Pressefreiheit

Hunderte Journalisten wegen ihrer Arbeit in Haft

Mehr Medienschaffende als je zuvor sitzen aufgrund ihrer Arbeit im Gefängnis, wie die Organisation Reporter ohne Grenzen berichtet. Für den Anstieg sind vor allem drei Länder verantwortlich.
Protest gegen die Verhaftung der Journalistin Rozina Islam in Bangladesch, 2021. picture alliance / abaca / Suvra Kanti Das / ABACA Protest gegen die Verhaftung der Journalistin Rozina Islam in Bangladesch, 2021.

Journalistinnen und Journalisten sind in vielen Ländern großen Gefahren ausgesetzt: Im vergangenen Jahr wurden 65 von ihnen entführt und 46 getötet. Zwei verschwanden spurlos. Insgesamt 488 Medienschaffende saßen zum Jahresende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis. Diese Zahlen berichtet die Organisation Reporter ohne Grenzen (Reporters sans frontières – RSF) in ihrer Jahresbilanz der Pressefreiheit 2021.

RSF hat nach eigenen Angaben noch nie so viele inhaftierte Journalistinnen und Journalisten verzeichnet – rund 100 mehr als im Vorjahr. Der Anstieg ist laut RSF hauptsächlich auf drei Länder zurückzuführen: Myanmar, Belarus und China. In Myanmar putschte das Militär im Februar 2021 (siehe Katja Dombrowski auf www.dandc.eu). Die Zahl der inhaftierten Medienschaffenden stieg daraufhin deutlich an, auf insgesamt 53. Im Vorjahr waren es zwei. In Belarus führte die umstrittene Wiederwahl des Machthabers Alexander Lukaschenko zu Protesten. Dort sind es 32 Inhaftierte gegenüber sieben im Vorjahr.

In China hat die Kontrolle Pekings über Hongkong zugenommen, insbesondere mittels des 2020 verabschiedeten sogenannten Sicherheitsgesetzes. Mindestens zehn Medienleute seien in der Folge inhaftiert worden, so RSF. China ist auch das Land mit den meisten inhaftierten Journalistinnen und Journalisten überhaupt (127) in der Jahresbilanz der Pressefreiheit. Es folgen Myanmar (53), Vietnam (43), Belarus (32) und Saudi-Arabien (31).

Dem Bericht zufolge wurden 30 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit vorsätzlich getötet, 16 weitere kamen in Ausübung ihrer Tätigkeit ums Leben. Die Gesamtzahl der Toten von 46 ist laut RSF die niedrigste seit fast zwei Jahrzehnten. Dies liege vor allem daran, dass sich die Lage in den Kriegsgebieten in Syrien, Irak und Jemen stabilisiere. Zu den vorsätzlich Getöteten zählen auch vier Frauen: die afghanischen Journalistinnen Shahnaz Roufi, Saadia Sadat und Mursal Vahidi kamen bei Anschlägen ums Leben, zu denen sich die Terrormiliz „Islamischer Staat“ bekannte. Die jemenitische Reporterin Rascha Abdallah al-Harazi wurde in der Stadt Aden mit einer Autobombe umgebracht.

Gefährliches Mexiko

Das Land mit den meisten getöteten Medienschaffenden ist allerdings kein Kriegsgebiet: Mexiko belegt diesen Platz im dritten Jahr in Folge, mit sieben Toten. In Gefahr seien insbesondere Lokaljournalisten, die über heikle Themen wie organisierte Kriminalität berichten, so RSF. „Da die Täter oft völlige Straffreiheit genießen und mutige politische Reformen seit Jahren ausbleiben, dreht sich die Spirale der Gewalt in Mexiko immer weiter“, heißt es im Report. Allein im Januar 2022 wurden in Mexiko vier weitere Medienleute umgebracht.

RSF führt in dem Bericht exemplarisch mehrere Fälle gravierender Verletzungen der Pressefreiheit und der Menschenrechte auf. Beispielsweise sitzt der schwedisch-eritreische Journalist Dawit Isaak gemeinsam mit seinen Kollegen Seyoum Tsehaye und Temesgen Gebreyesus seit mehr als 20 Jahren in Eritrea in Haft – unter menschenunwürdigen Bedingungen, wie RSF berichtet. Isaak habe nie seine Familie oder einen Anwalt sehen dürfen und sei in Isolationshaft gehalten worden.

In Vietnam hielten Behörden die Journalistin Pham Doan Trang mehr als ein Jahr lang ohne Kontakt zur Außenwelt fest, bevor sie wegen „Propaganda gegen den Staat“ zu neun Jahren Haft verurteilt wurde, wie RSF berichtet. Pham Doan Trang hatte 2019 den RSF-Press-Freedom-Award für besonders wirkungsvollen Journalismus gewonnen.

Die längste Haftstrafe unter allen Medienschaffenden – 175 Jahre – droht laut RSF dem bekannten Internet-Aktivisten Julian Assange. Er deckte auf der von ihm gegründeten Plattform Wikileaks US-Kriegsverbrechen auf. Die USA werfen ihm Spionage vor. Derzeit sitzt Assange in einem Hochsicherheitsgefängnis in London, seine mögliche Auslieferung an die USA beschäftigt die britischen Gerichte.


Link
Reporter ohne Grenzen: Jahresbilanz der Pressefreiheit 2021.
www.reporter-ohne-grenzen.de/jahresbilanz/2021


Jörg Döbereiner ist Redakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit/D+C Development and Cooperation
euz.editor@dandc.eu

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