Staatsoberhaupt

Angst vor den Wählern

Demokratie muss auch während Krisen und nicht nur in guten Zeiten gewährleistet sein. Nigeria hat Präsidentschaftswahlen verschoben, während eine Terrororganisation zunehmend Macht im Land gewann. Viele Bürger bezweifeln, dass diese Entscheidung ihren Interessen dient.
Ein wütender Bürger in Abuja. Lekan Oyekanmi/AP Photo/picture-alliance Ein wütender Bürger in Abuja.

Der nationale Sicherheitsberater Kolonel Dasuki Sambo sagte es zuerst. Im Januar teilte er in London mit, Nigerias unabhängige Wahlkommission (Independent National Electoral Commission – INEC) solle den für den 14. Februar vorgesehenen Urnengang vertagen, denn sie könne nicht rechtzeitig ausreichend Dauerwahlscheine verteilen. Diese werden erstmals verwendet, um Wahlbetrug zu verhindern. Die INEC ließ wissen, sie arbeite schnell genug. 

Viele Nigerianer halten die Wahlscheinprobleme nur für einen Vorwand für die Wahlverschiebung. Selbst die regierende People’s Democratic Party (PDP) distanzierte sich zunächst von der Idee. Dennoch verkündete die INCEC am 7. Februar, es werde sechs Wochen später als vorgesehen am 28. März gewählt.

Die Wahlkommission stand offenbar unter Druck. Ihr Vorsitzender Attahiru Jega bestätigte, dass hochrangige Sicherheitsfunktionäre die Sorge geäußert hatten, es könne kein sicherer Wahlhergang garantiert werden. Zudem forderte das Militär sechs Wochen, um den Nord-Osten Nigerias von Boko Haram zu befreien.

Es folgte Empörung, aber zum Glück keine Gewalt. Nigerianer, die ihre amtierende Regierung abwählen wollten, waren enttäuscht. Schnell gab es Spekulationen über den eigentlichen Grund der Vertagung. Milde gesagt ist es merkwürdig, dass die selben Sicherheitsfunktionäre nur eine Woche vor der Ankündigung der Vertagung gesagt hatten, sie hätten die Lage im Griff. Warum haben sie ihre Meinung so schnell geändert?

Eine beliebte Theorie ist, Präsident Goodluck Jonathan und seiner Partei sei klar geworden, dass die schlechte Stimmung seinen Wahlsieg gefährdete. In sechs Jahren im Amtszeit hat Jonathan wenig erreicht, aber die Boko-Haram-Krise hat bislang unvorstellbare Dimensionen angenommen. Das Staatsoberhaupt zeigte jedoch kaum Interesse an den Schicksalen der Opfer. Am Tag nach einem Anschlag, der im April 2013 mehr als 80 Todesopfer forderte, tanzte er auf einer Wahlkampfveranstaltung in Kano. Als mehr als 200 Schulmädchen entführt wurden, reagierte seine Regierung inkompetent. Zehn Monate später sind die Mädchen immer noch nicht befreit worden. Es ist ärgerlich, dass das Militär vorgibt, das Problem Boko Haram in nur sechs Wochen lösen zu können, nachdem es dazu fünf Jahre lang nicht in der Lage war.

Den Daten der Wahlkommission zufolge lief die Wahlscheinverteilung gut, vor allem im Nord-Osten. Also war dort eine hohe Wahlbeteiligung zu erwarten. In der Region leiden die Menschen besonders, weil die Regierung sie nicht vor Boko Haram schützt. Die PDP wirft der INEC Parteilichkeit vor, weil sie Wahlscheine dort verteilte. Die PDP weckte indessen mit ihrem Vorschlag kein Vertrauen, provisorische, nicht-digitalisierte Wahlscheine zu verteilen. Diese leisten im Kampf gegen Wahlbetrug weniger.  

Auch mit  Korruption geht Jonathan arg lässig um. Er entließ zwar Zentralbankchef Sanusi Lamido, als dieser wissen wollte, wohin 20 Milliarden Dollar Staatsgeld verschwunden sind, für Korruption berüchtigte Beamte wurden aber nicht belangt.

Sicherlich ist Jonathan nicht für den niedrigen Ölpreis und dessen Folgen für Nigerias Wirtschaft verantwortlich. Er hat aber auch nicht viel getan, um die Wirtschaft zu diversifizieren und von diesem Rohstoff weniger abhängig zu machen.

Zur Wahl tritt Jonathan gegen den ehemaligen Militärherrscher Muhammad Buhari an. Dieser ehemalige General hat schon drei mal für das Präsidentenamt kandidiert, war aber kein ernstzunehmender Bewerber. Das ist jetzt anders. Buhari steht für Korruptionsbekämpfung. Viele Nigerianer haben die Nase von Politikern voll, die Staatsämter zur persönlichen Bereicherung nutzen. Es ist klar, dass Korruption einer der Gründe ist, warum die Sicherheitskräfte Boko Haram nicht Herr werden.

Sechs Wochen später zu wählen, wird den Wahlgang nicht sicherer machen und am   Ergebnis nichts ändern. Die Verschiebung hat der Welt aber gezeigt, dass  Nigerias Demokratie nicht mehr stabil ist.

 

Damilola Oyedele ist Korrespondentin von THISDAY, einer nigerianischen Tageszeitung. Sie lebt in Abuja.
damiski22@yahoo.com

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