Kommentar

Burkina Faso auf der Kippe

Nach dem gescheiterten Putsch im September ist die Übergangsregierung in Burkina Faso wieder im Amt; bald soll es Wahlen geben. Die Zukunft des westafrikanischen Landes ist jedoch ungewiss. Sein Beispiel zeigt, wie schwierig Machtwechsel in Afrika sind.
Michel Kafando (Mitte), Präsident der Übergangsregierung, bei der Wiedereinsetzung nach dem Putsch. picture-alliance/dpa Michel Kafando (Mitte), Präsident der Übergangsregierung, bei der Wiedereinsetzung nach dem Putsch.

In den 1980er Jahren fand in Burkina Faso eine marxistische Revolution statt. 1987 wurde deren Anführer, der Offizier Thomas Sankara, ermordet. Hinter dem Putsch gegen Sankara stand sein „Freund“ und Weggefährte Blaise Compaoré, der dann die Macht übernahm und 27 Jahre lang behielt. Im Oktober vergangenen Jahres brachte ihn das Militär nach einem Volksaufstand gegen eine weitere Amtszeit zu Fall.

Compaoré ist außer Landes geflohen, aber sein politisches Vermächtnis treibt Burkina weiterhin um. Am 17. September putschte Compaorés ehemalige Präsidentengarde und nahm die Übergangsregierung fest, die zu der Zeit mit der Vorbereitung der für den 11. Oktober geplanten Wahlen beschäftigt war. Unter den Festgenommenen waren auch Präsident Michel Kafando und Ministerpräsident Yacouba Isaac Zida.

Die Jugend des Landes reagierte wütend. Sie verlangte, dass der Putschführer, General Gilbert Diendéré, sich stellt. Diendéré wollte erreichen, dass Gefolgsleute Compaorés bei den Wahlen antreten dürfen. Diendéré gab dem wachsenden nationalen und internationalen Druck schließlich nach. Er wurde festgenommen und erwartete seinen Prozess. Sowohl Kafando als auch Zida kehrten ins Amt zurück. Gewählt werden soll nun am 22. November.

Beobachter vermuten, dass Diendéré und seine Anhänger um ihre Privilegien fürchteten. Zudem fühlten sie sich von Regierungschef Zida verraten, der selbst ein hochrangiger Offizier der Präsidentengarde war. Viele warfen ihm vor, zu den zivilen Kräften übergelaufen zu sein, um seine Haut zu retten. Diendéré verdächtigte ihn sogar, hinter einem Plan zu stehen, die Präsidentengarde aufzulösen.

Alban Kini, ein burkinischer Journalist der Tageszeitung Sidwaya und der Nachrichtenagentur APANEWS in Ouagadougou, glaubt, dass der fehlgeschlagene Coup dem demokratischen Übergang letztlich gut getan hat. Er habe dazu beigetragen, „klare Verhältnisse zu schaffen“: Die viel gefürchtete Präsidentengarde habe sich als zahnloser Tiger erwiesen und wurde mittlerweile aufgelöst.

Berechtigte Kritik an der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS kommt von Abdullahi Shehu aus Nigeria. Der ehemalige Generaldirektor der Inter-Governmental Action Group against Money Laundering in West Africa, einer ECOWAS-Institution, wirft der Organisation vor, den Putsch – anders als die Afrikanische Union (AU) – nicht umgehend verurteilt zu haben. Stattdessen wollte ECOWAS eine Vermittlerrolle einnehmen. Erst als Nigerias Präsident Muhammadu Buhari erklärte, dass sein Land den Militärcoup nicht unterstütze und kein Interesse an Vermittlungen habe, positionierte ECOWAS sich explizit gegen die selbsternannten Machthaber.

Omar Dieng von der Nachrichtenagentur APA im senegalesischen Dakar verteidigt ECOWAS dagegen. Die Vermittlungsbemühungen der Präsidenten aus dem Senegal und Benin, Macky Sall und Thomas Boni Yayi, unmittelbar nach dem Putsch seien hilfreich gewesen. „ECOWAS hat die Feuerwehr gespielt“, sagt er. Dem schnellen Eingreifen der Staatschefs sei es zu verdanken, dass ein Abkommen zwischen den beiden Konfliktparteien zustande kam. Dieng betont aber auch, dass es besser gewesen wäre, die Krise von vorneherein zu verhindern.

Für Jerome Carlos, einen Journalisten aus Benin, stellt die Situation in Burkina Faso ein typisches Beispiel für das Versagen afrikanischer Staaten dar. Er wünscht sich, dass die AU einen Thinktank einrichtet, um den burkinischen Fall zu analysieren. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten dann in anderen Ländern Afrikas von Nutzen sein.

Die wichtigste Frage ist und bleibt jedoch, ob autoritäre Staatschefs bereit sind, aus den Erfahrungen zu lernen. Der burundische Präsident hat kürzlich das Arusha-Abkommen ausgehebelt, das dem Staatschef nur zwei Amtszeiten erlaubt. Pierre Nkurunziza ist nun in seiner dritten Amtszeit, während täglich Menschen umgebracht werden. Auch im Nachbarland Ruanda strebt der Präsident – entgegen dem Gesetz – eine Wiederwahl an. Das gleiche zeichnet sich in den beiden Kongos ab. Unter diesen Umständen ist es ein gutes Zeichen, dass der Putsch in Burkina gescheitert ist.


Karim Okanla ist Dozent für Medien, Kommunikation und internationale Beziehungen an der Houdegbe North American University in Cotonou.
karimokanla@yahoo.com

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