Kommentar

Rückschlag für die Demokratie

In Gabun fanden am 27. August 2016 Präsidentschaftswahlen statt. Die staatliche Wahlkommission erklärte Amtsinhaber Ali Bongo Ondimba zum Sieger, die Opposition zweifelte das Ergebnis an. Da wichtige Institutionen von Bongos Verbündeten kontrolliert werden, kam es zu keiner Neuauszählung.
Gegner von Gabuns Präsident Ali Bongo demonstrieren während der UN-General­versammlung in New York im September vor dem UN-Sitz. Alexander Shcherbak/picture-alliance/dpa Gegner von Gabuns Präsident Ali Bongo demonstrieren während der UN-General­versammlung in New York im September vor dem UN-Sitz.

Die jüngsten Ereignisse erschüttern den Ruf der Stabilität, den sich Gabun in den vergangenen Jahren erworben hat. Sie offenbaren die Schwächen des politischen Systems des Landes. Mehrere Faktoren verdienen Beachtung.

Gabun ist ein kleines Land in der Mitte Afrikas mit einer Bevölkerung von rund 1,8 Millionen. Es verfügt über immense Ölvorkommen und zieht beachtliche ausländische Direktinvestitionen an. Sein Pro-Kopf-BIP gehört zu den höchsten in Afrika südlich der Sahara. Die Gewinne werden jedoch ungleich verteilt – der Großteil der Bevölkerung lebt in Armut.

Viele Menschen machen dafür El Hadj Omar Bongo Odimba verantwortlich, den Vater des Präsidenten, der von 1967 bis zu seinem Tod 2009 regierte. Ihm wird vorgeworfen, in seiner 42-jährigen Amtszeit ein kolossales Vermögen angehäuft und seine Familie sowie die Elite des Landes mit Privilegien ausgestattet zu haben, während der Rest des Landes in Armut verharrte.

Bongo Junior kam 2009 an die Macht, nachdem er bereits mehr als zehn Jahre lang Mitglied der Regierung seines Vaters gewesen war. Seine Wahl damals war von Spannungen begleitet, denn die meisten Gabuner sahen darin die Fortsetzung desselben ungeliebten Regimes. Jetzt sicherte er sich eine zweite siebenjährige Amtszeit. Kritikern zufolge werden damit die seit mehr als einem halben Jahrhundert bestehenden Machtstrukturen zementiert

Viele Menschen hatten gehofft, Jean Ping, der wichtigste Kandidat der Opposition, würde gewinnen und einen Wandel herbeiführen. Zwei Wochen vor der Wahl gaben zwei andere Oppositionskandidaten auf, um Pings Chance gegen Bongo Junior zu erhöhen. Beobachter gingen fest von einem Sieg Pings aus.

Aufgrund dieser Prognosen sah die Opposition in dem von der Wahlkommission verkündeten Ergebnis einen massiven Betrug. Dem offiziellen Ergebnis zufolge erhielt Bongo 49,80 Prozent der Stimmen, während Ping auf 48,23 Prozent kam. Diese Zahlen stimmten nicht mit denen überein, die Pings Lager aufgrund von Strichlisten aus dem ganzen Land ermittelte. Besonderen Zweifel äußerte die Opposition am Ergebnis der Provinz Haut-Ogooue, dem Kerngebiet der Ethnie Teke, zu der auch Bongo gehört. Angeblich gewann der Amtsinhaber dort 95 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 99 Prozent – während sie im Rest des Landes nur 59,46 Prozent betrug.

In der Hauptstadt Libreville und an anderen Ort kam es zu Protesten mit Zusammenstößen zwischen Anhängern der Opposition und Sicherheitskräften. Mehrere Menschen wurden getötet oder verletzt, Anhänger Pings festgenommen und die Nationalversammlung in Brand gesetzt.

Ping verlangte eine Neuauszählung aller Stimmen und die Veröffentlichung der Ergebnisse für jedes einzelne Wahllokal. Auch Frankreich, die EU und die USA forderten mehr Transparenz. Auf Druck der internationalen Gemeinschaft, sein Anliegen mit legalen Mitteln durchzusetzen, reichte Ping eine offizielle Beschwerde beim Verfassungsgericht ein, in der er das Wahlergebnis beanstandete und eine Neuauszählung in Haut-Ogooue forderte.

Das Gericht bestätigte Bongo jedoch am 24. September als Sieger, nun mit 50,66 Prozent der Stimmen. Es erkannte die von Pings Leuten eigereichten Strichlisten nicht als Beweismitteln an. Allerdings stellte es diverse Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung fest, einen Betrug, den es beiden Seiten anlastete. In den Tagen vor der Gerichtsentscheidung zeigten Sicherheitskräfte starke Präsenz in Libreville, um weitere Proteste zu verhindern.

All das wirft kein gutes Licht auf die Demokratie in Gabun. Die beteiligten Institutionen wie die Wahlkommission, das Verfassungsgericht und die Sicherheitskräfte stehen unter der Kontrolle der politischen Clique, die seit Jahrzehnten an der Macht ist. Unter diesen Umständen ist die Aussicht auf einen wirklichen politischen Wandel sehr gering. Die Menschen werden genau von den Institutionen unterdrückt, die eigentlich ihre Interessen sichern sollten.


Jonathan Bashi hat an der University of London’s School of Law promoviert und arbeitet jetzt als Berater und Juradozent in der DR Kongo.

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