Finanzinstitution

Entwicklungsbank für Mosambik

Ob Wirtschaftsentwicklung eher durch freie Marktwirtschaft oder durch Staatsinterventionen gefördert wird, ist eine ideologische Frage. Mosambik hat sich im Dezember 2012 für die Gründung einer staatlichen Entwicklungsbank (Banco Nacional de Investimentos – BNI) entschieden.
Die Wirtschaft in Mosambik braucht Finanzmittel: Ernte auf einer Bananenplantage im Oktober 2007. photothek.net/KfW-Bildarchiv Die Wirtschaft in Mosambik braucht Finanzmittel: Ernte auf einer Bananenplantage im Oktober 2007.

Schon Anfang der 2000er Jahre warb Armando Guebuza, seit 2005 Präsident Mosambiks, für eine staatliche Entwicklungsbank. Die internationale Gebergemeinschaft hinderte ihn damals aber an der Umsetzung. Ihre Bedenken waren zu groß, dass die Bank Korruption und Rentseeking der politischen Elite fördert. Jetzt will die Regierung Mosambiks nicht mehr darauf verzichten, staatliches Kapital für die Wirtschaft des Landes bereitzustellen.

Im Dezember 2012 kaufte die mosambikanische Regierung die Anteile Portugals an der BNI, um sie als Staatsbank weiterzuführen. Die BNI war bereits 2010 gemeinsam von Portugal und Mosambik gegründet worden, überwiegend um große Infrastrukturprojekte im Energiesektor zu finanzieren.

Dass in Mosambik großer Finanzierungsbedarf besonders im Bereich Landwirtschaft und Industrie besteht, ist unumstritten. Nach aktuellen Schätzungen haben nur ein Viertel der Kleinst-, kleinen und mittelständischen Unternehmen (KKMU) Zugang zu Finanzdienstleistungen. Als größtes Hindernis für den Aus- und Aufbau von Unternehmen werden erschwingliche Kredite genannt.

So haben in Mosambik nur ein Prozent der KKMU einen Kredit bei einer Bank, während es zum Beispiel in Südafrika neun Prozent und in Deutschland 76 Prozent sind. Dabei ist KKMU-Wachstum insbesondere in Entwicklungsländern entscheidend für die Wirtschaftsentwicklung, da der Großteil der Bevölkerung in diesen Unternehmen tätig ist. In Mosambik ist fast die Hälfte der Bevölkerung über 18 Jahre in KKMUs beschäftigt.Während einige Entwicklungsbanken wie die brasilianische BNDES (Banco Nacional de Desenvolvimento Econômico e Social) durchaus positiv zum Aufbau des jeweiligen Landes beigetragen haben, sieht die globale Bilanz jedoch eher negativ aus. Bis in die 1980er Jahre hinein wurde Entwicklungs­hilfe weitgehend über nationale staatliche Entwicklungsbanken umgesetzt. Damit wurden zwar durchaus einige Erfolge erzielt – insbesondere in Asien konnte die landwirtschaftliche Produktion gesteigert werden. Die durch staatliche Entwicklungsbanken vergebenen Finanzmittel förderten jedoch eine marktferne Kreditpolitik mit einer schlechten Rückzahlungsmoral der Kreditnehmer. Sie waren der Entwicklung und Beteiligung von privaten Finanzinstitutionen insgesamt nicht dienlich, resümierte die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) 2010 (heute Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit – GIZ).

 

Schlechte Erfahrung

Ebenso nutzten Entwicklungs- wie auch andere Länder staatliche Finanzinstitutionen nicht selten dazu, politische Günstlinge zu belohnen und die Unterstützung der Bevölkerung durch billige Kredite zu sichern. Kaufmännische Kriterien vernachlässigten sie bei der Kreditvergabe häufig. Noch schlimmer ist, dass das staatliche Geld die arme Bevölkerung kaum erreichte. So bekamen KKMUs nicht nur keine Förderung, sondern sie wurden nach GTZ-Einschätzung gar zum „Opfer eines unfairen Wettbewerbs der subventionierten Staats- und privaten Großbetriebe".Auch Mosambik hat in der Vergangenheit schon schlechte Erfahrungen mit staatlichen Finanzinstitutionen gemacht. Nach der Unabhängigkeit wurde mit der Banco Popular de Desenvolvimento (BPD) bereits eine staatliche Entwicklungsbank gegründet, in der alle genannten Missstände vorherrschten. Auf Druck von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank begann Mosambik Anfang der 90er Jahre eine Privatisierungswelle, die auch den Finanzsektor und die Entwicklungsbank einschloss. Die Restrukturierung der BPD kostete den Staat schätzungsweise 100 Millionen Dollar.

Auch in der Gegenwart erreicht staat­liches Geld in Mosambik nur schwer sein Ziel. So ist zum Beispiel der ländliche Entwicklungsfonds (Fundo do Desenvolvimento Distrital – FDD) auch heute von Klientelismus und äußerst geringen Rückzahlungsquoten geprägt. Der staatliche Fonds zum Wiederaufbau der Wirtschaft (Fundo de Apoio a Reabilitação da Economia – FARE), direkt nach dem Bürgerkrieg 1992 gegründet, stellt etwa Finanzierungen für den Aufbau von ländlichen Finanzinstitutionen bereit. Heute sind jedoch kaum mehr als die Hälfte der durch den Fonds finanzierten Projekte aktiv. Zudem werden staatlichen Fonds ineffiziente bürokratische Strukturen und mangelnde politische Unabhängigkeit bei der Vergabe der Mittel nachgesagt. Es ist also nicht verwunderlich, dass die internationale Gebergemeinschaft der neuen mosambikanischen Entwicklungsbank skeptisch gegenübersteht.

Befürworter von Industriepolitik argumentieren jedoch, dass der Aufbau einer Wirtschaft immer auch durch Staatsinterventionen begleitet wird und verweisen auf Beispiele der asiatischen Tigerstaaten. In einem Land, in dem Unternehmertum und Politik so eng verstrickt sind wie in Mosambik, ist jedoch beides problematisch.

 

Erfolgsaussichten

Erwartet die mosambikanische Entwicklungsbank BNI nun ein ähnliches Schicksal wie ihre Vorgängerinstitution, oder schafft sie es, zum Aufbau der Wirtschaft beizutragen? In diesem Zusammenhang wird entscheidend sein, was wirklich im Fokus der Entwicklungsbank steht. Nach eigenen Aussagen sieht sie sich als Financier von langfristigen Investitionen in strategisch wichtige und unterfinanzierte Sektoren wie Infrastruktur und Landwirtschaft. Diese Rolle ist ohne Zweifel entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung Mosambiks, und kommerzielle Banken werden sich in diesem Bereich weiter zurückhalten. Auch der Privatsektor hat noch immer einen hohen Bedarf an Finanzierungsmöglichkeiten mit langen Laufzeiten. Hier könnte BNI die Lücke schließen, die kommerzielle Banken hinterlassen. Allerdings fehlen dazu noch ausreichende Refinanzierungsmöglichkei­ten. Derzeit verfügt die Entwicklungsbank nur über Eigenkapital.

Die neue Entwicklungsbank erwägt auch, zu einer Dynamisierung des Mikro­finanzsektors beizutragen. Wie genau dies geschehen soll, ist allerdings noch unklar. Die direkte Kreditvergabe durch staatliche Finanzinstitutionen ist in der Regel problematisch. Nicht zuletzt deshalb, weil so die Kredite leichter durch die Politik missbraucht werden können. Sie stellt die Entwicklungsbank aber auch vor neue Herausforderungen in Bezug auf die personellen Kapazitäten, die für dieses Kreditgeschäft benötigt werden, sowie die notwendige Infrastruktur, um die Finanzdienstleistungen einer breiten Bevölkerung auch in abgelegenen Regionen zugänglich zu machen.

Dieses Problem konnten bislang die 18 kommerziellen Banken und acht Mikrobanken in Mosambik nicht lösen. Anstatt nun ineffiziente Doppelstrukturen aufzubauen, wäre es wichtig, von Beginn an mit privaten Finanzinstitutionen zusammenzuarbeiten. Des Weiteren muss die BNI in eine nationale Entwicklungsstrategie eingebunden sein. Dies bedeutet die Koordination mit anderen Ministerien. Es muss auch geklärt werden, welche Rolle die Entwicklungsbank gegenüber bestehenden staat­lichen und Geberfonds spielen soll. Die Entwicklungsbank könnte hier eine Zusatzfunktion einnehmen, indem sie die Koordinierung und Kanalisierung für die Vielzahl von finanziellen Mitteln einnimmt. Bis heute hat nicht nur die mosambikanische Seite, sondern haben auch die Geber immer wieder verschiedene Finanzierungsfonds zur Entwicklung des Mikrofinanz­sektors und des ländlichen Finanzwesens aufgelegt. Kanalisiert und verwaltet die staatliche Entwicklungsbank diese Mittel, könnte dies als Nebeneffekt die Ownership für wichtige Programme erhöhen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, muss die BNI jedoch mit ausreichenden Kapazitäten ausgestattet werden.

Die Entwicklungsbank muss zudem das nötige Maß an Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme wahren. Mit der Ernennung des ehemaligen Zentralbankgouverneurs Adriano Maleiane zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Bank sind dafür gute Bedingungen geschaffen. Maleiane hat den Privatisierungsprozess des Finanzsektors eng begleitet und kennt die Bilanzen der ehemaligen Staatsbanken sehr gut. Ihm wird zugeschrieben, die mosambikanische Zentralbank von Korruption befreit und dazu beigetragen zu haben, dass sie ihre Funktionen der Bankenaufsicht wahrnimmt. Bleibt zu hoffen, dass er diese Funktion auch in seiner neuen Rolle anerkennt und der BNI ein Scheitern erspart. Insgesamt kann die Errichtung der staatlichen Entwicklungsbank als Zeichen interpretiert werden, dass Mosambik seine Entwicklung in die eigenen Hände nehmen will und dabei nicht auf rein marktwirtschaftliche Mechanismen und Geberinterventionen setzt. Dies bedeutet eine Machtverschiebung, die traditionelle Geber und internationale Finanzinstitutionen wie Weltbank und IMF zunehmend an Bedeutung verlieren lässt. Mosambik ist weniger auf sie angewiesen, seitdem neue politische Akteure wie Brasilien und China, aber auch Großkonzerne ihr Interesse an dem Land entwickelt haben und bereit sind, Mittel zu anderen als den bisher üblichen Konditionen bereitzustellen.

 

Katharina Braun ist Beraterin für Finanzsystementwicklung der Gesellschaft für Internationale Zusammen­arbeit (GIZ) GmbH im Wirtschafts­förderprogramm in Mosambik.
katharina.braun@giz.de

Anna Luisa Paffhausen ist Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Development Economics an der Universität Passau. Sie unterstützte die mosambikanische Regierung bei der Erstellung der Finanzsektorentwicklungsstrategie 2013–2022.
anna.paffhausen@uni-passau.de

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