Geschlechtergerechtigkeit

Frauen ermutigen, von E-Commerce in Afrika zu profitieren

Der afrikanische E-Commerce-Markt wächst schnell und bietet Frauen viele Chancen. Obwohl Unternehmerinnen dort bereits eine wichtige Rolle spielen, müssen immer noch viele Hindernisse beseitigt werden, damit sie die digitalen Plattformen optimal nutzen können.
Viele Frauen in Afrika nutzen E-Commerce, um Waren zu verkaufen. Jumia Viele Frauen in Afrika nutzen E-Commerce, um Waren zu verkaufen.

Adejumoke Olutayo ist Gründerin des Online-Lebensmittelgeschäfts Deeski.com in Nigeria. Die Mutter achtjähriger Zwillinge hat mit Online-Verkäufen auf einer der größten E-Commerce-Plattformen Afrikas ein florierendes Geschäft aufgebaut. Sie gründete das Unternehmen 2016. Mittlerweile beliefert Deeski.com alle Bezirke von Nigerias Hauptstadt Lagos und beschäftigt 14 Mitarbeitende in Vollzeit.

Adejumoke Olutayo ist kein Einzelfall. Der afrikanische E-Commerce-Markt wächst exponentiell. Das bietet Unternehmerinnen – von denen es in Afrika mehr gibt als Unternehmer – neue Möglichkeiten, ein Einkommen zu erwirtschaften.

Im Jahr 2020 steckten etwa 20 Milliarden Dollar im afrikanischen E-Commerce. Es ist der am schnellsten wachsende E-Commerce-Markt der Welt. Bis 2030 wird er voraussichtlich auf 84 Milliarden Dollar anwachsen. 2025 dürfte mehr als eine halbe Milliarde Menschen in Afrika online einkaufen. Die Zahl wächst seit 2014 jährlich um 18 Prozent und liegt deutlich über dem weltweiten Durchschnitt von zwölf Prozent. Die Covid-19-Pandemie hat den Trend beschleunigt und neue Kund*innen in den Online-Handel gebracht.

Der E-Commerce-Sektor bietet Unternehmerinnen verschiedene Möglichkeiten, um ihre Einnahmen zu steigern und die Leistungsfähigkeit ihres Unternehmens zu verbessern: Erstens können sie Einzelhandel betreiben, ohne Kapital für Ladenflächen aufbringen zu müssen. Zweitens bietet E-Commerce sofortigen Zugang zu vielen Käufer*innen, aber auch zu Marketing-, Zahlungs- und Logistikservices. So erhalten Unternehmerinnen die nötige Unterstützung, um schneller zu wachsen.

Mehr Flexibilität

Schließlich erlaubt E-Commerce den Frauen zeitliche und räumliche Flexibilität. Das ist wichtig, weil Frauen besonders viel Care-Arbeit leisten. Laut der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization – ILO) verbringen afrikanische Frauen mehr als dreimal so viel Zeit mit unbezahlter Care-Arbeit wie Männer.

Im Jahr 2021 machte die International Finance Corporation (IFC) eine Studie in Zusammenarbeit mit der Jumia Group und der EU-Kommission. Basis dieser Studie waren Daten zu Verkäufer*innen auf Jumia, einer der größten afrikanischen E-Commerce-Plattformen – in Kenia, Côte d’Ivoire und Nigeria. IFC ist Teil der Weltbankgruppe und auf den Privatsektor in Entwicklungsländern spezialisiert. Ziel der Studie war es, herauszufinden, wie sich die Chancen für Unternehmerinnen im E-Commerce verbessern lassen. Ergebnis: Der afrikanische E-Commerce-Markt könnte zwischen 2025 und 2030 um fast 15 Milliarden Dollar mehr wachsen, wenn Frauen dort genau so viel verkauften wie Männer (IFC, 2021).

Frauen spielen bereits eine wichtige Rolle im E-Commerce in Afrika. Auf der Plattform Jumia gehören ihnen 35 Prozent der Unternehmen in Côte d’Ivoire und 51 Prozent in Kenia und Nigeria. Vergleicht man die gemeldeten Unternehmen auf Jumia mit den Statistiken für das jeweilige Land, so sind auf Jumia die Unternehmen in Frauenhand stärker vertreten. Frauen nehmen also aktiv am E-Commerce teil.

Erfolg in männerdominierten Sektoren

Durch E-Commerce könnten Frauen in Bereiche vordringen, die bisher eher Männerdomänen waren – und in denen sich gut verdienen lässt. Das ist eine gute Nachricht, denn Geschlechtertrennung innerhalb solcher Bereiche ist eine der Hauptursachen dafür, dass Unternehmerinnen nicht noch profitabler wirtschaften. Laut einem Weltbankbericht erzielen Unternehmerinnen, die in Männerdomänen wechseln, im Schnitt höhere Gewinne als Unternehmerinnen in Frauendomänen (Weltbank, 2022).

Die Studie in Afrika hat das bestätigt. So hielten Frauen beispielsweise mehr als die Hälfte des Marktanteils im Segment Kleidung und Accessoires, erwirtschafteten aber nur ein Drittel des Bruttowarenwerts (Gross Merchandise Value – GMV) des Segments. Umgekehrt hielten sie etwa ein Drittel des Marktanteils im männerdominierten Elektroniksektor, erwirtschafteten dort aber zwei Drittel des GMV. E-Commerce kann Frauen daher in männerdominierten, ertragreichen Branchen Chancen eröffnen und das Wachstum und die Rentabilität ihrer Unternehmen fördern.

Hindernisse aus dem Weg räumen

Bis zur gleichberechtigten Teilhabe müssen Frauen in Afrika aber noch einige Hürden überwinden. Vor allem Probleme mit dem Internetzugang und fehlende digitale Kompetenzen hindern sie daran, vom E-Commerce zu profitieren. Schätzungen zufolge nutzen nur 24 Prozent der Mädchen und Frauen in Afrika das Internet, verglichen mit 35 Prozent der männlichen Bevölkerung. Außerdem fehlt es in Afrika an digitaler Kompetenz auf allen Ebenen, vor allem aber im mittleren und fortgeschritteneren Bereich, der entscheidend dafür ist, dass Frauen digitale Technologien nutzen können (Weltbank, 2021).

Diese Lücken zeigen sich daran, wie Frauen E-Commerce-Plattformen nutzen. Die Studie von IFC, Jumia und der EU-Kommission ergab, dass Frauen Angebote der Plattformen zu Schulungen und zum Business-Support eher schätzten als Männer. Eine Unternehmerin in Nigeria berichtete, sie nutze die Schulungen, um zu lernen, wie man Produktbilder hochlädt. Außerdem investieren Frauen seltener als Männer in bezahlte Werbung für ihre Produkte, und sie nutzen Funktionen wie Werbe- und Marketingservices nicht in vollem Umfang.

E-Commerce-Plattformen müssen Unternehmerinnen deshalb dabei unterstützen, zu lernen, das System mit all seinen Funktionen zu bedienen. Das wird nicht nur das Geschäft der Frauen ankurbeln, sondern auch den Plattformen zusätzliche Einnahmen verschaffen – durch die stärkere Nutzung ihrer kostenpflichtigen Werbedienste.

Finanzierung angehen

Die Finanzierung ist eine weitere Hürde für afrikanische Unternehmerinnen im E-Commerce. Die Probleme für Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen (KKMU) in Frauenhand sind bekannt. Nach Schätzungen der IFC beläuft sich die Finanzierungslücke für Unternehmerinnen in Entwicklungsländern auf 1,7 Billionen US-Dollar.

Die Forschung zu E-Commerce zeigt, dass über 80 Prozent der von Frauen geführten Unternehmen auf Jumia in Kenia, Côte d’Ivoire und Nigeria Kleinstunternehmen sind. Die meisten von ihnen sind zur Unternehmensgründung auf private Ersparnisse angewiesen. Frauen treten der Plattform in der Regel bei, um ein bereits bestehendes Geschäft zu erweitern. Nach der Gründung werden sie meist durch Familie und Freunde finanziert.

Fintech-Angebote wie etwa Kredit­services, die von E-Commerce-Plattformen verwaltet werden, können Verkäufer*innen Zugang zu kurzfristigem Betriebskapital verschaffen. Auf Jumia nutzen nur sieben Prozent der Frauen diese Option, im Vergleich zu elf Prozent der Männer, wobei die Kreditanfragen von Frauen eher genehmigt werden.

Frauen müssen aber nicht nur technologische und fachliche Hindernisse überwinden. Sie neigen auch dazu, Kredite nicht zu beantragen, weil sie ihr eigenes Unternehmen für weniger kreditwürdig halten (African Development Bank Group, 2019). Plattformen und Finanzinstitute können es sich zunutze machen, dass Frauen bereits auf diesen Plattformen aktiv sind. Sie können Frauen, deren Unternehmen in der Wachstumsphase sind, dazu ermutigen, Kredite zu beantragen, und sie in der Nutzung der Fintech-Angebote auf der jeweiligen Plattform schulen. So könnten die Frauen ihre Geschäfte ausweiten und ihre Umsätze steigern. Es könnte sie auch ermutigen, zusätzliche Finanzierungsquellen außerhalb der E-Commerce-Plattformen zu erschließen.

Frauen können mehr gewinnen als verlieren, wenn sie sich stärker am E-Commerce beteiligen. Der Abbau von Hürden beim Internetzugang, bei digitalen Kompetenzen und beim Zugang zu Finanzmitteln wird afrikanischen Unternehmerinnen helfen, von E-Commerce zu profitieren. Zugleich werden sie zum Wachstum des afrikanischen E-Commerce-Marktes beitragen. Eine Win-win-Situation.

Literatur

IFC, 2021: Women and e-commerce in Africa.
https://www.ifc.org/wps/wcm/connect/topics_ext_content/ifc_external_corporate_site/gender+at+ifc/resources/women-and-ecommerce-africa

World Bank, 2022: Breaking barriers: Female entrepreneurs who cross over to male-dominated sectors.
https://openknowledge.worldbank.org/handle/10986/36940

World Bank, 2021: Digital skills: The why, the what and the how.
https://thedocs.worldbank.org/en/doc/0a4174d70030f27cc66099e862b3ba79-0200022021/original/DSCAP-MethodGuidebook-Part1.pdf

African Development Bank Group, 2019: Women self-selection out of the credit market in Africa.
https://www.afdb.org/sites/default/files/documents/publications/wps_no_317_women_self-selection_out_of_the_credit_market_in_africa.pdf

Jaylan ElShazly ist Disruptive Technology acting Lead bei der IFC-Gruppe für Gender und wirtschaftliche Inklusion.
jelshazly@ifc.org

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