Süd-Süd-Kooperation

Zusammenarbeit der Zukunft

Um die globalen Entwicklungsziele zu erreichen, ist eine gemeinschaftliche Anstrengung der Staatengemeinschaft nötig. Alle Länder können etwas beitragen, und alle sind zugleich Lernende. Nur mit einer globalen Partnerschaft, wie die UN sie im 17. Ziel für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goal – SDG) anstreben, können die erforderlichen Mittel für die Umsetzung aller Ziele mobilisiert werden. Neue Banken spielen in der Süd-Süd-Kooperation eine wichtige Rolle.
Ein Beispiel für neue Wege der Zusammenarbeit: gemeinsames paraguayisch-indonesisch-deutsches Side-Event zur BAPA+40-Konferenz. Felipe Rossi Schmechel Ein Beispiel für neue Wege der Zusammenarbeit: gemeinsames paraguayisch-indonesisch-deutsches Side-Event zur BAPA+40-Konferenz.

Die Beiträge des globalen Südens zur weltweiten Entwicklung werden immer wichtiger. Viele Länder haben wirtschaftlich und weltpolitisch an Bedeutung gewonnen. Traditionell stehen bei der Süd-Süd-Kooperation Wissensaustausch und der Aufbau von Kompetenzen im Vordergrund. Doch die Länder des Südens und neue multilaterale Banken sind zunehmend auch in der Entwicklungsfinanzierung aktiv. Auch Dreieckskooperationen, zumeist zwischen einem traditionellen Geberland, einem Schwellen- und einem Entwicklungsland, haben zugenommen.

Bei der UN-Konferenz zu Süd-Süd-Kooperation (BAPA+40) Ende März in Buenos Aires haben die Vertreter von 160 Staaten und zahlreicher internationaler Organisationen Lernerfahrungen aufbereitet, um die Erfolgsbedingungen zu verbessern. Dabei wurde auch diskutiert, wie sich die Erkenntnisse in die Umsetzung der Agenda 2030 mit den SDGs einbetten lassen.

Damit sind aber nicht alle Differenzen zwischen Süd-Süd- und Nord-Süd-Kooperation überwunden. Dass Entwicklungs­zusammenarbeit wirksam sein muss und Dreieckskooperation, die auch Partner aus dem Norden einschließen kann, die Süd-Süd-Kooperation ergänzt, wurde beispielsweise erst gegen den Widerstand mehrerer Länder in die Abschlusserklärung der Konferenz aufgenommen. Als Teilnehmer die Legitimität der Regierung Venezuelas in Frage stellten, betonten andere das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Die USA forderten das Recht auf einen nationalen Sonderweg in der Klima- und Handelspolitik.

Das Prinzip von Ownership ist hingegen mittlerweile allgemein anerkannt. Die Präsidentin der UN-Generalversammlung, Maria Fernanda Espinosa, rief in Buenos Aires dazu auf, paternalistische und vertikale Modelle der Zusammenarbeit zu überwinden und in der Kooperation die jeweiligen Stärken der Länder zu nutzen. Das entspricht auch den Lernerfahrungen aus der Nord-Süd-Kooperation und ist eine Vor­aussetzung für Wissensaustausch und dafür, gegenseitig voneinander zu lernen.


Relevante Banken

Der Aufbau von Infrastruktur und dessen Finanzierung ist von zentraler Bedeutung für Entwicklung. Mit der Zunahme von Süd-Süd- und Dreieckskooperationen wächst auch der Finanzierungsbedarf. Neben bilateralen Entwicklungsbanken wie der Brasilianischen Entwicklungsbank BNDES oder der südafrikanischen DBSA, die seit Jahren etabliert sind, haben sich neue regionale und globale Banken und Fonds gegründet.

Ein Beispiel ist die China Development Bank, die offensiv in der Projektfinanzierung in Ländern des Südens tätig ist. Die BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika haben mit der Gründung der New Development Bank mit Sitz in Shanghai vor vier Jahren ein weiteres Finanzierungsinstrument geschaffen. Zunächst war die Bank ausschließlich in den BRICS-Ländern aktiv, doch in diesem Jahr verkündete sie die Ausweitung der Finanzierung auch auf Nicht-Mitglieder.

Wichtig war auch die Gründung der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) in Beijing (siehe Kathrin Berensmann im Schwerpunkt E+Z/D+C e-Paper 2016/04). Sie beruht auf einer chinesischen Initiative; andere Länder waren zur Teilnahme eingeladen. Ihre Bedeutung reicht über Asien hinaus, denn mittlerweile ist sogar in Europa aktiv. Die AIIB wird vermutlich erheblich zur Finanzierung der Infrastruktur beitragen, die China im Rahmen seiner „Belt and Road Initiative“ fördert (siehe Interview mit Doris Fischer im Schwerpunkt des E+Z/D+C e-Paper 2019/07).

Gegen den ausdrücklichen Wunsch der USA traten 2015 unter anderen Deutschland, Frankreich und Britannien der AIIB bei. Anfang 2016 begann ihre Geschäftstätigkeit. Sie hat nun 97 Mitglieder. Bis Mitte 2018 hatte sie 5 Milliarden Dollar für 28 Vorhaben in 13 Ländern aufgewendet. Anfangs co-finanzierte sie Vorhaben mit etablierten multilateralen Banken, doch sie agiert zunehmend eigenständig. Fachleute bemängeln geringe Transparenz, ungenügendes Monitoring der eigenen Grundsätze und den begrenzten Einfluss westlicher Regierungen (siehe Cema Tork im Monitor von  E+Z/D+C e-Paper  2019/06). Deutschland ist derzeit der viert-wichtigste Anteilseigner.


Strategischer Vorteil

Für die Entwicklungsfinanzierung in Dreieckskooperationen steht beispielhaft die Islamic Development Bank (IsDB). Mit ihrem „Reversed Linkages“-Programm bringt sie Bedarfsanfragen von Ländern mit solchen Ländern zusammen, die dafür Lösungen anbieten können. Künftig möchte die IsDB in diesem Programm auch stärker mit Partnern wie Deutschland zusammenarbeiten.

Pionier in der Entwicklung von Modellen der Dreieckskooperation war Japan. Heute spielt auch Deutschland mit mehr als 100 bei der OECD registrierten Vorhaben eine herausragende Rolle. Auf der UN-Konferenz in Buenos Aires betonten die Redner den strategischen Vorteil von Dreieckskooperation: Sie schaffe Vertrauen und bessere Beziehungen zwischen Regierungen und anderen Akteuren. Privatsektor, Thinktanks und Zivilgesellschaft seien einzubinden, um Vorhaben zu „erden“. Unbestritten ist, dass Ownership auf allen Seiten und gemeinsames Handeln grundlegende Prinzipien erfolgreicher Dreieckskoopera­tion sind.

Hauptergebnis der Konferenz ist, dass Süd-Süd- und Dreieckskooperation wichtige Instrumente zur Umsetzung der Agenda 2030 sind und verstärkt zum Einsatz kommen müssen. Für das System der Entwicklungshilfe (Official Development Assistance – ODA) der traditionellen Geberländer bedeutet dies die Chance und Herausforderung, über das als einseitig wahrgenommene Paradigma der Hilfe hinaus zu einer gleichberechtigten Zusammenarbeit zu gelangen. Dreieckskooperation könnte zur EZ der Zukunft werden, bei der auch „graduierte“ Länder mitmachen – also solche, die aus der ODA-Förderung herausgefallen sind.

Viele Länder sind stolz auf das, was sie erreicht haben. Gleichzeitig halten sie die derzeitigen Kriterien zur Bestimmung von Empfängerländern für überholt und wünschen sich neue Grundlagen für die internationale Zusammenarbeit. Dabei verschiebt sich der Fokus insbesondere für graduierte Länder stark in Richtung technische Zusammenarbeit und Wissensaustausch. Aber Süd-Süd- und Dreieckskooperation sind zu anerkannten Teilen der internationalen Zusammenarbeit geworden, die andere Mittel zur Umsetzung globaler Entwicklungsziele sinnvoll ergänzen und wachsende Aufmerksamkeit verdienen.


Luiz Ramalho ist freier entwicklungspolitischer Berater.
ramalhoconsult.berlin@gmail.com

Rita Walraf ist zuständig für Schwellenländer und Dreieckskooperation im BMZ.
rita.walraf@bmz.bund.de

Ulrich Müller ist Mitarbeiter der GIZ und berät Vorhaben der deutschen TZ zu den Themen Netzwerke, Knowledge Sharing, Dreieckskooperation und Kooperationsagenturen von Schwellenländern.
ulrich.mueller@giz.de