Entwicklung und
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Unsere Sicht

Die Menschheit braucht Indigene Vorbilder

Indigene Lebensweisen haben jahrhundertelang widrigen Bedingungen standgehalten. Die Weltgemeinschaft muss sie besser schützen – und von ihnen lernen.
Das Werk „Aktivistin Mayalú Kokometi Waurá Txucarramãe” der Künstlerin Yacunã Tuxá ist eine visuelle Hommage an die Stärke und Widerstandsfähigkeit Indigener Frauen. Inspiriert wurde sie von der Aktivistin Mayalu Txucarramãe, einer lautstarken Stimme im Kampf für den Schutz des Regenwaldes und die Rechte Indigener Völker. Yacunã Tuxá
Das Werk „Aktivistin Mayalú Kokometi Waurá Txucarramãe” der Künstlerin Yacunã Tuxá ist eine visuelle Hommage an die Stärke und Widerstandsfähigkeit Indigener Frauen. Inspiriert wurde sie von der Aktivistin Mayalu Txucarramãe, einer lautstarken Stimme im Kampf für den Schutz des Regenwaldes und die Rechte Indigener Völker.

In allen Ländern dieser Welt gibt es Menschen, die zuerst da waren, die Wälder, Wüsten, Meere und Gebirge kannten und nutzten, lange, bevor der erste Besuch von anderswo kam. Nicht alle, aber viele dieser „ersten Völker“ haben bis heute überdauert. Ihre Nachfahren werden heute als Indigene bezeichnet. 

Es war der Kontakt mit anderen, der Indigene Menschen überhaupt erst als solche definierte – und der für sie seit jeher die Gefahr der Zerstörung barg. Das verdeutlicht schon der erste Definitionsversuch der UN-Arbeitsgruppe über Indigene Bevölkerungen von 1982, der heute noch immer ein Bezugspunkt ist. Als Indigene Bevölkerung bezeichnet sie „Nachfahren von Völkern, die das gegenwärtige Territorium eines Landes (…) bewohnten zu der Zeit, als Menschen (…) aus anderen Teilen der Welt dort ankamen, sie unterwarfen und durch Eroberung, Besiedlung oder andere Mittel auf einen untergeordneten oder kolonialen Zustand reduzierten (…)“.

Das Bewusstsein, Indigene Identität als etwas Eigenes und Schützenswertes zu leben, bildete sich also heraus in Abgrenzung gegenüber dem Fremden, das sie in den allermeisten Fällen aufzulösen versuchte. Das gilt bis heute und – in extremer Form – für die Völker, die nach wie vor in selbstgewählter Isolation etwa im Amazonas leben und damit den Schutz ihrer Lebensweise über die Annehmlichkeiten der modernen Welt stellen. 

Ein weiterer Teil der UN-Definition bezieht sich darauf, dass Indigene „heute mehr in Übereinstimmung mit ihren (…) Traditionen leben als mit den Institutionen des Landes, von dem sie nun Teil sind, unter einer staatlichen Struktur, die hauptsächlich die (…) Merkmale anderer Bevölkerungssegmente verkörpert, die vorherrschend sind“. Tatsächlich geht es für Indigene auch heute noch um die Bewahrung der eigenen Identität und Lebensform in einem Umfeld, das teilweise ganz anders lebt. 

Bedroht sind Indigene Gruppen aber auch durch die Ausbeutung von Indigenem Land und Leben, etwa für touristische Zwecke. 

Von Bali bis nach Benin werden mittlerweile „authentic Indigenous experiences“ versprochen. Dahinter kann sich die Teilnahme an inszenierten Ritualen ebenso verbergen wie Ausflüge in eigentlich geschützte Territorien. Eine solche Verwässerung erschwert es, vulnerable Indigene Gruppen zu identifizieren und zu schützen. 

Die wohl größte Gefahr für Indigenes Leben stellt der Kapitalismus dar: Unzählige Indigene Gemeinden auf der ganzen Welt können von Landnahme, Vertreibung oder gefährlicher Verschmutzung lebenswichtiger Ressourcen in ihren Territorien berichten, wenn Gold abgebaut, Wald gerodet oder Staudämme gebaut werden.

Der Verlust Indigenen Lebens ist auch für die sogenannte moderne Gesellschaft ein Problem. Denn eigentlich liegt es auf der Hand: Von jeder Lebensweise, die so lange, unter so viel Druck von außen und widrigsten Bedingungen überdauert hat, können und müssen wir lernen. Das zeigen nicht zuletzt die Geschichten und Stimmen der Vertreter*innen der Turkana, Santal, Maasai oder Mapuche, die neben vielen anderen im Schwerpunkt dieser Ausgabe  zu Wort kommen. 

Landrechte und Umweltschutz

Wo ist Julia Chuñil?

Wir müssen ihnen zuhören – um wiedergutmachen zu können, was ihnen über Jahrhunderte hinweg angetan wurde; um sie vor künftigem Leid zu schützen; aber auch um unserer selbst Willen. Angesichts der vielfältigen globalen Krisen benötigen wir mehr denn je resiliente Vorbilder, wie so viele Indigene Menschen es sind. 

Katharina Wilhelm Otieno ist Redakteurin bei E+Z/D+C und arbeitet zeitweise in Nairobi.. 
euz.editor@dandc.eu 

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