Wasserinfrastruktur

Grundwasser in Subsahara-Afrika nachhaltig nutzen

In Subsahara-Afrika bietet die Erschließung von Grundwasser erhebliche Chancen für die sozioökonomische Entwicklung, vor allem in der Landwirtschaft. Allerdings mangelt es an Fachpersonal, Finanzierung und effektiver Verwaltung. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe unterstützt Partnerländer dabei, die Herausforderungen anzugehen.
Ein Mann vom Volk der Samburu in Kenia schöpft Grundwasser, um Kühe zu tränken. picture-alliance/ASSOCIATED PRESS/ Brian Inganga Ein Mann vom Volk der Samburu in Kenia schöpft Grundwasser, um Kühe zu tränken.

Grundwasserressourcen wurden in den vergangenen Jahrzehnten in verschiedenen Weltregionen massiv übernutzt, insbesondere durch die Landwirtschaft, etwa im Nahen Osten, am Mittelmeer, in Asien und in den USA. Sinkende Grundwasserstände und versiegende Quellen sind die Folge. Angesichts dieser Entwicklung haben Geberländer und -institutionen die ländliche Bewässerung mit Grundwasserressourcen zuletzt nur sehr zurückhaltend gefördert.

Dabei birgt eine intensivere Nutzung in vielen Ländern große Chancen. Sie kann zu Ernährungssicherung, wirtschaftlicher Entwicklung und Resilienz gegenüber der Klimakrise beitragen. Übernutzung lässt sich mit angepastem Wassermanagement und Governancemechanismen vermeiden.

Eine Region, für die sich solch eine differenzierte Betrachtung lohnt, ist Subsahara-Afrika. Hier wird nach Informationen des Britischen Geologischen Dienstes (BGS) im Schnitt weniger als ein Viertel des erneuerbaren Grundwassers für Trinkwasserversorgung, Landwirtschaft und Industrie genutzt. In einigen Ländern sind es sogar weniger als 10 Prozent. Gleichzeitig haben mehr als 400 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Dürren und Missernten verschärfen die Lage. Der Bedarf ist enorm.

Das 6. UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG – Sustainable Development Goal) lautet, die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle zu gewährleisten. Grundwasser als dezentrale Ressource kann dazu beitragen. In Städten lässt sich so die Wasserversorgung breiter aufstellen und in ländlichen Regionen ein Zugang zu Trinkwasser schaffen – ohne aufwendige Infrastruktur. Wie sich Potenziale der Grundwasserressourcen in Subsahara-Afrika nachhaltig ausschöpfen lassen, das untersucht ein Projektteam der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). 

Potenzial für Landwirtschaft

Erhebliches Potenzial besteht für die Landwirtschaft: In Subsahara-Afrika werden nach Zahlen der Welternährungsorganisation (FAO) lediglich drei Prozent der Ackerflächen bewässert, davon nur fünf Prozent mit Grundwasser. Der Großteil der Bewässerung erfolgt über Oberflächengewässer. Gebiete fernab großer Flussläufe oder Seen haben kaum Zugang zu Bewässerung und sind damit großen Dürrerisiken ausgesetzt – mit all ihren Folgen: Subsahara-Afrika weist weltweit die höchste Rate an Unterernährung auf. Viele Länder der Region sind auf teure Nahrungsimporte angewiesen.
Die landwirtschaftliche Bewässerung mit Grundwasser hat auch erhebliches volkswirtschaftliches Potenzial. Landwirtschaft ist für etwa 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Region verantwortlich und beschäftigt etwa 65 Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Eine erhöhte Bewässerungsrate kann zu erhöhtem Ertrag beitragen und damit zu Wirtschaftswachstum und neuen Arbeitsplätzen.

Gute Verfügbarkeit

Auch angesichts der Klimakrise gewinnt Grundwasser an Relevanz. Im Gegensatz zu Oberflächenwasser bleibt es nach regenreichen Perioden im Untergrund, in Hohlräumen im Gestein, gespeichert. Bei entsprechender Tiefe ist es dort vor Verdunstung und Verschmutzung geschützt. So steht es auch in extremen Trockenperioden, die aufgrund der Klimakrise voraussichtlich zunehmen werden, zur Verfügung. Nachhaltig genutzt, können Grundwasserkörper helfen, die Folgen wiederkehrender Dürren abzumildern. Das gilt auch für Wasserkrisen in Städten, wie sie zum Beispiel Kapstadt 2017 erlebt hat.

Zahlreiche Herausforderungen

Die Herausforderungen sind allerdings groß. Dazu zählt die fehlende Kenntnis der hydrogeologischen Bedingungen: In welcher Tiefe liegt das Wasser, welche Qualität hat es, und wie viel kann entnommen werden? Beobachtungsbrunnen sind oft entweder kaum vorhanden, funktionieren nicht mehr oder wurden seit Jahren nicht abgelesen. Daher mangelt es an detaillierten Daten über aktuelle Grundwasserstände.

Geologische Daten zu Grundwasserleitern sind aus vergangenen Forschungsarbeiten allerdings vorhanden. Wissenschaftler*innen der drei großen europäischen geologischen Dienste aus Frankreich (BRGM), Großbritannien (BGS) und Deutschland (BGR) fanden in ihren Archiven aus den vergangenen 150 Jahren viele Informationen. Diese liegen aber oft nur analog vor und müssen mühselig ausgewertet werden. Es wäre sinnvoll, sie zu digitalisieren – etwa mittels künstlicher Intelligenz (KI) – und lokalen Behörden zur Verfügung zu stellen. Mittels KI lassen sich aus diesen Daten möglicherweise auch Qualität und Verfügbarkeit des Wassers prognostizieren.

Defizite in der Bewirtschaftung

Nach Untersuchungen des UN-Umweltprogramms (UNEP – UN Environment Programme) sind die Kapazitäten zur Bewirtschaftung von Grundwasser in Subsahara-Afrika im Vergleich zu der von Oberflächenwasser deutlich schlechter. Dies führte dazu, dass Geldgeber und Planungsbehörden das Potenzial für die sozioökonomische Entwicklung bislang weitgehend unterschätzten oder sogar ignorierten.

Der afrikanische Wasserministerrat (AMCOW – African Ministers‘ Council on Water) forderte dagegen bereits 2018, Grundwasserressourcen zu entwickeln. AMCOW ist ein Gremium der Afrikanischen Union (AU) mit gut 50 Mitgliedsstaaten. Die BGR unterstützt AMCOW im Auftrag der Bundesregierung beim Aufbau eines strategischen Grundwasserprogramms. Dieses soll den AU-Mitgliedern dabei helfen, 

  • das sozioökonomische Potenzial ihrer Grundwasservorkommen zu erkennen,
  • Investitionen zu mobilisieren und
  • ihre Kapazitäten für eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung zu stärken.

Planungen für mehr Trinkwasser

Es ist dabei wichtig, den Wasserbedarf für die nationale Entwicklungsplanung der Länder mit Bewirtschaftungszielen zu verknüpfen. Dadurch werden die Ziele für den Ausbau der Trinkwasserversorgung, der landwirtschaftlichen Bewässerung oder anderer Aktivitäten wie Bergbau festgelegt – immer unter Berücksichtigung vorhandener Wasserressourcen. Um auch soziale und wirtschaftliche Entwicklungsziele zu erreichen, gilt es, die effektivsten Nutzungsarten zu identifizieren.

Für diese Art strategischer Planung hat AMCOW mit Unterstützung der BGR ein Planungsinstrument entwickelt und in Namibia getestet. Dieses soll in Zukunft Mitgliedsstaaten von AMCOW darin unterstützen, die Grundwasserressourcen für entwicklungspolitische Ziele wie Wassersicherheit, Ernährungssicherung und wirtschaftliche Entwicklung bestmöglich in Wert zu setzen. Hilfreich ist dafür auch ein makroökonomisches Modell des International Food Policy Research Institute (IFPRI), das die sozioökonomischen Auswirkungen der Grundwassernutzung prognostiziert. So lassen sich Effekte auf BIP, Arbeitsmarkt und Armutsreduzierung abschätzen.

Nachhaltige Grundwassernutzung umzusetzen erfordert erhebliche Investitionen, insbesondere in Infrastruktur und die Ausbildung von Fachkräften. Es ist daher wichtig, die Auswirkungen zu modellieren, um Finanzministerien und Investoren zu überzeugen.

Grundwasser wird in der Regel lokal bewirtschaftet und dezentral erschlossen. Darauf müssen Finanzierungsmodelle zugeschnitten sein. Die BGR arbeitet hierfür mit dem United Nations Capital Development Fund (UNCDF) zusammen, der auf die Finanzierung kommunaler und dezentraler Strukturen spezialisiert ist. So hat der UNCDF ein Konzept entwickelt, um Akteure und Finanzierungsbedarfe auf lokaler Ebene zu erkennen.

Oft fehlt auch ein effektiver rechtlicher Rahmen, beispielsweise Gesetze zur Verteilung und zum Schutz des Wassers. Selbst wenn solche Regeln existieren, ist ihre Durchsetzung keineswegs gewährleistet. Es mangelt zudem an Fachleuten und technischen Kapazitäten für die Erschließung, aber auch an effektiven Behörden.

Die Aus- und Fortbildung von Fachkräften und der Aufbau starker Institutionen ist daher zentral, um sicherzustellen, dass die Ressource Grundwasser zwar genutzt, aber nicht übernutzt wird. Die BGR unterstützt dafür in ihren Partnerländern lokale Behörden mit geowissenschaftlichem Know-how. In Sambia liegt der Fokus beispielsweise auf Fortbildungsmaßnahmen zum Brunnenbau an einer zertifizierten Ausbildungsinstitution.

Für externe Fachleute hat die BGR zusammen mit internationalen Partnern webbasierte Trainingsmodule für Grundwassermanagement und Brunnenbau erstellt. Die Trainings richten sich an Interessierte aus Wasserbehörden, NGOs und der Privatwirtschaft, aber auch Brunnenbauunternehmen.

LINKS
Online-Kurs: “Groundwater Resources Management”: https://cap-net.org/grm/
Online-Kurs: “Professional Drilling Management”: https://cap-net.org/pdm/

Johannes Münch arbeitet bei der BGR im Bereich Grundwasser für die Landwirtschaft.
johannes.muench@bgr.de

Ramon Brentführer ist Projektleiter bei der BGR.
ramon.brentfuehrer@bgr.de

Michael Eichholz ist Experte für Grundwasser-Governance bei der BGR.
michael.eichholz@bgr.de

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.