Koalitionsvertrag

Gegen Armut, für Eigenverantwortung

Die neue Bundesregierung strebt ein Verhältnis von zwei Dritteln bi­la­te­ra­ler und einem Drittel multi­la­te­ra­ler Ent­wick­lungszusammenarbeit an. Sie be­kennt sich zu den be­ste­hen­den Ver­pflichtungen.

„Armut und Bildungsarmut sind zwei Seiten derselben Medaille“, sagte der neue Ressortchef Dirk Niebel (FDP) bei seiner Antrittsrede im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Grund- und Weiterbildung gilt im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP als einer von sechs „Schlüsselsektoren“ der Entwicklungszusammenarbeit. Die anderen sind:
– gute Regierungsführung,
– ländliche Entwicklung,
– Gesundheit,
– Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz sowie
– die wirtschaftliche Zusammenarbeit (Ausbau/Schutz des Privatsektors, etwa mittels Private Public Partnerships, Mikrofinanzsystemen und Infrastrukturförderung).

Die neue Bundesregierung betont die Bedeutung von Eigenverantwortung und Eigenfinanzierung der Entwicklungsländer. Wie in der Außenpolitik sollen in der Entwicklungspolitik „Werte und Interessen gleichermaßen zum Ausdruck“ kommen.

Der Koalitionsvertrag verweist auf die Millenniumsziele (MDG) der Vereinten Nationen. Die Regierungsparteien bekennen sich zu den Prinzipien der Paris Declaration on Aid Effectiveness und versprechen, Deutschland werde sich „verantwortlich im Rahmen des Bundeshaushalts“ dem Ziel annähern, 0,7 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung aufzuwenden. Die Erhöhung der Mittel müsse aber auch mit „Effizienzsteigerung des entwicklungspolitischen Instrumentariums“ einhergehen. Zu diesem Zweck sollen in Deutschland die Institutionen der Technischen Zusammenarbeit gebündelt und ihre Arbeit besser mit der Finanziellen Zusammenarbeit koordiniert werden.

Die neue Regierung strebt die „Verteilung der bilateralen sowie der europäischen und multilateralen Leis­­­­tungen im Verhältnis von zwei Dritteln zu einem Drittel“ an. In der bilateralen Kooperation ist der deutsche Einfluss größer als in Konstellationen mit mehreren Gebern. Mit Blick auf Afrika strebt die schwarz-gelbe Koalition ein „ressortübergreifendes Konzept“ an. In Afghanistan hält sie an der Vorstellung von der „vernetzten Sicherheit“ fest, der zufolge es ohne Aufbau keine Sicherheit und ohne Sicherheit keinen Aufbau gibt. Die neue Bundesregierung will weltweit Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit fördern. In der EU-Entwicklungspolitik strebt sie Reformen „hin zu mehr Kohärenz, Komplementarität und Subsidiarität“ an. Entsprechend fordert sie „eine wirkungsvolle parlamentarische Begleitung des laufenden Europäischen Entwicklungsfonds“.

Die Entwicklungspolitik der neuen Bundesregierung knüpfe da an, wo die der vergangenen Regierung aufgehört habe, sagte der entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Chris­tian Ruck, im November bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Regierung hat sich vorgenommen, die Zusammenarbeit mit Schwellenländern auszubauen und „Dreieckskooperationen“ zu fördern, bei denen etablierte Geber zusammen mit Schwellenländern schwächere Partner unterstützen. Schwerpunkte der Zusammenarbeit mit Schwellenländern seien die Rechtsstaatsförderung, der Umwelt- und Klimaschutz und Wissenschaftskooperationen.

„Die eingesetzten Instrumente sollen zu möglichst marktnahen Konditionen schrittweise gegen Entgelt angeboten werden“, heißt es im Koalitionsvertrag. Mit welchen Entwicklungsländern das BMZ in Zukunft primär zusammenarbeiten will, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt, der Koalitionsvertrag spricht von einer „begrenzten Zahl von Partnerländern“. Niebel kündigte kurz nach Amtsantritt an, die technische Zusammenarbeit mit China – dabei geht es jährlich um rund 28 Millionen Euro – werde auslaufen.

Im Welthandel strebt der Koalitionsvertrag den zügigen, enwicklungsfreundlichen Abschluss der Doha-Handelsrunde an. „Exportsubventionen und Interventionsmaßnahmen sind im internationalen Vergleich abzubauen“, heißt es. Gleichzeitig macht die Koalition aber für die Verhandlungen zur Bedingung, dass „das europäische Landwirtschaftsmodell berück­sichtigt“ werden müsse.

(se/cir/dem)

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