Tierschutz

Neues Zuhause für geschundene Wildtiere in Bolivien

Die 17-jährige Schülerin Sinikka Dombrowski hat einen Monat lang einen Freiwilligendienst in der Wildtierauffangstation Afasi im bolivianischen Tiefland gemacht.
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Ich stehe in der kleinen Küche, die zum „Kindergarten“ gehört, und schneide Obst und Gemüse klein. Die Schüssel für die Tukane steht schon bereit. Sie bekommen die kleinsten Stücke, obwohl sie die größten Schnäbel haben, und alles ohne Schale, weil die riesigen Schnäbel empfindlich sind. Auf einen Teller häufe ich Papaya, Rote Beete und Zucchini, das frisst das Brüllaffen-Mädchen Monet am liebsten. Der „Kindergarten“ ist der Ort, an dem die Jungtiere großgezogen und die Neuankömmlinge in Quarantäne gehalten werden. 

Das Afasi-Gelände rund 40 Kilometer nördlich der größten Stadt Boliviens, Santa Cruz, ist etwa 45 Hektar groß und beherbergt an die 320 Wildtiere. Afasi steht für „Amigos de la Fauna Silvestre“, übersetzt: Freunde der Wildtiere. Die Stiftung wurde 2009 von dem Schweizer Urs Büchler gegründet.

Afasi beherbergt verschiedene Affen- und Vogelarten, Wildschweine, Nasenbären, fast 200 Landschildkröten und einige Wildkatzen. Alle Tiere, die hier aufgenommen werden, wurden illegal als Haustiere gehalten und von einer staatlichen Organisation konfisziert. Illegaler Tierschmuggel ist ein großes Problem in Bolivien.

Fast jedes Tier bei Afasi hat eine schlimme Vorgeschichte. Es gibt einen Puma, den ein Alkoholiker als Haustier gehalten hatte und den dieser für eine Flasche Schnaps eintauschte. Oder einen Affen, den ein Paar sich zugelegt hat, weil es keine Kinder bekommen konnte. Ein Ozelot musste 15 Jahre seines Lebens in einem Käfig verbringen, der kaum größer als er selbst war.

Während meiner Zeit bei Afasi ist außer mir nur ein anderer Freiwilliger da: Simon aus dem Hunsrück. Wir wohnen in einer der Hütten auf dem Gelände. Unsere Terrasse ist komplett eingezäunt, weil die freilebenden Kapuzineraffen gefährlich werden können. Das Konzept von Afasi: Die Tiere sind frei, die Menschen hinter Gittern.

Simon, der dieses Jahres Abitur gemacht hat, will Zoologie studieren. „Deshalb wollte ich gerne mit Tieren arbeiten“, sagt er. „Außerdem ist die Natur hier sehr besonders.“ Das Schönste für den 19-Jährigen ist es, wenn ein Tier Vertrauen zu ihm gewinnt und keine Angst mehr vor ihm hat.

Leider fehlt es bei Afasi an allen Ecken an Geld. Alles wirkt ein bisschen schäbig, es gibt nur wenige Angestellte und keinen eigenen Tierarzt, der eigentlich dringend nötig wäre. Doch dank eines Fundraisings, das eine ehemalige Freiwillige aus der Schweiz organisiert hat, wird nun ein neues Pumagehege gebaut. Dort werden die vier Pumas viel Auslauf haben und ein einigermaßen artgerechtes Leben führen. In Zukunft will man bei Afasi auch geführte Touren anbieten, um Geld einzunehmen. Das große Gelände wird noch nicht vollständig genutzt. Doch der Platz wird sicher noch gebraucht, da es immer mehr Bewohner gibt. Nur die wenigsten Tiere können wieder ausgewildert werden, weil sie zu sehr an den Menschen gewöhnt sind.

Sinikka Dombrowski ist Abiturientin und lebte bis vor Kurzem mit ihrer Familie in Sucre, Bolivien.
sinikka.soriya.dombrowski@protonmail.com

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