Finanzen

Die SDGs und der Privatsektor

Die Agenda 2030 räumt dem Privatsektor eine signifikante Rolle für das Erreichen der Sustainable Development Goals (SDGs) ein. Viele Unternehmen haben ihre Unterstützung zugesagt. Eine aktuelle Studie im Auftrag verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen analysiert, wie sich Unternehmen an SDG-relevanten Themen beteiligen und wie wirtschaftliche Unternehmungen besser mit den Nachhaltigkeits-Entwicklungszielen abgestimmt werden können.
Die Textilfabrik Zaber & Zubair Fabrics in Bangladesch hat sich verpflichtet, die SDGs umzusetzen, und reinigt seine Abwässer in einem eigenen Klärwerk. sb Die Textilfabrik Zaber & Zubair Fabrics in Bangladesch hat sich verpflichtet, die SDGs umzusetzen, und reinigt seine Abwässer in einem eigenen Klärwerk.

Das unternehmerische Engagement im Bezug auf die SDGs wächst. Viele Unternehmen haben eine Nachhaltigkeitsstrategie oder eine Corporate Social Responsibility (CSR)-Abteilung. Dennoch ist deren Wirkung schwer zu erfassen, erklärt die Studie mit dem Titel „Highjacking the SDGs?“. Sie wurde von verschiedenen Organisationen wie Misereor, Brot für die Welt oder dem Forum für Umwelt und Entwicklung herausgegeben und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mit finanziert.

Die zivilgesellschaftlichen Akteure äußern ihre Bedenken wegen der großen finanziellen Macht der Unternehmen und ihrer Ziele. Privatunternehmen streben per Definition eine Gewinnmaximierung an, was zu Menschenrechtsverletzungen und exzessiver Ressourcenausbeutung  führen kann. Die Autoren sorgen sich zudem darum, dass Regierungen Privatfirmen immer mehr staatliche Aufgaben überlassen, vor allem im sozialen Bereich.

Die Studie empfiehlt Politikern daher, dass sie:

  • bindende nationale Pläne zur Implementierung der Agenda 2030 ausarbeiten,
  • da, wo private Mittel involviert sind, Rechenschaftspflicht, Transparenz und Effektivität garantieren,
  • nicht auf freiwillige Nachhaltigkeitsstrategien vertrauen, sondern bindende Regulierungen formulieren wie Sorgfaltspflicht entlang der Wertschöpfungsketten, und
  • faire und effektive Steuergesetze erlassen.

Für Unternehmen empfiehlt die Studie, dass sie:

  • die SDG-Agenda so unterstützen, dass die planetarischen Grenzen und Menschenrechte gewahrt werden,
  • sorgfältig analysieren, was die SDG-Agenda für ihre Geschäftsstrategie bedeutet, und
  • SDG-Aktionspläne mit klarem Zeitplan und Indikatoren umsetzen.

Zivilgesellschaftliche Organisatoren sollten laut den Autoren eine Watchdog-Funktion übernehmen und Regierungen und UN-Institutionen zur SDG-Implementierung drängen.


Anleihen als Lösung

Eine der wichtigen Fragen ist die, wie die SDGs finanziert werden sollen. Schätzungen zufolge könnte ihre Umsetzung in Entwicklungsländern 5 bis 7 Billionen Dollar kosten. Eine in der Studie diskutierte Option ist die von Anleihen, um Geld aus dem Kapitalmarkt zu erschließen.

Es gibt bereits verschiedene Arten von sogenannten grünen Anleihen, die dem Klima- oder Umweltschutz dienen. Im März 2017 gab die Weltbank SDG-Anleihen aus, um Geld für SDG-bezogene Projekte zu erschließen. Bislang haben europäische Investoren Anleihen im Wert von 163 Millionen Euro gekauft. Den Wertpapierhaltern wird eine Rendite versprochen, die an die Performance des Solactive SDGs World Index gebunden ist. In dem Index sind 50 Unternehmen gelistet, die die Weltbank ausgesucht hat, weil entweder „wenigstens ein Fünftel ihrer Aktivitäten nachhaltigen Produkten zugutekommt“, oder weil sie in Bezug auf Nachhaltigkeit im sozialen und Umweltbereich als führend in ihrer Branche gelten.   

Die Anleihe soll Projekte im Bereich Gesundheit, Bildung, Trinkwasserinfrastruktur, erneuerbare Energien und verwandte Bereiche unterstützen. Schädigende Branchen wie Atomkraft, Waffen, Alkohol, Pornografie und Palmöl sind explizit ausgenommen.

Die Studie bedauert, dass es noch keine Möglichkeit gibt, die Effektivität und Relevanz der SDG-Anleihen zu beurteilen, und sie bezweifeln auch, dass sie eine sehr wichtige Rolle spielen werden. Sie hätten aber gravierende Nachteile. Anleihen seien eine „spezielle Form der Verschuldung“ und die inhärent risikoreichen Finanzinstrumente können Gegenstand von Spekulationen werden.

Ein zweiter Teil der Studie untersucht die Rolle der Tabakindustrie, die die SDG-Rhetorik sehr früh aufgriff, obwohl ihre Produkte große Gesundheitsschäden verursachen. Die Autoren zeigen auf, wie die Branche diese Rhetorik nutzt, um Regulierungen zu umgehen. Sie argumentieren, dass die Zucker- und andere schädliche Branchen in ähnlicher Weise vorgehen, was beweise, dass unternehmerisches Engagement in Bezug auf die SDGs sehr limitiert sei. Die Agenda 2030 müsse deshalb vor privatwirtschaftlichen Eingriffen geschützt werden.


Link
Abshagen, M.-L., et al., 2018: Highjacking the SDGs? The private sector and the sustainable development goals.
https://www.globalpolicy.org/images/pdfs/GPFEurope/Hijacking_the_SDGs.pdf

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