Demokratie

Neugier siegt

Populistische Slogans sind oft widersinnig, weshalb offene und kritische Auseinandersetzung wichtig ist. Wer autoritäre Neigungen hat, schätzt aber unabhängiges Denken meist nicht.
Trump-Anhänger in Florida. Brynn Anderson/picture alliance/AP Photo Trump-Anhänger in Florida.

Donald Trumps außenpolitische Ideen sind offenkundiger Unfug. Das Versprechen des voraussichtlichen republikanischen Präsidentschaftskandidaten, entlang der südlichen Grenze der USA eine Mauer zu bauen, die Mexiko bezahlen wird, ist nur ein Beispiel. Es ist absurd, kommt aber bei manchen US-Bürgern gut an.

Leider sind Trumps andere Vorschläge meist nicht besser – und das gilt ähnlich für die Rechtspopulisten, die in Europa einen Aufschwung erleben. Die AfD will beispielsweise Deutschland aus der Euro-Zone führen, verschweigt aber, was die rasante Aufwertung einer neuen D-Mark für die Exportwirtschaft bedeuten würde.

Unsortiertes Gedankengut ist für autoritäre Politik typisch. Je weniger Bürger die grundlegenden Zusammenhänge verstehen, desto gefährlicher ist die Propaganda. Deshalb diskreditieren Populisten unabhängige Journalisten und schränken, wo sie können, die Medienfreiheit ein. Lesern in Entwicklungsländern ist das nur allzu klar.

Der Sozialwissenschaftler Stanley Feldman hat in den USA eine Methode entwickelt, um Menschen mit autoritären Neigungen zu identifizieren. Die vier Fragen, die er nutzt, betreffen nicht Politik, sondern Erziehung. Was ist für ein Kind wichtiger, fragt er, Respekt vor dem Alter oder Unabhängigkeit? Gehorsam oder Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten? Gute Manieren oder Neugier? Anständiges Benehmen oder die Fähigkeit, Anteil zu nehmen?

Wer den jeweils ersten Begriff wählt, bekennt sich implizit zu Hierarchie, Konformität und formaler Ordnung. Feldmans Fragen laufen natürlich nicht darauf hinaus, dass gutes Benehmen und Respekt unwichtig wären. Entscheidend ist aber, dass für eine aktive Zivilgesellschaft Selbstständigkeit und Einfühlungsvermögen wichtiger sind.

Feldmans Methode legt nahe, dass reiche Demokratien vor autoritärem Gehabe etwas besser geschützt sind als Entwicklungsländer, wo Hierarchien und Anciennität stärker betont werden. Unternehmensberater berichten, in deutschen Firmen wollten junge Leute heute als intelligente Individuen behandelt werden und würden schnell kündigen, wenn das nicht geschehe. Ähnliches wird auch aus anderen Industrienationen berichtet. Wer im Berufsalltag nicht herumkommandiert werden will, dürfte sich auch in anderen Lebensbereichen nicht ohne Weiteres unterordnen.

Beunruhigend ist jedoch, dass manche Menschen zwar verstehen, dass populistische Sprüche Quatsch sind, sie aber dennoch akzeptieren. Hierarchie und Konformität können leider ein Gefühl von Geborgenheit und Ordnung vermitteln. Deshalb fassen autoritäre Politiker manchmal auch in reichen Ländern Fuß. Dass Norbert Hofer von der FPÖ im Mai fast zum Bundespräsidenten Österreichs gewählt geworden wäre,  ist ein erschreckendes Beispiel.

Die Geschichte lehrt uns indessen, dass autoritäre Regierungen auch in Entwicklungsländern immer wieder scheitern. Die Sri Lanker haben vor einiger Zeit Maithripala Sirisena zum Präsidenten gewählt, anstatt Mahinda Rajapaksa, der zunehmend diktatorisch regierte, im Amt zu bestätigen. Auf den Philippinen, wo gerade der populistische Hardliner Rodrigo Duterte zum Staatschef gewählt wurde, haben „People’s Power“-Bewegungen einen autoritären Herrscher und einen korrupten Populisten davongejagt. In Burkina Faso hat eine Bürgerbewegung den Despoten Blaise Compaoré gestürzt. Sie wurde von jungen Leuten getragen, die es leid waren, gesagt zu bekommen, was sie denken sollen.

Hans Dembowski

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