Vereinte Nationen

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Das Klima-Abkommen von Paris ist ehrgeizig, wegweisend – und vertrackt. Die Staatengemeinschaft hat zwar beschlossen, die Erhöhung der Durchschnittstemperaturen weltweit auf „deutlich unter zwei Grad“ und möglichst sogar 1,5 Grad zu begrenzen. Aber der vereinbarte Maßnahmenkatalog reicht noch nicht einmal, um das alte, weniger ehrgeizige 2-Grad-Limit einzuhalten.
Demonstration für Klimaschutz in Paris während des UN-Gipfels. Alain Apaydin/abaca/picture-alliance Demonstration für Klimaschutz in Paris während des UN-Gipfels.

Fast alle Regierungen der Welt haben Pläne zur Reduktion von Treibhausgasen vorgelegt. Wenn alles implementiert wird, läuft das auf ein Plus von etwa 2,7 Grad hinaus. Dass alles implementiert wird, ist aber keineswegs sicher. Die Pläne heißen INDCs („intendend nationally determined contributions“ – beabsichtigte, national festgelegte Beiträge) und sind rechtlich nicht bindend. Das Pariser Abkommen verpflichtet Staaten nur dazu, INDCs vorzulegen, und zur transparenten Berichterstattung über deren Umsetzung. 

Das Abkommen stoppt also den Klimawandel nicht. Es kann aber dazu beitragen. Im Kern ist es ein verbindliches Abkommen, weiter über unverbindliche Pläne zu verhandeln. Dabei wird davon ausgegangen, dass alle Staaten ihre Ambitionen hochschrauben und dass öffentlicher Druck dazu führt, dass sie Vorhaben auch verwirklichen.

Wenn die bisherigen Trends anhalten, sind die Folgen des Klimawandels unbeherrschbar. Paris hat einen Rahmen geschaffen, der konsequenteres, aber freiwilliges Handeln auslösen soll. Für den Erfolg gibt es keine Garantie. Es kann aber gelingen. Dafür gilt es nun zu sorgen.     

Am wichtigsten ist die Beschleunigung der industriellen Revolution hin zu erneuerbaren Energien, die sich bereits abzeichnet. Die nötige Technik ist vorhanden, muss aber weiter verbessert werden. Gewaltige Investitionen sind nötig. Die Privatwirtschaft wird ihren Teil leisten müssen – ebenso wie die Politik. Regierungen und multilaterale Institutionen müssen Unternehmen davon überzeugen, dass sich Investitionen in den Wandel lohnen. Investorenzuversicht hängt dabei nicht von staatlicher Haushaltsdisziplin ab, sondern von dem politischen Willen zur Dekarbonisierung. Der muss sich auch in öffentlichen Ausgaben manifestieren - besonders in reichen Nationen. 

Es ist gut, dass die gesamte Staatengemeinschaft nun Verantwortung für das Klima akzeptiert. Die Industrländer dürfen aber nicht vergessen, dass ihre Glaubwürdigkeit von ihrem eigenen Verhalten abhängt. Indische Fachleute nervt es, wenn Gesprächspartner aus Nordamerika oder Europa ständig fordern, ihr Land solle Emissionen reduzieren, denn sie wissen, dass die USA pro Kopf rund zehn Mal mehr CO2 ausstoßen als Indien – und dass das deutsche Niveau um den Faktor fünf über dem indischen liegt. Wenn die etablierten Wirtschaftsmächte Länder wie Indien an Bord halten wollen, müssen ihre Leistungen überzeugen. Dass Indiens und Chinas Megastädte unter Smog leiden, der auf dieselben Energiequellen zurückzuführen ist wie CO2-Emissionen, wird aber auch helfen. Ihn zu reduzieren, ist ein großer Anreiz.

Derweil zeichnen sich die Auswirkungen des Klimawandels weltweit immer deutlicher ab. Das Thema gewinnt weiter an Bedeutung. Die Entwicklungspolitik und ihre Durchführungsinstitutionen werden ihre bisher schon beachtlichen Klimaprogramme nach Paris weiter aufstocken. Es besteht ein gewisses Risiko, dass dabei andere Anliegen an den Rand gedrängt werden. Es sind aber Gebermittel für die gesamte Agenda 2030 der Sustainable Development Goals nötig.

Hans Dembowski

 

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