Sustainable Development Goals

Lücken schließen

Die UN-Mitgliedstaaten haben eine neue Entwicklungsagenda beschlossen. Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) geben die Leitlinien für eine Entwicklung im Sinne von „Menschen, Planet und Wohlstand“ für die kommenden 15 Jahre vor. Die Ziele sind hochgesteckt und decken eine große Bandbreite wichtiger Themenfelder ab. Ihr Erfolg hängt von Finanzierung und Implementierung ab.
Dieser ruandische Kuhhirte ist einer von rund 800 Millionen Menschen, die noch immer in extremer Armut leben. kd Dieser ruandische Kuhhirte ist einer von rund 800 Millionen Menschen, die noch immer in extremer Armut leben.

Die UN-Mitglieder, die mit einer rekordverdächtigen Anzahl von Staats- und Regierungschefs vertreten waren, verabschiedeten das Dokument mit dem Titel „Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development“ am 25. September auf einem Sondergipfel in New York. Die SDGs sind das Nachfolgeprotokoll der auslaufenden Millenniumentwicklungsziele (Millennium Development Goals – MDGs), die die internationale Entwicklungspolitik über die vergangenen 15 Jahre leiteten. Die Agenda entstand im Laufe von zwei Jahren unter Beteiligung zahlreicher zivilgesellschaftlicher Organisationen. Sie soll vollenden, was die MDGs nicht erreicht haben.

Rund 800 Millionen Menschen leben nach UN-Angaben noch immer in extremer Armut und hungern. 40 Prozent der Weltbevölkerung sind von Wasserknappheit betroffen, mit zunehmender Tendenz. Rund 946 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu Toiletten. Und Geschlechtergerechtigkeit ist noch lange nicht erreicht, auch wenn Frauen stärker als früher in Parlamenten vertreten sind und mehr Mädchen zur Schule gehen. Dies sind nur einige der Lücken, die geschlossen werden müssen.

In der Präambel der Post-2015-Agenda heißt es, „die Beseitigung von Armut in allen Formen und Ausmaßen […] ist die größte globale Herausforderung und eine unabdingbare Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung“. Laut UN gehen die SDGs, die aus 17 Zielen (s. Kasten unten) und 169 Unterzielen bestehen, weit über die MDGs hinaus, da sie die Grundursachen von Armut angehen und niemanden ausschließen. An der MDG-Agenda hatte es unter anderem deshalb Kritik gegeben, weil sie Behinderte nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt habe. Die neuen Ziele hingegen betonen explizit Inklusion. Außerdem erkennen sie die Schlüsselrolle des Privatsektors – neben Staaten und der Zivilgesellschaft – für die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung an.

Ein weiterer wichtiger Unterschied besteht darin, dass die neue Agenda nicht nur Entwicklungsländer, sondern alle Länder betrifft. Die Industriestaaten müssen sich vor allem in den Bereichen Konsum und Produktion bewegen. Außerdem befördern ihre Wirtschaftssysteme oft Ungleichheit.

Laut Oxfam können die SDGs nur dann erreicht werden, wenn die Politik dafür sorgt, dass die Ärmsten am meisten von wirtschaftlichem Wachstum profitieren. „Ohne Strategien zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit werden im Jahr 2030 noch über 200 Millionen Menschen in extremer Armut leben“, warnt die internationale NGO. Die Gewinne aus wirtschaftlichem Wachstum sickerten nicht von selbst zu denen durch, die sie am dringendsten brauchen. Andere Kritiker bemängeln, dass die SDGs an der Vorstellung von Wirtschaftswachstum als Grundlage von Entwicklung festhalten. Sie sehen darin einen fundamentalen Widerspruch zum Prinzip der Nachhaltigkeit.

 

Erfolg hängt von Implementierung ab

Die Post-2015-Agenda ist zweifelsohne ambitioniert. Dank der Einbeziehung von Akteuren aus allen relevanten Bereichen deckt sie ein weites Themenspektrum ab. Ihr Erfolg wird an der Umsetzung gemessen werden. In diesem Zusammenhang ist auch Kommunikation wichtig. Viele Menschen haben nie etwas von den MDGs gehört. Damit die SDGs nicht das gleiche Schicksal trifft, haben die UN eine große „Global Goals“-Kampagne gestartet.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Evaluierung. Experten zufolge sind bessere Daten unabdingbar, um Fortschritte zu messen. Statistische Daten seien oft ungenau oder von Geberinteressen geleitet, sie würden zu spät veröffentlicht, oder sie berücksichtigten marginalisierte Gruppen wie ethnische Minderheiten, Frauen, Senioren oder Behinderte nicht. Nach Informationen der internationalen Lobbyorganisation One werden ein Drittel aller Geburten und zwei Drittel aller Todesfälle bei Neugeborenen und Kindern nicht registriert.

Viele wichtige Fragen sind noch offen, etwa wie Fortschritt gemessen werden soll und wer wofür Verantwortung trägt. Indikatoren für die Ziele werden derzeit entwickelt; bis März 2016 sollen sie vorliegen. Außerdem werden die einzelnen Länder ihre eigenen Indikatoren definieren.

Das Erreichen der SDGs steht und fällt mit zuverlässiger Finanzierung. 3 Billionen Dollar werden schätzungsweise jährlich benötigt. Der Aktionsplan, auf den sich die UN auf ihrer Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba im Juli geeinigt haben, bleibt jedoch eher vage und liefert keine verlässlichen Finanzierungsgrundlagen (siehe Kommentar von Bernd Bornhorst in E+Z/D+C e-Paper 2015/08, S. 43).

Während des SDG-Gipfels wurden Finanzierungszusagen gemacht. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon verkündete beispielsweise, dass Regierungen und internationale Organisationen mehr als 25 Milliarden Dollar zur Beendigung der Kinder- und Müttersterblichkeit versprochen hätten.

NGOs riefen die Länder dazu auf, verbindliche Zeitrahmen festzulegen, und wiederholten ihren Aufruf an die Industrienationen, endlich die lange zugesagten 0,7 Prozent ihres Wirtschaftsaufkommens für staatliche Entwicklungshilfe (official development assistance – ODA) auszugeben.

Katja Dombrowski


Links:

Die SDGs und relevante Themen:
https://sustainabledevelopment.un.org/topics

Oxfamstudie zu Ungleichheit und der Beseitigung von Armut:
http://oxf.am/ZmJR