Informeller Sektor
„Wenn du nicht die Lasten trägst, macht es jemand anderes“

Dieser Beitrag ist Teil einer Interview-Serie über Menschen, die in verschiedenen Ländern im informellen Sektor arbeiten, darunter ein Motorradtaxifahrer in Uganda, eine Haushaltshilfe in Indien, eine Lehrerin für Geflüchtete im Südsudan, ein Fischverarbeiter in Mexiko und eine Straßenhändlerin in Kenia.
Bitte stellen Sie sich kurz vor.
Ich heiße Fouzia Asinbe und komme aus Kundugu in der Upper West Region von Ghana. Ich bin 19 Jahre alt. In der sechsten Klasse habe ich die Schule aus finanziellen Gründen abgebrochen und bin nach Accra gezogen. Bücher und andere Schulsachen konnten wir nicht kaufen. Wir sind fünf Kinder, zwei Jungen und drei Mädchen, und nach dem Tod meines Vaters musste meine Mutter allein für uns sorgen. Sie ist Bäuerin und baut Mais, Erdnüsse und andere Feldfrüchte an, um uns zu ernähren. Aber die Lage im Norden ist sehr schwierig. Also beschloss ich, in Accra Geld für eine Ausbildung zur Friseurin zu verdienen.
Ich beschloss, als „Kaya“ zu arbeiten, so nennt man Leute, die Lasten auf dem Kopf transportieren. Freunde von mir, die schon länger in Accra waren, sagten mir, das Leben hier sei gut. Das stimmt, aber es ist auch sehr anstrengend. Es ist hart, ständig schwere Lasten zu tragen. Aber ich bin glücklich: Ich kann meine Miete bezahlen sowie Essen und andere Dinge, die ich brauche.
Manchmal bin ich aber auch den ganzen Tag unterwegs, ohne viel oder überhaupt etwas zu verdienen. An einem guten Tag verdiene ich 30 bis 50 Cedis (etwa zwei bis drei Dollar). Einen Teil davon gebe ich für Essen aus, den Rest spare ich. Manchmal gibt mir jemand Großzügiges 100 Cedis (etwa sechs Dollar) oder mehr.
Wo wohnen Sie?
Wir sind fünf junge Frauen und haben zusammen ein Zimmer gemietet. Darin liegt ein Teppich, darauf schlafen wir auf Matten oder Tüchern. Jede zahlt 70 Cedis (etwa vier Dollar) Miete pro Woche. Die Unterkunft ist gut, wir fühlen uns wohl. In der Nähe gibt es eine öffentliche Toilette und ein Bad. Baden kostet drei Cedis, auf eine private Toilette zu gehen, ein bis zwei Cedis.
Wie sieht ein normaler Tag für Sie aus?
Außer sonntags beginnt jeder Tag gegen zwei oder drei Uhr früh. Dann stehen wir Freundinnen auf und bereiten uns für die Arbeit vor. Wir nehmen unsere Behälter und laufen etwa 40 Minuten zu einem großen Markt. Dort halten wir Ausschau nach Kundschaft. Auf dem Markt ist schon früh viel los.
Wenn jemand meine Hilfe braucht, trage ich die Sachen an ihren Bestimmungsort und nehme, was sie mir geben. Wenn du die Lasten nicht trägst, macht es jemand anderes. Also bin ich froh, wenn ich es tun kann.
Deshalb bin ich hergekommen: Wenn du für dich selbst sorgen kannst, bist du nicht auf andere angewiesen oder musst dir einen Freund suchen. Die Arbeit ist hart, aber ich arbeite mich langsam hoch, um über die Runden zu kommen. Ich führe Buch über das Geld, das ich spare.
Wir sind oft in Gruppen unterwegs, um uns vor Jungs zu schützen, die Schlechtes im Schilde führen. Wir trennen uns erst, wenn wir am Markt sind. Ich arbeite den ganzen Tag, und wenn ich müde bin, ruhe ich mich auf einem schattigen Plätzchen aus. Gegen halb fünf oder fünf Uhr treffen wir uns wieder und gehen nach Hause. Dort sitzen wir zusammen und unterhalten uns, erzählen uns von den Erlebnissen des Tages und tauschen Erinnerungen an zu Hause aus.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Situation?
Das Leben in Accra ist nicht leicht, aber ich bin glücklich. Meine Freundinnen sind immer für mich da, besonders wenn ich in Geldnot bin. Wenn ich krank bin und nicht arbeiten kann, geben sie mir Geld für Medikamente. Manchmal ist es sogar schwierig, Essen zu kaufen. Auch wenn es nicht gut läuft und wir kein Geld haben, treffen wir uns, um über das Leben zu sprechen und miteinander zu lachen. In diesen Momenten liegt das Glück. Wir fühlen uns als Einheit. Ich liebe es, die Geschichten zu erzählen, wie wir zu Hause miteinander gespielt und uns dann wiedergetroffen haben.
Was könnte Ihre Lage verbessern?
Einmal war ich in einer schwierigen Situation. Auf der Suche nach Kundschaft fuhr mich fast ein Auto an. Ich wich aus und stieß mit einer Frau zusammen, die Eierkisten trug. Sie fielen zu Boden. Die Frau hielt mich fest und schwor, sie würde mich erst loslassen, wenn die kaputten Eier bezahlt seien. Als ich weinte, kam ein Mann und gab ihr das Geld.
Manche behandeln uns Kayayei, als wären wir keine Menschen. Sie beleidigen uns und sagen Sachen wie: „Du Dreckige, du badest nicht!“ Mir ist das egal, weil ich weiß, wofür ich kämpfe. Andere behandeln uns wie ihre eigenen Kinder und geben uns Geschenke und Geld.
Dasmani Laary ist Journalist in Ghana.
laarygna@gmail.com