Gesundheit

Tödliche Küchenherde

Luftverschmutzung ist weltweit eine ernste Gesundheitsgefährdung, vor allem in Großstädten. Aber selbst in kleinen Dörfern sterben daran Menschen. Der Hauptgrund ist Rauch von Küchenherden in geschlossenen Räumen.
Kambodschanische Frau zu Hause am Herd. Sean Sprague/Lineair Kambodschanische Frau zu Hause am Herd.

Bilder von Rauchwolken über Industrieanlagen oder Megastädtern mit Atemschutz sind weltweit bekannt. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich mehr als 7 Millionen Menschen wegen Luftverschmutzung, die das größte ökologische Gesundheitsrisiko überhaupt darstellt. Würde die Luftqualität verbessert, würden buchstäblich Millionen Leben gerettet.

Ein überraschender Aspekt einer neuen WHO-Veröffentlichung zum Thema ist, dass es ebenso auf die Luftqualität in Wohnräumen wie auf den Straßen ankommt. Die Studie führt mehr als die Hälfte der Todesfälle durch Luftverschmutzung auf Rauch in geschlossenen Räumen zurück. „Household Air Pollution" (HAP) entsteht durch die unvollständige Verbrennung von festen Brennstoffen und ­Kerosin und war 2012 der Grund für rund 7,7 Prozent der Sterbefälle weltweit.

Laut WHO-Daten verbrennen 3 Milliarden Menschen – mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung – Holz, Dung und landwirtschaftlichen Abfall, um zu kochen und zu heizen. Die meisten sind arm und leben in Ländern mit geringen oder mittleren Einkommen. Brennstoffe aus Biomasse sind billig, aber ihr Rauch ist schmutzig, denn er enthält Schadstoffe wie Kohlenmonoxyd und Feinstaub.

Wegen schmutziger Brennstoffe liegt die Konzentration von kleinen Partikeln in schlecht belüfteten Häusern bis zu 100 Mal über der zulässigen Höchstgrenze, warnt die WHO: „Besonders betroffen sind Frauen und kleine Kinder, da sie die meiste Zeit am heimischen Herd verbringen."

Die WHO führt mehr als 50 Prozent der Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren auf Lungenentzündungen wegen verdreckter Luft zurück. Insgesamt sterben alljährlich 4,3 Millionen Menschen an HAP, sagt der WHO-Report. Von diesen Todesfällen sind:

  • 12 Prozent aufgrund von Lungenentzündung,
  • 34 Prozent aufgrund von Schlaganfällen,
  • 26 Prozent aufgrund von Herzerkrankungen,
  • 22 Prozent aufgrund von chronischen obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) und
  • 6 Prozent aufgrund von Lungenkrebs.

Es gibt noch weitere Gesundheits­risiken wie Beeinträchtigung des Immunsystems und Entzündungen der Atemwege. HAP wird darüber hinaus mit geringem Geburtsgewicht in Zusammenhang gebracht sowie mit Tuberkulose und verschiedenen anderen Krebsarten über Lungenkrebs hinaus.

Südasien, Südostasien und Ostasien sind besonders von HAP betroffen, schreibt die WHO. Im ländlichen Indien verbringen beispielsweise Millionen von Frauen mehrere Stunden am Tag an rauchigen Herden oder offenen Feuern. „Ein offenes Feuer in der Küche ist, als ob man 400 Zigaretten pro Stunde verbrennt", sagt Kirk Smith von der University of California in Berkeley. „Luftverschmutzung im Haushalt ist das größte einzelne Gesundheitsrisiko für indische Frauen und Mädchen."

Abhilfe ist möglich

Die WHO gehört zur Global Alliance for Clean Cookstoves, die von der UN Foundation geleitet wird. Die Allianz ist eine Public Private Partnership, die die Verwendung von Biomasse-Kochherden mit besserer Technik, die HAP enorm reduziert, unterstützt. Das Ziel ist, dass 2020 mindestens 100 Millionen Haushalte auf saubere Küchenherde und Brennstoffe umsteigen.

Luftverschmutzung der Umwelt (Am­bient Air Pollution – AAP) ist dagegen hauptsächlich ein urbanes Problem. Es tötet jährlich rund 3,7 Millionen Menschen, wie die WHO mitteilt. Dort, wo beide Risikofaktoren zusammenkommen – Luftverschmutzung im Haushalt und in der Umwelt –, ist die Lage besonders ernst. Das ist in Ostasien vielfach der Fall.

Anders als HAP betrifft AAP hauptsächlich Männer – vermutlich, weil sie sich mehr draußen aufhalten. Luftverschmutzung im Haushalt kann durch die Einführung besserer Herde bekämpft werden. AAP hingegen ist nur durch konzertierte politische und private Anstrengungen in den Griff bekommen. Es ist nötig, Industrieabgase zu filtern, Autoabgase zu kontrollieren und generell auf saubere Energiequellen umzusteigen.

Sheila Mysorekar

 

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