Kommentar

Keine Hoffnung mehr für Simbabwe?

Erst herrschte Euphorie über den Wahlsieg der Oppositionspartei Movement for Democratic Change (MDC) bei den Parlamentswahlen in Simbabwe. Nun ist aber schon längst Ernüchterung und mit ihr der Schrecken über eine Welle an Gewalt gegen Oppositionsanhänger eingekehrt.

[ Von Beatrice Schlee ]

In Simbabwe ist ein Krieg gegen die Anhänger der Opposition ausgebrochen: Viele von ihnen wurden verhaftet, hunderte verletzt, 15 von Agenten der Regierungspartei ZANU-PF ermordet. Wäh­rend die einen in der Vergeltungsaktion namens Operation Makavhoterapapi – ein Shona-Wort für „Wo hast Du dein Kreuz gemacht?“ – vor allem in den ehemaligen ländlichen Hochburgen der Zanu-PF gezielt mit Gewalt attackiert werden, herrscht gegen alle anderen willkürliche Repression: Manche erzählen von „Foltercamps“. Dort halten so genannte Kriegsveteranen und Jugendmilizen öffentliche „pungwes“ ab, also nächtliche Versammlungen, die aus den Zeiten des Befreiungskampfes bekannt sind. Damals dienten sie der Indoktrinierung der Dorfbevölkerung – und so ist es auch heute. Die Bevölkerung wird gezwungen, bei Folterungen von Verwandten, Freunden und Nachbarn in Folge von Denunziationen zuzuschauen – auch Kinder im nicht wahlfähigen Alter gehören zu den Opfern. Dem, der sich weigert, droht Gewalt. Immer unerträglicher wird deshalb das Leben für die meisten Menschen: Denn zu der Gewalt kommt nun auch grenzenlose Hoffnungslosigkeit.

Seit den Wahlen am 29. März wartet die Bevölkerung und mit ihr die internationale Gemeinschaft auf das Ergebnis der Präsident­schaftswahl. Bislang gibt es aber nur Spekulationen: Einmal heißt es, Oppositionsführer Morgan Tsvangirai habe die 50 Prozent überschritten. Zum anderen heißt es, weder er noch Amtsinhaber Robert Mugabe hätten die absolute Mehrheit erreicht. Doch solche Spekulationen sind im Moment ge­gen­standslos. Denn in Simbabwe haben jetzt die Hardliner innerhalb des Militärs die Zügel in der Hand. Sie haben sozusagen „leise geputscht“. Seit Jahren schon werden wichtige Entscheidungen nicht im Kabinett, sondern im Joint Operation Command getroffen, das mit hohen Funktionären aus dem Militär, Geheimdienst und der Polizei besetzt ist.

Ende April war deshalb unklar, ob überhaupt noch die Notwendigkeit besteht, eine Stichwahl abzuhalten. Die Opposition hatte zwar vor Gericht geklagt – sie wollte die Veröffentlichung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahl erzwingen. Doch damit ist sie gescheitert. Durchgesetzt hat sich die Regierung damit, dass die Stimmen der Parlamentswahl in 23 Wahlkreisen neu ausgezählt wurden. Das Prozedere änderte die Mehrheitsverhältnisse nicht, bis Redaktionsschluss waren die Folgen nicht abzusehen.

Was wir beobachten konnten, ist deshalb eine Wiederholung der Wiederholung: Wieder zeigte die Regierung, dass sie nur ein Ziel hat – den Machterhalt. Und wieder schaute die internationale und vor allem die afrikanische Staatengemeinschaft untätig zu: Allen voran der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki. In ihm sehen viele den größten Verhinderer einer friedlichen Lösung in Simbabwe. Doch auch die Präsidenten Kongos, Mosambiks und Namibias sollen auf dem jüngsten SADC-Gipfel in Lusaka Mitte April Mugabe den Rücken gestärkt haben. Für deren demokratische Gesinnung spricht das nicht.

Wer jetzt noch darauf wartet, dass sich die Krise in Simbabwe von selbst lösen wird, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Seit dem Jahr 2000 leiden die Simbabwer unter einem beispiellosen wirtschaftlichen Niedergang. Sie suchten auf legalem und friedlichem Weg einen Ausweg aus der Krise. Doch das dankt ihnen heute niemand. Deshalb gilt: Wenn die Opposition nicht rasch neue Wege des Protests findet, werden die Menschen – angesichts einer bislang beispiellosen Welle der Repression – noch apathischer. Es scheint, als ob das Zeitfenster, das den Simbabwern für ihre Befreiung vom Mugabe-Regime gegeben wurde, fast geschlossen ist – vermutlich auf nicht absehbare Zeit.

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