Wälder

Kahlschlag stoppen

Illegale Holzfällerei ist ein Verbrechen. Bis zu 90 Prozent des Kahlschlags in tropischen Wäldern gehe auf kriminelle Urheber zurück, berichtet eine neue Studie von UNEP und Interpol.

Von Sheila Mysorekar

Holz legt lange Wege zurück. Ein Baumstamm aus dem indonesischen Regenwald endet vielleicht als Esstisch in Deutschland. Leider werden in der Holzwirtschaft bis heute viele Bäume gefällt, die eigentlich geschützt sind – weil sie entweder in einem Naturschutzgebiet stehen oder zu einer seltenen Baumart gehören. Gesetze gelten in der Branche jedoch wenig; deshalb nimmt illegaler Holzeinschlag zu.

Etwa 15 bis 30 Prozent des im Welthandel kursierenden Holzes stammen aus schwarzer Produktion, heißt es in einem Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP) und der internationalen kriminalpolizeilichen Organisation Interpol vom September. In tropischen Ländern, den Hauptlieferanten, wird der Anteil von illegalem Holz sogar auf 50 bis 90 Prozent geschätzt.

In ihrem Bericht „Green carbon, black trade“ nehmen die zwei Behörden mehrere kriminelle Ebenen unter die Lupe, vom verbotenen Holzeinschlag über Transport und Schmuggel bis zur Bestechung und Geldwäsche. Die Autoren beziffern den Markt auf insgesamt 30 Milliarden bis 100 Milliarden Dollar. Straftäter tragen ein niedriges Risiko, doch der Profit sei hoch – deswegen sei das Geschäft für Investoren aus aller Welt interessant, auch aus Europa und Nordamerika.

Verschiedene Zertifizierungsverfahren sollen sicherstellen, dass Holz nachhaltig produziert wird, also in gleicher Qualität nachwächst. Sie versprechen Verbrauchern, legale und ökologisch nachhaltige Produkte von illegalen unterscheiden zu können. Laut UNEP und Interpol sind solche Zertifikate jedoch unzuverlässig. Die Autoren beschreiben mehr als 30 Wege, um die Verfahren zu umgehen.

So können Holzfirmen zum Beispiel die Erlaubnis zum Abholzen fälschen oder Beamte bestechen – für eine Erlaubnis zahlen sie bis zu 50 000 Dollar. Ein anderer Trick besteht darin, die Konzessionsquote zu überschreiten und mehr Bäume zu fällen als erlaubt. Die Autoren weisen darauf hin, dass Übeltäter technisch immer versierter vorgehen: Um an eine ­Erlaubnis zu kommen, werden sogar Regierungswebsites gehackt. Auch die Fälschung von Öko-Zertifikaten fordere Ermittler und Gerichte heraus, heißt es im Report.

Für eine Weile habe es so ausgesehen, als nähme die Zahl der Fälle ab, berichten UNEP und Interpol. Langfristig könne illegaler Holzschlag aber zum Problem werden, da Kriminalität immer schwerer zu enttarnen sei und die Methoden der Übeltäter sich verfeinern. Laut Studie sind selbst legale Plantagen manchmal nur Fassade: Ihre Betreiber mischen illegales Holz unter eigene Produkte. Das setzt voraus, dass Forstbeamte und Polizei dem Treiben schweigend zusehen; deshalb sind Bestechungen ein zentrales Problem.

Ureinwohner bedroht

Ureinwohner in verschiedenen Teilen der Welt sind vom illegalen Holzschlag besonders betroffen. Ihre traditionellen Lebensweisen beruhen auf dichten, ökologisch intakten Wäldern. UNEP und Interpol berichten, dass Kahlschläge den Ureinwohnern nicht nur die Lebensgrundlage rauben: In manchen Ländern werden sie sogar getötet, zum Beispiel durch Holzfäller in Peru und Brasilien.

Beide Behörden stellen sich im Report gegen illegalen Einschlag. Sie empfehlen einen Rechtsvollzug, der mehrere Ebenen verbindet. Die gesamte Kette der Gesetzesvollstreckung – von Zoll und Finanzamt bis zu Polizei und Gerichtshöfen – müsse ineinandergreifen. Lobende Worte finden die Autoren für das Projekt LEAF (Law Enforcement Assistance for Forests), das UNEP und Interpol gemeinsam geschaffen haben. Es soll Mitgliedsländern helfen, in den nächsten zwei Jahren ihre Kapazitäten zur Bekämpfung des Kahlschlags auszubauen.

Sheila Mysorekar

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