Globale Zivilgesellschaft

Bessere Partnerschaften

Zivilgesellschaftliche Akteure sind nicht damit zufrieden, wie Entwicklungshilfe läuft. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht bietet die Dachorganisation Reality of Aid (RoA) Network Verbesserungsvorschläge an.
Süd-Süd Kooperation bringt nicht allen etwas: Ein mosambikanischer Mann trägt ein Mao T-Shirt. Jörg Böthling/Photography Süd-Süd Kooperation bringt nicht allen etwas: Ein mosambikanischer Mann trägt ein Mao T-Shirt.

Zivilgesellschaftliche Organisationen (civil-society organisations – CSOs) sind Schwergewichte der globalen Entwicklungsarena – zumindest zahlenmäßig. Der Reality of Aid Report 2014 hebt hervor, dass CSOs „jährlich ungefähr 65 Milliarden Dollar verwalten“. Die Autoren erklären, dies sei „mehr als die Hälfte der realen öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA – official development assistance) im Jahr 2013“. „Real“ nennen die RoA-Autoren hierbei die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) berechnete Summe, von der sie Posten wie Studentenstipendien abziehen, die nicht direkt in Entwicklungsländer fließen.

Zum RoA-Netzwerk gehören CSOs aus Entwicklungs- , Schwellen- und Industrieländern. Dem Bericht zufolge wird das Potenzial von Partnerschaften mit CSOs noch nicht ausgeschöpft. Wirksame Entwicklungshilfe hänge jedoch von gut konzipierten Partnerschaften ab, betonen die Autoren. Deshalb stehe das Thema auf der Agenda der UN Millenniumsziele und spiele auch in der Diskussion über die Folgeagenda, der Sustainable Development Goals (SDGs), eine zentrale Rolle.


 Acht Prinzipien

Die Autoren beklagen, dass der Begriff Partnerschaft rhetorisch gern betont werde, darauf aber keine konkreten Handlungen folgten. Der Bericht nennt acht Voraussetzungen dafür, dass Partnerschaften gleichberechtigt gelingen:

  • Handeln muss den Menschenrechten entsprechen.
  • Nicht nur Staaten, auch der Privatsektor muss Menschenrechte und soziale Standards einhalten.
  • Ungleiche Machtverhältnisse zwischen verschiedenen Akteuren müssen angegangen werden.
  • Ein funktionierender Staat muss ein förderliches Klima für diverse Interessensvertreter schaffen.
  • Alle Akteure müssen über unabhängige Mechanismen und Institutionen rechenschaftspflichtig sein.
  • Um das Potenzial von CSOs zu auszuschöpfen, muss die nötige Finanzierung sowie die Partizipation an der Politikgestaltung stimmen.
  • SDG-Finanzierung muss sich an tatsächlicher Armut und Ungleichheit orientieren, nicht an beliebigen Durchschnittseinkommen.
  • Süd-Süd-Zusammenarbeit muss so gestaltet werden, dass sie armen und marginalisierten Menschen nutzt.

2011 hat das multilaterale Busan High-Level Forum zur Gründung der Global Partnership for Effective Development Cooperation (GPEDC) anerkannt, dass CSOs wichtig sind. Das RoA-Netzwerk bemängelt, dass dies bisher wenig Verbesserungen gebracht hat. Tendenziell blieben CSOs bei der staatlichen Zusammenarbeit, öffentlich-privaten Partnerschaften sowie der Süd-Süd Kooperationen außen vor. Der RoA-Report belegt das mit Fallstudien.

Der Bericht nennt aber auch positive Beispiele. In Mosambik werden CSOs zunehmend als „gleichberechtige Entwicklungspartner“ angesehen, schreibt Taurai Chiraerae von African Forum and Network on Debt and Development (AFRODAD) in seinem Beitrag. CSOs nähmen dort aktiv an politischen Entscheidungen teil. Das gelte auch für das Monitoring staatlicher Politik. Chiraerae betont, Regierungen und Geberinstitutionen könnten wirksame Partnerschaften bilden, wenn sie nur wollten.

Der RoA-Bericht würdigt auch die starke Rolle von CSOs in der Entwicklung von Bangladesch (siehe auch Artikel hierzu von Marianne Scholte). Es gibt dort aber Grenzen. Die Regierung akzeptiert keine CSO-Mitsprache, wenn es um Menschenrechte, Rechtssicherheit und gute Regierungsführung geht. Das erläutern in einem weiteren Beitrag Ahmad Swapan Mahmud und Farjana Akter von der CSO Voice aus Bangladesch.


Privatisierung der UN

Auch multilaterale Institutionen stoßen im RoA-Bericht auf Kritik. Die aktuelle Veröffentlichung erwähnt einen Trend zur „Privatisierung der UN Agenda“ . Ein Grund seien stockende ODA-Mittel, weshalb anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten – etwa durch Privatunternehmen – gesucht würden. Außerdem seien Entwicklungskonzepte zunehmend auf privatwirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet, warnen die Autoren. ODA-Konditionalitäten bezüglich Handelsliberalisierung, Investitionsschutz, Sparmaßnahmen und Steuern hätten der sozio-ökonomische Entwicklung der Philippinen Schaden zugefügt, schreibt Christopher John Chanco von IBON International, einer Stiftung mit Sitz in Manila. Zudem resultierten öffentlich-private Partnerschaften beim Ausbau der Infrastruktur oft in der Ausgrenzung armer Menschen.

Die Autoren bekräftigen die grundsätzliche Wächterrolle von CSOs. Ihrer Meinung nach kann es keine transparente multilaterale Politik geben, wenn zivilgesellschaftliche Akteure nicht kritisch die Arbeit internationaler Institutionen, Regierungen und anderer bedeutsamer Akteure prüfen. Sie finden es gut, dass einige Geberländer Wert auf demokratische Eigenverantwortung und Menschenrechte auch in Bezug auf Partnerschaften mit privaten Unternehmen in Entwicklungsländern legen. Der Bericht lobt Geber, die einen menschenrechtsbasierten Ansatz verfolgen, der beispielsweise bessere Arbeitsbedingungen und soziale Verantwortung in Unternehmenstätigkeiten oder steuerliche Pflichterfüllung anstrebt.

Süd-Süd-Kooperation wird immer wichtiger, berichten die RoA-Autoren. Sie weisen darauf hin, dass Schwellenländer wie Brasilien, China und Indien der GPEDC als Beobachter beigetreten sind, aber deren Regeln selbst nicht einhalten wollen. RoA-Koordinator Vitalice Meja stellt in Frage, dass Afrika wesentlich von Süd-Süd-Zusammenarbeit profitiert. Ihm zufolge führen solche Projekte oft dazu, dass arme und schutzbedürftige Menschen von ihrem Land vertrieben werden. Afrikanische Regierungen neigten jedenfalls dazu, solche Vorhaben zu beschließen, ohne zuvor der Öffentlichkeit Chancen zur Partizipation zu geben. Um Süd-Süd-Zusammenarbeit zu verbessern, müssten afrikanische Staaten ihre Gesetze reformieren und CSOs als feste Partner in Entscheidungsprozesse einbeziehen.

Dem RoA-Netzwerk zufolge haben Graswurzel-Organisationen lange Erfahrung und fundiertes Wissen bezüglich politischer und sozialer Dynamiken auf der lokalen Ebene. Wenn deren Wissen nicht genutzt wird, so warnt die Publikation, werden die SDGs nicht erreicht werden. CSOs aus Entwicklungsländern seien deshalb sehr wichtig.

Theresa Krinninger

Link:
Reality of Aid Report 2014:

http://realityofaid.org/roa_report/rethinking-partnerships-in-a-post-2015-world-towards-equitable-inclusive-and-sustainable-development/

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