Social Media

Zukunftsweisend

Neue Medien machen heute globale Echtzeit-Diskussionen ohne lange Flugreisen möglich. Im Online-Netzwerk „Alumniportal Deutschland“ diskutieren Mitglieder jeden Monat ein neues Thema – über Ländergrenzen, Kulturen und Fachgebiete hinweg. Im September ging es um Klimawandel.

Als Ende September 2009 Manila so schlimm überflutet wird wie seit 40 Jahren nicht mehr, platzt ein Kollege mit einer Nachricht in das Online-Diskussionsforum: „Meine Stadt ist am stärksten betroffen!“ Jeciel Benavidez ergänzt: „Glück-­licherweise liegt unser Haus auf einer Anhöhe. Morgen muss ich sehen, wie ich hier rauskomme und Essen besorge.“

Benavidez hatte sich aktiv an der Dis­kussion zum Klimawandel beteiligt. Doch nun muss er, wie er seinen Partnern im Alumniportal Deutschland (APD), bei dem sich alle Interessierten registrieren können, schreibt, „erst mal persönlich mit den Auswirkungen des Klimawandels zurechtkommen.“ Dass Klimawandel alle angeht, wussten alle Teilnehmer; dass es einen von ihnen so unmittelbar treffen würde, hatten sie nicht erwartet.

Dabei spüren die meisten schon Folgen des Treibhauseffekts. Überflutungen verbreiten Seuchen, erzählt Ndapewa Hangula aus Namibia. In Kenia verhungern die Menschen, weil seit vier Jahren die Regenzeit ausgefallen ist, berichtet Esther Gacicio. Und Ali Mansour aus Jordanien nennt Wasserknappheit als eines der Hauptprobleme im israelisch-palästinensischen Konflikt.

Die Teilnehmer treffen sich im APD, um sich über den Klimawandel auszutauschen. Sie verbindet, dass sie in Deutschland gearbeitet oder studiert haben. Vor einem Jahr startete das gemeinsame Projekt von DAAD, Goethe-Institut, AGEF, GTZ/CIM und InWEnt. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und unter Führung von InWEnt wurde das Online-Netzwerk aufgebaut. Es bietet alle Möglichkeiten eines sozialen Netzwerkes plus Jobbörse. Seit August moderiert regelmäßig eine Fachkraft unter der Überschrift „Thema des Monats“ eine Gruppendiskussion.

Die besondere Stärke des APD ist, dass sich hier Menschen aus allen Ländern und Fachbereichen austauschen. An der Dis­kussion über Klimawandel beteiligten sich zum Beispiel Solarforscher, Tiermediziner, Gender-Aktivistinnen und Volkswirte von allen Kontinenten.

„Soziale Netzwerke sind eine zeitgemäße Form der globalen Interaktion und des gesellschaftlichen Engagements“, sagt Andreas Rechkemmer, der Moderator der Klimagruppe. Er ist Professor für Politikwissenschaften an der Universität Köln (Deutschland) und der Beijing Normal University (China). Rechkemmer und seine Mitarbeiterin Hanna Hüging von der Uni Köln haben mit Artikeln, Grafiken und Links der Diskussion einen fachlichen Input gegeben. Rechkemmer bleibt in Kontakt mit den Gruppenmitgliedern.

Das Diskussionsthema im November ist der Kopenhagener Weltklimagipfel. Die Teilnehmer werden diskutieren, wie ein neues, effektives Klimaregime aussehen könnte. Wie schwierig es ist, international sinnvolle Lösungen zu finden, verdeutlicht die Debatte im APD schon jetzt: Während Antje Schöne in Deutschland die Umwelt schonen will, indem sie das Auto öfter durch Zug und Rad ersetzt, findet Jeciel Benavidez in Manila Fahrradfahren viel zu gefährlich. Gerade seit den Überschwemmungen ist er froh, einen großen Geländewagen zu besitzen.

Jeciel Benavidez ist es auch, der beschreibt, wie das Klima-Leid des einen für andere die Rettung sein kann: Auf seiner Heimatinsel Catanduanes verwüsteten früher regelmäßig Taifune die Felder. Mittlerweile ist es dort ruhig geworden. Die Stürme schwenken mittlerweile meist vor Catanduanes in Richtung Taiwan oder Japan ab.

Eva-Maria Verfürth

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