergrund des 2015 geschlossenen Pariser Klimaabkommens.

Was in der Antarktis passiert, geht zweifellos die Mehrheit der Weltbevölkerung an. Fast 50 Länder, in denen zusammen zwei Drittel der Menschheit leben, haben den Antarktis-Vertrag unterzeichnet. Seine Bestimmungen gehen weit über internationale Zusammenarbeit in vielen anderen Bereichen hinaus. Er legt beispielsweise fest, dass nur friedliche, wissenschaftliche Aktivitäten erlaubt sind und dass der gesamte Kontinent entmilitarisiert bleiben muss. Die Unterzeichner halten sich daran.

Kritiker beklagen, dass die Schutzzone im Rossmeer nur einen limitierten Teil der antarktischen Gewässer ausmacht. Es ist aber zu hoffen, dass andere Bereiche in Zukunft ähnlichen Schutz erfahren. Das würde auch Naturschutzbemühungen nördlich des 60. Breitengrades stärken, die derzeit im Gespräch sind, etwa das von Argentinien und Brasilien vorgeschlagene Walschutzgebiet.

Der Antarktis-Vertrag und das Abkommen über das Meeresschutzgebiet sind in der Öffentlichkeit bei weitem nicht so bekannt wie der Pariser Klimaschutzvertrag. Dabei hängen der Schutz der Antarktis und globaler Klimaschutz eng zusammen. Das Eis der Antarktis kann bis 2100 mehr als einen Meter zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen. Wenn die Treibhausgasemissionen – und damit die Erderwärmung – im gleichen Maße wie bisher zunehmen, werden riesige Eismassen ins Meer stürzen.


Walter Wuertz ist ein auf den Offshore-Bereich spezialisierter Geologe und lebt in Malaysia.
ww_9877@yahoo.com

Glenn Brigaldino ist entwicklungs- und handelspolitischer Berater in Kanada.
brigaldino.5542@rogers.com

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