Simbabwe

Das Ende einer Dynastie bedeutet noch keine Demokratie

Nach dem Rücktritt Robert Mugabes am 21. November haben die Menschen auf den Straßen gefeiert. Das Land ist seit 1980 unabhängig, doch seine Bewohner waren niemals wirklich frei. Politische Führer und das Militär haben ihre Rechte nie respektiert. Emmerson Mnangagwa, neuer Präsident und Chef der Regierungspartei, hat Demokratie versprochen, steht aber in Wirklichkeit für eine Fortsetzung der bestehenden Machtverhältnisse.
Emmerson Mnangagwa ist der zweite Präsident von Simbabwe. Chen Yaqin/picture-alliance/ZUMA Press Emmerson Mnangagwa ist der zweite Präsident von Simbabwe.

Mugabe regierte Simbabwe 37 Jahre lang mit eiserner Hand. Genozid, Wahlfälschung und die systematische Verfolgung von Medien, politischen Gegnern und Aktivisten prägten seine Herrschaft. Der politische und militärische Machtapparat unter dem Schirm der Regierungspartei ZANU-PF behandelte das Land im „Mugabismus“ wie sein Privateigentum. Seit der Jahrtausendwende haben Millionen Menschen Simbabwe wegen politischer Unterdrückung, wirtschaftlichen Niedergangs und einer dramatischen Verschlechterung der Lebensbedingungen verlassen.

Mugabe war der Antrieb und das Gesicht des Mugabismus, aber er handelte nicht allein. Mnangagwa stand 50 Jahre lang an seiner Seite. Er war einst sein Leibwächter und saß mehrere Jahre mit ihm zusammen im Gefängnis. Zusammen schalteten sie politische Gegner aus – wenn nötig, auch physisch.

Mnangagwa blieb Mugabe gegenüber in allen Machtkämpfen loyal. Unterdessen trieb er seinen eigenen Aufstieg voran. Er war seit der Unabhängigkeit immer Teil der Regierung und des staatlichen Sicherheitsapparats und koordinierte die meisten Wahlkämpfe der ZANU-PF. Wahlfälschung ging genauso auf sein Konto wie auf das Mugabes und des Militärs, das zunehmend aus den Kasernen heraus regierte.

In den 1980er Jahren war Mnangagwa als Minister für Staatssicherheit für das Massaker an mehr als 20 000 Angehörigen der ethnischen Minderheit der Ndebele verantwortlich. Dissidenten bezeichnete er als „Kakerlaken“ und die Schlächter der Armee als „DDT“, ein Insektizid. Der Kritik der katholischen Kirche begegnete er mit einer zynischen Verdrehung der Bergpredigt: „Selig sind, die den Gesetzen der Regierung folgen, denn ihre Tage auf Erden werden vermehrt. Doch wehe denen, die den Weg der Zusammenarbeit mit Dissidenten wählen, denn deren Zeit auf Erden werden wir verkürzen.“

Es ist kein Zufall, dass Mnangagwa „das Krokodil“ genannt wird. Auf Shona, der am weitesten verbreiteten Sprache in Simbabwe, heißt Krokodil „ngwena“, und der Begriff wird mit Verstohlenheit und Rücksichtlosigkeit assoziiert. Mnangagwa ist stolz darauf, sich seinen Spitznamen „verdient“ zu haben. Das hätte als Warnung an Mugabe aufgefasst werden können – schließlich schnappt ein Krokodil zu, wenn es angegriffen wird. Aber den alternden Herrscher schienen seine einstigen Talente als gerissener Stratege verlassen zu haben. Er wurde zusehends von seiner 40 Jahre jüngeren Frau Grace ferngesteuert, die wegen ihres Faibles für Luxusartikel auch „Gucci Grace“ genannt wird. Die machthungrige First Lady entwickelte sich zu Mnangagwas ernsthaftester Rivalin für Mugabes Nachfolge.

Mnangagwas Rausschmiss, der die Krise ausgelöst hatte, rief das Militär – das Rückgrat des Mugabismus – auf den Plan. Die Offiziere fürchteten, unter Grace ihre Macht zu verlieren. Das Krokodil war ihr Mann und der Garant für eine Fortsetzung der bestehenden Machtverhältnisse.

Als das Militär die Macht im Land übernahm, betonte es, dass es sich nicht um einen Putsch handele, sondern um eine „parteiinterne Angelegenheit“. Nach Mugabes Rücktritt setzte die Armee eine neue Regierung ein, die das Vertrauen derer genoss, die Macht haben, ohne politische Posten zu bekleiden. Die Generation der Unabhängigkeitskämpfer hat sich bis auf weiteres gegen die Emporkömmlinge durchgesetzt, die eine Bedrohung ihrer persönlichen Interessen darstellen.

Das Ende einer Dynastie bedeutet noch keine Demokratie. Öffentlich hat Mnangagwa „vollständige Demokratie“ versprochen. Doch gegenüber Parteimitgliedern der ZANU-PF sagte er, die Karawane werde weiterziehen, auch wenn die Hunde bellen. Ein Sprichwort besagt: Ein Leopard kann seine Flecken nicht ändern. Bleibt die Frage, ob ein Krokodil aus seiner gepanzerten Haut herauskann.


Henning Melber ist Senior Research Associate am Nordic Africa Institute und Extraordinary Professor der Universitäten in Pretoria und Bloemfontein.
henning.melber@nai.uu.se