Migrantinnen

Höhen und Tiefen eines Einwandererlebens in Deutschland

In Deutschland leben rund 21 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund und mehr als 11 Millionen Menschen mit ausländischem Pass. In manchen Großstädten hat bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung einen nichtdeutschen Hintergrund. E+Z/D+C-Redakteurin Sabine Balk sprach mit drei Einwanderinnen aus Frankfurt über die Beweggründe, warum sie nach Deutschland kamen, ihr Leben und ihre Zufriedenheit im Land. (Teil 3)
Giselle Zenga sb Giselle Zenga

Als ich mein Portugiesisch-Studium für Lehramt in Argentinien abschlossen hatte, wollte ich Europa kennenlernen und bin mit einem Stipendium ein Jahr nach Portugal gegangen. Das hat mir sehr gut gefallen. Als ich in Buenos Aires zurück war, habe ich meinen zukünftigen Mann kennengelernt, der ebenfalls Europa bereist hatte und dorthin zurückgehen wollte. Wir beide hatten das Gefühl, dass du dir in Argentinien keine Zukunft aufbauen kannst. Die Lage im Land mit all den Wirtschafts- und politischen Krisen macht es unmöglich. Das ist übrigens heute noch so. Es war einfacher für uns, nach Deutschland zu gehen und dort verlässliche Pläne zu machen und in festen Strukturen zu leben. In Argentinien weißt du nie, was auf dich zukommt. Die Menschen gewöhnen sich zwar an diesen Zustand. Aber ich beobachte, dass die Argentinier ständig gereizt und gestresst sind.

So bin ich mit 26 Jahren nach Deutschland gegangen, obwohl ich kein Deutsch gesprochen habe. In Hamburg hatten mein Mann und ich entfernte Bekannte, bei denen wir erst mal unterkommen konnten. Die Idee war, später weiter nach Spanien zu gehen. Das hat sich aber ziemlich schnell zerschlagen, und es hat uns so gut hier gefallen, dass wir bleiben wollten.

Ich habe dann ein Studienvisum beantragt, weil ich in Deutschland auf jeden Fall weiterstudieren wollte. Mein Mann wollte in der Reisebranche arbeiten. Zuerst mussten wir aber so schnell wie möglich die Sprache lernen. Weil wir unser Leben in einer kleineren Stadt anfangen wollten, haben wir uns Würzburg ausgesucht – dort hatten wir Bekannte. In Würzburg haben wir neun Monate einen Intensivsprachkurs gemacht. Dafür und für unseren Lebensunterhalt hat uns mein Schwiegervater Geld geliehen.

Ich habe mich von Anfang an in Deutschland gut aufgenommen und zu Hause gefühlt. Dabei war sicher hilfreich, dass ich europäische Wurzeln habe – meine Großeltern sind von Italien nach Argentinien ausgewandert. Es ist außerdem von Anfang an alles so gelaufen, wie ich es mir gewünscht habe. Ich konnte meine Träume leben. Ich habe in Deutschland studiert, vergangenes Jahr sogar noch promoviert, ich habe an der Uni und an Schulen als Dozentin und Lehrerin gearbeitet. Ich habe meine beiden Kinder hier bekommen und immer viele Freunde gehabt – Deutsche und auch viele Latinos und Spanier.

Der Kontakt zu meiner Heimat Buenos Aires, meiner Familie und meinen Freunden war immer da und ist bis heute nicht abgerissen. Ich bin regelmäßig in Argentinien und kann mich – außer jetzt in Corona­zeiten – frei zwischen beiden Welten bewegen. Ich fühle mich sowohl in Deutschland als auch in Argentinien zu Hause.


Giselle Zenga ist für Sprachförderung und Personalentwicklung bei dem spanisch-deutschen Unternehmen HELMECA Personal GmbH zuständig.
euz.editor@dandc.eu

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