Evaluation

Unabhängige Experten

Die Aid-Effectiveness-Debatte bringt neue Herausforderungen mit sich – besonders, was Armutsbekämpfungsstrategien betrifft. Das Monitoring ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig, denn es bietet die Möglichkeit, systematisch Effekte einzelner Maßnahmen zu überprüfen. Politisch kann das aber auch heikel sein – vor allem, wenn die Ergebnisse nicht so sind, wie gewünscht. Es könnte von Vorteil sein, unabhängige Dritte in den Prozess einzubeziehen.


[ Hildegard Lingnau ]

In der Entwicklungszusammenarbeit spielt Monitoring gerade bei der Weiterentwick­lung von Projekt- zu Programm- und Politikfinanzierung eine große Rolle, um systematisch zu überprüfen, ob bestimmte Maßnahmen auch die gewünschte Wirkung zeigen. Durch die Aid-Effectiveness-Debatte wird das wichtiger denn je, vor allem im Zusammenhang mit Armutsbekämpfungsstrategien.

Hier hat Monitoring vor allem einen Zweck: Es soll erfassen, ob die Sektorpolitik des jeweiligen Landes den Zielen, Strategien und Indikatoren der nationalen Armutsbekämpfungsstrategie entspricht und ob dadurch Armut tatsächlich gemindert wird. Das ist politisch nicht unproblematisch. So gibt es in Kambodscha derzeit heftige Auseinandersetzungen darüber, für wen, von wem und wie der Zwischenbericht der nationalen Strategie zu schreiben ist: Die Regierung hält ihn für ein Regierungsdokument – will also daher eher positiv berichten. Experten hingegen sehen den Report als wissenschaftliches Dokument. Und die Geber schließlich wünschen sich diesen als umfassende, aber doch möglichst kurze Darstellung, die alle Probleme der Armutsbekämpfung benennt und machbare Lösungen präsentiert – was schon allein deshalb unmöglich ist, weil sich auch die Geber nicht immer über Lösungsansätze einig sind.

Methodisch besteht die Schwierigkeit darin, dass einerseits viele Indikatoren gewünscht sind, zugleich aber die Gefahr besteht, dass zu viele Daten erzeugt werden, die zu wenige Informationen liefern. Ein gutes Monitoring-System muss komplexe Prozesse so reduzieren, dass sie sich in wenigen Größen widerspiegeln und so als Ergebnisse nutzbar bleiben. Auf dieser Basis können dann zentrale Botschaften formuliert – und letztlich die Sektorpolitiken armutsmindernd gestaltet werden.

Indikatorenvielfalt

Beim Monitoring von Armutsbekämpfungsstrategien gibt es in den verschiedenen Ländern zum Teil erhebliche Unterschiede: So werden in Kambodscha 43, in Tansania 68 Indikatoren erhoben. Daten in dieser Größenordnung machen Sinn – auch die Millenniums-Entwicklungsziele umfassen 60 Indikatoren. Keith Mackay von der Independent Evaluation Group der Weltbank hingegen berichtet von einem funktionierenden kolumbianischen Modell mit 600 Indikatoren. Dass eine Untersuchung in dieser Größenordnung auch tatsächlich funktioniert, ist aber eher die Ausnahme.

Wichtig ist aber vor allem, dass die entsprechenden Daten auch tatsächlich erhoben werden und zwar ausreichend oft und nach Geschlecht differenziert. Gezielte pro-poor-Strategien und entsprechende Maßnahmen können am besten formuliert und umgesetzt werden, wenn die Daten auch für einzelne Provinzen, möglichst sogar auch für Kommunen, aufbereitet werden (poverty mapping).

Sinnvoller, als immer mehr und feinere Indikatoren zu entwickeln, ist es, weitere Instrumente in das Monitoring einzubeziehen. Dafür kommen vor allem teilnehmende, qualitative Methoden in Frage.

Ein anderer wichtiger Aspekt ist das Monitoring öffentlicher Ausgaben. Auf diese muss der Blick gerichtet sein, um sicherzustellen, dass die Mittel, die zur Umsetzung bestimmter politischer Ziele nötig sind, überhaupt zur Verfügung stehen. Hier sind als wichtige Instrumente zu nennen: Public Expenditure Reviews (PER), Public Expenditure Tracking Surveys (PETS), Service Delivery Surveys (SDS) sowie Benefit Incidence Analysis (BIA). Sie zeigen, ob die gewünschten Effekte eingetreten sind – konkret also, ob beispielsweise Dienstleistungen erbracht worden sind, und wem sie zugutekommen. Dies wird oft vernachlässigt.

Monitoring-Ergebnisse werden in einem sogenannten Politikzyklus verarbeitet:
– Analyse der Situation,
– Vereinbarung von Zielen und Indikatoren,
– Ausarbeitung von Politiken und Strategien,
– Kalkulation der Kosten,
– Sicherstellung der Finanzierung – durch den eigenen Haushalt, der idealerweise Programm-Budgets und EZ-Mittel umfasst,
– Monitoring und Evaluierung,
– Evaluation und Information über eventuellen Veränderungsbedarf und
– Bestätigung oder Umformulierung von Zielen
und Indikatoren sowie von Politiken und Strategien.

Ein möglichst gutes Bild über Fortschritte oder deren Ausbleiben zu bekommen, ist das eine. Die weit größere Herausforderung ist aber eine ganz andere: Verantwortung für die Ergebnisse zu übernehmen, die nicht immer so sind, wie man sie sich wünscht. In diesem Punkt unterscheiden sich Industrie- und Entwick­lungsländer nicht voneinander.

Da die Monitoring-Ergebnisse von Armutsbekämpfungsstrategien alle interessieren sollten, tun sich Regierungen mit unpopulären Ergebnissen schwer – insbesondere in Zeiten steigender Nahrungsmittelpreise, die mühsam erzielte Fortschritte schnell zunichtemachen. Die Folge ist: Entweder wird gar nicht erst seriös gemonitort, oder die Ergebnisse werden nicht veröffentlicht. Dementsprechend gibt es dann oft auch keine besseren, d.h. zielgerichteteren Politiken. Allerdings stellt sich hier auch die Frage, ob das Monitoring von Armutsbekämpfung eigentlich alleinige Aufgabe der Regierung ist.

Dritte einbeziehen

Hilfreich wäre es, das Selbst-Monitoring – in der internationalen EZ „Autoevalierung“ genannt – durch ein unabhängiges Monitoring durch Dritte zu ergänzen. In Lateinamerika scheint das bereits gang und gebe zu sein.

Das könnte folgendermaßen aussehen: Die zuständige Stelle innerhalb der Regierung – in Kambodscha ist das das Ministry of Planning, in vielen anderen Ländern das Wirtschafts- oder Finanzministerium – erstellt zunächst ein „Grünbuch“ und setzt damit eine öffentliche Debatte in Gang. Erst dann erläutert die Regierung darauf aufbauend – und unter Einbeziehung der öffentlichen Meinung – in einem Weißbuch ihre offizielle Position. Ein solches Vorgehen hätte den Vorteil, dass alle Beteiligten ihre Sicht der Dinge einbringen könnten – und damit eine echte inhaltliche Auseinandersetzung zustande käme. Auch könnte aus den unterschiedlichen Einschätzungen jeder etwas lernen, ein einseitiger Blick würde dadurch vermieden.

Ein Grünbuch wäre auch in einer anderen Hinsicht wichtig: der Rechenschaftspflicht wegen. Accountability spielt beim Monitoring von Armutsbekämpfungsstrategien eine weitaus wichtigere Rolle, als wenn es um Projekte geht, für die sich im Zweifelsfall nur die Auftraggeber interessieren.

Der Erfolg von Armutsbekämpfungsstrategien dagegen ist relevant für Regierung und Opposition, für Parlament, Zivilgesellschaft und die gesamte nationale und internationale Öffentlichkeit – und nicht zuletzt auch für die Geber.

Einen weiteren unschätzbaren Vorteil würde das Einbeziehen unabhängiger Expertise, etwa aus Forschungseinrichtungen, bringen: Die Regierungen selbst könnten sich stärker auf ihre eigentlichen Aufgaben besinnen, nämlich, Politiken zu formulieren und umzusetzen.

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