Wasserrechte

Fairer Zugang zu Wasser für alle

Viele Menschen weltweit, insbesondere marginalisierte Gruppen, verfügen über keinen gesetzlich geregelten Zugang zu Wasser. Die FAO (UN Food and Agriculture Organization) hat einen globalen Dialog über Wasserrechte angestoßen, um Prinzipien einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Wasserverwaltung zu erarbeiten.
Im Delta des Senegal-Flusses herrschen sowohl traditionelle Regeln als auch formelle Gesetze. Lamine Samake/FAO Im Delta des Senegal-Flusses herrschen sowohl traditionelle Regeln als auch formelle Gesetze.

Nach UN-Schätzungen leben mehr als 733 Millionen Menschen in Gegenden mit mindestens hohem Wasserstress. Das heißt, in diesen Gebieten macht die Entnahme von Süßwasser mindestens drei Viertel der dort verfügbaren erneuerbaren Süßwasserressourcen aus.

Die Landwirtschaft spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie ist laut UN weltweit für 72 Prozent der Wasserentnahmen verantwortlich. In vielen Ländern Afrikas und Asiens liegt die Zahl noch erheblich höher. Um den Bedarf der wachsenden Weltbevölkerung sicherzustellen, muss die landwirtschaftliche Produktion bis 2050 gegenüber dem Jahr 2012 um 50 Prozent wachsen, schätzt die FAO. Bessere Bewässerung ist dafür essenziell: Bislang werden nur etwa 20 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen weltweit bewässert. Auf ihnen wachsen aber 40 Prozent der Nahrungsmittel. Geht es weiter wie bisher, wird laut FAO der weltweite Wasserbedarf durch Bewässerungslandwirtschaft von 2012 bis 2050 um mehr als 30 Prozent steigen.

Unsicherer Rechtsstatus 

Vielerorts stellen kleinbäuerliche Betriebe die Ernährung sicher. Allerdings haben sie oft keinen Zugang zu Bewässerung oder kein verbrieftes Recht auf Wassernutzung. Ihr Zugang beruht häufig auf Gewohnheitsrecht, das nicht immer staatlich anerkannt ist. Gewohnheitsrechte regeln den Zugang zu natürlichen Ressourcen auf mehr als der Hälfte der Landflächen weltweit. In Subsahara-Afrika sind es bis zu 60 Prozent, schätzt die NGO Rights and Resources.

Auch innerhalb des staatlichen Ordnungsrahmens gibt es Konfliktpotenzial: Neben der Wassergesetzgebung greifen oft weitere Regelungen in die Nutzung der Ressource Wasser ein, etwa aus den Sektoren Energie und Umwelt. Vielerorts sind diese Gesetze aber schlecht aufeinander abgestimmt. Das erschwert die reibungslose Nutzung. Gleiches gilt für die beteiligten staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen.

Defizite existieren auch bei Wasserbilanzen. Sie sind nötig, um über nachhaltige Verteilung entscheiden zu können. Insbesondere der landwirtschaftliche Wasserbedarf lässt sich häufig nur ungenau abbilden.

FAO thematisiert Wasserrechte

Der rechtlich gesicherte Zugang zu Wasser ist existenziell für die Ernährungssicherung und die Lebensgrundlage von indigenen Völkern, marginalisierten Gruppen und kleinbäuerlichen Betrieben. Deshalb hat sich die FAO des Themas Wasserrechte in einer Reihe von Konferenzen, Publikationen und Fallstudien angenommen, insbesondere durch das Projekt „Knowing Water Better“.

In einer der wichtigsten internationalen Erklärungen zu Landrechten blieben Wasserrechte allerdings außen vor: Im Jahr 2012 verabschiedete der UN-Ausschuss für Welternährungssicherheit (CFS – Committee on World Food Security) die „Freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern“. Sie streben den Schutz der Rechte aller Landnutzer*innen an – ob auf Basis formaler Gesetze und Verordnungen oder von Gewohnheitsrecht oder Traditionen. Wasserrechte waren im Verhandlungsprozess ausgeklammert, weil es Bedenken gab, Wasser- und Landrechte gemeinsam zu verhandeln.

Globaler Dialog über Wasserrechte

Auf Basis der Ergebnisse des KnoWat-Projekts sowie der Arbeit von Zivilgesellschaft und Wissenschaft weltweit führt die FAO ihr Engagement mit einem mehrjährigen Projekt fort: Von 2022 bis 2026 findet ein globaler Dialog über Wasserrechte statt. Ziel ist die Diskussion über Prinzipien verantwortlicher Governance von Wasserrechten sowie über Leitlinien zur Umsetzung dieser Prinzipien auf staatlicher und lokaler Ebene. Daran nehmen internationale und nationale Behörden ebenso teil wie Vertreter*innen indigener Gruppen, der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und des Privatsektors. Beteiligt sind unter anderem das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und das German Institute of Development and Sustainability (IDOS).

Möglicher Meilenstein

Die Ergebnisse des Dialogs sollen auf globaler Ebene in einem Gremium wie dem CFS verabschiedet werden. Ähnlich wie die erwähnten Leitlinien zu Landrechten könnte die Weltgemeinschaft so einen Meilenstein im internationalen Wasserrecht erreichen. Dies wäre insbesondere für Gegenden wichtig, in denen Süßwasser aufgrund der Klimakrise oder des Bevölkerungswachstums knapp wird oder das Wasserangebot stark schwankt.

Eine erfolgreiche Umsetzung der Ergebnisse wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer gerechteren Verteilung natürlicher Ressourcen. Es wäre ein konkreter Beitrag zur Umsetzung der Menschenrechte auf Ernährung und Wasser sowie des 6. UN-Ziels für nachhaltige Entwicklung „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“. Das gilt insbesondere für Bevölkerungsgruppen, die bisher kein verbrieftes Recht auf die lebenswichtige Ressource Wasser haben.

Literatur

FAO Committee on Agriculture, 2022: 28th session: Governance of tenure of water resources for food and agriculture.
https://www.fao.org/3/nj011en/nj011en.pdf

Globaler Dialog über Wasserrechte der UN:
https://sdgs.un.org/partnerships/global-dialogue-water-tenure-0

Benjamin Kiersch ist Umweltingenieur. Von 2019 bis 2022 leitete er das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft finanzierte Vorhaben „Knowing water better – towards fairer and more sustainable access to natural resources” bei der FAO.
benjamin@kiersch.com

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