Bürgerkrieg

Konflikt eskaliert in Kivu-Provinzen

Im Kongo töten Rebellen, Milizen und Re­gierungstruppen Berichten zufolge Zi­vilisten willkürlich, wenn sie sie für Sympathisanten der Feinde halten. Ange­sichts der erneut aufgeflammten Gewalt hat die internationale Gemeinschaft im November mehrere Gipfel abgehalten.


[ Sella Oneko ]

Alle Kriegsparteien geben vor, die Bevölkerung zu schützen, aber viele Dörfer erleben einen Angriff nach dem anderen, erst von einer Gruppe, dann von einer anderen. Alan Doss von den Vereinten Nationen beschuldigte drei konkurrierende Organisationen „schwerwiegender Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts“. Darüber warnten die UN vor einem neuerlichen Genozid in der Region – der Völkermord in Ruanda ist in den Köpfen der Menschen noch präsent.

Die Demokratische Republik Kongo (DRC) verzeichnet eine hohe Rate an sexua­lisierten Verbrechen. „Vergewaltigung ist Teil einer Kultur der Gewalt geworden“, sagt Jason Stearns von der International Crisis Group (ICG). „Die traditionelle Moral der Gesellschaft zerfällt.“

Die gegenwärtige Krise ist eng mit dem Völkermord in Ruanda im Jahr 1994 verbunden. Damals flohen Mitglieder von Hutu-Milizen über die Grenze in den Kongo und ließen sich im Osten des Landes nieder. Abkommen zur Entwaffnung dieser irregulären Truppen blieben ergebnislos – zwischen den regierungsnahen Einheiten (bekannt als Pareco) und Laurent Nkundas Tutsi-Rebellen vom „Nationalkongress für die Verteidigung des Volkes“ (CNDP) brach immer wieder Gewalt aus. Die jetzigen Unruhen wurden durch eine Großoffensive von Nkunda im Spätsommer ausgelöst.

Auch wirtschaftliche Interessen spielen eine Rolle. Der Kongo ist rohstoffreich, es gibt unter anderem Kupfer und Kobalt. Afrikanische, chinesische, amerikanische, europäische und australische Firmen verdienen an diesen Ressourcen. Wie es heißt, profitieren auch Uganda und Ruanda am illegalen Abbau. Wegen der politischen Instabilität und der weltweiten Wirtschaftskrise wird das Geschäft jedoch immer weniger attraktiv. Menschen in Kongos Nachbarländern fürchten, in das Gewaltgeschehen hineingezogen zu werden (siehe Kommentar S. 482).

Die internationale Staatengemeinschaft reagierte bis Redaktionsschluss nur zögerlich. Es ist offenkundig, dass weder die kongolesische Regierung von Präsident Joseph Kabila noch die Friedenstruppen der Vereinten Nationen (MONUC) mit 17 000 Soldaten die Region beruhigen können. Die UN diskutierten eine Truppenaufstockung um 3000 Soldaten. Allerdings misstraut die Bevölkerung der MONUC. Dazu haben Fälle von sexuellem Missbrauch, illegale Waffenverkäufe und die Unterstützung der Regierung, die viele für korrupt halten, beigetragen.

An einem Gipfeltreffen in Nairobi nahmen Kabila, UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sowie führende Politiker der Großen-Seen-Region teil. Sie berieten darüber, Friedenstruppen zu entsenden, falls nicht innerhalb eines Monats ein Waffenstillstand erreicht werde. Es wurde deutlich, dass Nkunda an Verhandlungen beteiligt werden muss.

Gehofft wurde zudem, dass Kabila und Ruandas Präsident Paul Kagame Gespräche aufnehmen könnten. Beiden Staatsoberhäuptern wird der Wille zur friedlichen Lösung abgestritten. Kongo beschuldigt Ruanda, Nkunda zu unterstützen und Rohstoffinteressen in den Kivu-Provinzen zu verfolgen. Nigerias ehemaliger Präsident Olusegun Obasanjo sprach als UN-Vermittler mit allen drei Akteuren. Nkunda sagte ihm die Beteiligung an Friedensverhandlungen sowie den CNPD-Rückzug aus bestimmten Gebieten zu.

Derweil kündigte Angola offiziell an, Truppen in den Kongo zu entsenden. Bei einem Gipfeltreffen der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrikas (SADC) in Johannesburg, an dem auch Kabila teilnahm, analysierten die Mitgliedsregierungen die Lage und betonten, dass die Stabili­sierung der Kivu-Provinzen von der Einhaltung bestehender Abkommen ab­hänge. Die UN wurden aufgefordert, ihre Friedensmission zu verstärken. Zudem wurde die Notwendigkeit humanitärer Hilfe betont.

Die Haltung der Europäischen Union blieb bis Redaktionsschluss unklar. Die Außenminister von Frankreich und Großbritannien hatten Nord-Kivu besucht und humanitäre Hilfe für die Region erwogen.

Relevante Artikel

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.